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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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die Reling und hangelte sich an dem schimmernden Seil hinab, bis er sich auf den Rücken des Drachen schwingen konnte.
    Sieh nicht nach unten, Jacob.
    Er konnte über jedem Abgrund stehen, ohne dass sein Magen sich rührte, aber der Anblick des Wassers brachte ihn fast dazu, sich über Guismunds vergoldetem Kopf zu übergeben. Die Flügel, die sich an den Drachenleib pressten, waren ebenfalls mit Goldschuppen bedeckt, aber Hals und Körper bestanden aus scharlachrot bemaltem Holz.
    Jacob löste das Rapunzelseil von dem kräftigen Hals und band es sich um die Hüften. Dann zog er ein Fischernetz aus dem Rucksack und schlang es um Kopf und Hals, um zu verhindern, dass seine Beute ins Meer fiel, sobald er den Kopf abgetrennt hatte. Seine Finger waren feucht von der Gischt, und bei den hohen Wellen rutschte er zweimal ab, doch das Rapunzelseil bewahrte ihn davor, im Wasser zu landen.
    Den Kopf verband ein breiter Metallring mit dem hölzernen Drachenhals, aber das Messer, das Jacob aus dem Gürtel zog, schnitt selbst durch Stahl. Er hatte es aus Valiants Burgküche gestohlen. Es ging nichts über ein Zwergenmesser, und Valiant schuldete ihm immer noch mehr als ein Messer für die Narben, die er seinetwegen auf dem Rücken trug.
    Am Horizont fraß sich das Morgenlicht schon wie Schimmel durch die Nacht. Beeil dich, Jacob. Es war zu erwarten, dass Guismund die drei Gaben mit einem Zauber gesichert hatte, der nur seinen Kindern erlaubte, sie ungestraft zu berühren, also zog er die Handschuhe an, die ihn schon in der Gruft geschützt hatten, bevor er die Messerklinge durch das Netz schob. Sie schnitt durch den Metallring wie durch frisches Brot, und er spürte nichts, als er den Kopf berührte. Gut. Jacob hatte ihn mehr als zur Hälfte abgetrennt, als er über sich ein Geräusch hörte. Fuchs stand hinter der Reling. Er gab ihr ein Zeichen, oben zu warten. Die Verankerung der Galionsfigur sah nicht stabil genug aus, um sie beide zu halten. Aber plötzlich bäumte sich der hölzerne Körper unter ihm auf. Der vergoldete Kopf öffnete den Mund, obwohl ihn nur noch ein paar Fingerbreit Metall mit dem Holz verbanden, und stieß einen Schrei aus, der weit über das Wasser hallte.
    Jacob hörte die Motoren, bevor die Flugzeuge aus der Dämmerung auftauchten. Ein Geschwader von Doppeldeckern flog über die dunklen Wellen auf sie zu. Die Matrosen starrten ihnen so ungläubig entgegen, dass die Flugzeuge die Schiffe erreichten, bevor auch nur eine Kanone auf sie gerichtet war. Sie stießen auf die albische Flotte herab wie Raubvögel auf einen Schwarm wehrloser Fische. Die roten Rümpfe zierte die schwarze Silhouette eines Salamanders. Er hatte die Motte der Fee auf den Fahnen der Goyl abgelöst, seit ihr König eine Menschenfrau genommen hatte.
    Die Galionsfigur schlug mit den Flügeln, und Guismunds Kopf schrie in dem Netz, das Jacob ihm über die vergoldete Haut gezogen hatte. Jacob klammerte sich an den Drachenrumpf, während die ersten Bomben zwischen den Schiffen aufschlugen. Schreie und Schüsse mischten sich in das Heulen der Motoren. Explosionen zerrissen die hölzernen Rümpfe und von den Rahen stürzten Männer wie abgeschossene Vögel ins Meer. Feuer fiel vom Himmel. Es setzte selbst das Meer in Brand. Der Kopf, Jacob! Oder du bist so tot wie die, die da unten schon die Fische fressen, selbst wenn du das hier überlebst .
    Über ihm versuchte Fuchs verzweifelt, das Seil ruhig zu halten. Jacob krallte die Finger in das Netz und duckte sich, bevor einer der Flügel ihm den gezackten Rand wie ein Messer über den Rücken zog. Fuchs schrie etwas zu ihm herunter, aber Jacob konnte sie in dem Lärm nicht hören. Er konnte auch kaum noch etwas sehen. Seine Augen tränten von dem beißenden Rauch, der in schwarzen Wolken zwischen den Schiffen hing. Selbst der Wind roch nach Pulver und brennendem Holz, aber die Flugzeuge griffen weiter an. Das Heulen ihrer Motoren zerriss Jacob fast das Trommelfell und die TITANIA stöhnte wie ein weidwundes Tier.
    Der Kopf, Jacob! Er zog das Messer durch den letzten Rest Metall und der Kopf fiel endlich in das Netz. Das vergoldete Gesicht starrte ihn durch die Maschen an, den Mund immer noch zum Schrei geöffnet. Der Täuschbeutel, den er unter dem nassen Hemd hervorzerrte, klebte ihm an den zitternden Fingern. Jacob zog ihn über seine Beute und blickte hinauf zur Reling. Fuchs klammerte sich daran fest, während sie mit der anderen Hand das Rapunzelseil hielt. Sie konnten einander kaum sehen

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