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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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GOLDSMOUTH
    Der geschmiedete Schrecken der Meere läuft zum dritten Mal als Eskorte einer Waffenlieferung aus. Das Meisterwerk albischer Ingenieurskunst LEHRT SELBST DIE GOYL DAS ZITTERN.
    Jacob ließ die Zeitung sinken und blickte suchend an den Schiffen entlang.
    Links von ihm lag das Schiff, dessentwegen er gekommen war: die TITANIA, das Flaggschiff der albischen Flotte, benannt nach der Mutter des Königs. 376 Mann Besatzung. 45 Kanonen. Die Galionsfigur spiegelte sich im schmutzigen Hafenwasser, aber Jacob streifte sie nur mit einem raschen Blick. Seine Augen suchten das Schiff von der Titelseite.
    Wo war es?
    Sein Blick wanderte an Holzrümpfen und Masten vorbei, bis das blasse Sonnenlicht sich plötzlich in Metall spiegelte.
    Da lag es. Am letzten Anleger. Grau und hässlich, ein stählerner Haifisch in einem Schwarm hölzerner Makrelen. Der flache Rumpf ragte nur ein paar Meter aus dem Wasser und war ebenso wie der Schornstein bis zur Wasserlinie mit Eisen gepanzert. In seiner Welt hatten die ersten Eisenschiffe fast den Amerikanischen Bürgerkrieg entschieden, aber dieses hier war eine wesentlich modernere Version.
    Jacob. Vergiss es! Aber sein Verstand hatte keine Chance. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, während er sich einen Weg durch Kisten und Seesäcke bahnte, vorbei an Matrosen, die Proviant und Munition verluden, an Frauen, die sich von ihren Männern verabschiedeten, und Kindern, die verweinte Gesichter in die Uniformen ihrer Väter pressten. Es war, als stolperte er durch einen seiner Träume, nur dass der Wald aus Schiffsmasten bestand.
    Aus der Nähe war das Eisenschiff noch beeindruckender. Seine Ausmaße waren gewaltig, auch wenn es den Großteil des Rumpfes unter Wasser verbarg. Vier Männer standen vor dem Holzsteg, der vom Pier an Deck führte. Drei waren Offiziere der Königlichen Marine, aber der vierte trug Zivil. Er kehrte Jacob den Rücken zu. Sein Haar war grau und so kurz, wie Jacob selbst es trug.
    Was, wenn er es war? Nach all den Jahren . Geh zurück, Jacob. Das ist vorbei. Vergangenheit . Aber er war wieder zwölf Jahre alt. Vergessen die Motte auf seiner Brust. Vergessen, warum er hier war. Er stand nur da und starrte auf das Eisenschiff und den Rücken eines Fremden.
    Jacob!
    Ein Schiffsjunge lief an ihm vorbei, zwei Kisten Zigarren unter dem mageren Arm. Letzte Botengänge für die Offiziere. Er blickte erschrocken auf, als Jacob ihn festhielt. »Weißt du, wer der Mann da ist? Der, der bei den Offizieren steht.«
    Der Junge musterte ihn, als hätte er nach dem Namen der Sonne gefragt. »Das ist Brunel. Er hat die VULCAN gebaut und er plant schon ein neues Schiff.«
    Jacob ließ ihn laufen.
    Einer der Offiziere blickte sich um, aber der Mann in Zivil wandte ihm immer noch den Rücken zu.
    Brunel. Kein sehr verbreiteter Name. Isambard Brunel war einer der Helden seines Vaters gewesen. John Reckless hatte seinem ältesten Sohn die Baupläne von Brunels eisernen Brücken erklärt, als Jacob kaum sieben Jahre alt gewesen war.
    All die Jahre, und plötzlich waren es vielleicht nur ein paar Schritte.
    »Mister Brunel?« Wie unsicher seine Stimme klang. Als wäre er tatsächlich wieder zwölf.
    Brunel drehte sich um und Jacob blickte in das Gesicht eines Fremden. Nur die Augen waren so grau wie die seines Vaters.
    Er wusste nicht, was er empfand. Enttäuschung? Erleichterung? Beides? Sag irgendetwas, Jacob. Nun mach schon.
    »Brunel. Das ist ein ungewöhnlicher Name.«
    »Mein Vater stammte aus Lothringen.« Brunel lächelte. »Darf ich fragen, wen …«
    »Jacob Reckless.« Der Offizier, der neben Brunel stand, nickte Jacob zu. »Ein etwas anderes Gewerbe, John. Die Jagd nach dem alten Zauber. Der Mann, der vor dir steht, ist sehr erfolgreich darin.« Er streckte Jacob die Hand hin. »Cunningham. Kein annähernd so interessanter Name. Leutnant der Königlichen Marine. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Zum Glück berichten unsere Zeitungen immer noch gern von Schatzjägern, auch wenn sie sich inzwischen über die Beutestücke lustig machen. Ein Orden der austrischen Kaiserin für den Gläsernen Schuh, das Eisenkreuz Bavarias für ein Paar Siebenmeilenstiefel. Ich gebe zu, ich bin neidisch auf Ihr Gewerbe. Als Kind war ich fest entschlossen, keinen anderen Beruf zu ergreifen.«
    »Meinen Glückwunsch.« Brunel nickte Jacob anerkennend zu. Sein Akzent klang nicht nach Lothringen.
    Hinter ihnen wurden die Torpedos verladen. Sie würden jeden hölzernen Schiffsrumpf wie

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