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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Geheimnisse des anderen respektierten – und dass die Vergangenheit ein Land war, das sie beide nicht gern besuchten.
    »Es ist kein großer Umweg. Ich würde dich heute Abend in Gargantua treffen.«
    Für einen Moment wollte er sie bitten, mit ihm zu kommen. Was ist mit dir los, Jacob? Natürlich tat er es nicht. Es reichte, dass er selbst nie nach seiner Mutter gesehen hatte, bis es dafür zu spät gewesen war. Es war allzu einfach gewesen, so zu tun, als würde sie immer da sein. So wie das alte Haus und die Wohnung voller Geister.
    »Sicher«, sagte er. »Ich werde in dem Gasthaus absteigen, das gleich neben der Bibliothek liegt. Oder willst du, dass ich mitkomme?«
    Fuchs schüttelte den Kopf. Sie sprach nur ungern darüber, warum sie von zu Hause fortgegangen war. Alles, was Jacob wusste, war, dass das Fell nicht der einzige Grund gewesen war.
    »Danke«, sagte sie. »Aber das mach ich besser allein.«
    Ja. Da war noch mehr, aber ihr Gesicht lud Jacob nicht ein, danach zu fragen.
    »Wie fühlst du dich?« Sie legte ihm die Hand aufs Herz.
    »Gut!« Jacob verbarg die Lüge hinter seinem besten Lächeln. Es war nicht leicht, sie zu täuschen, doch zum Glück gab es genug Gründe für die Erschöpfung in seiner Stimme.
    Er küsste ihr die Wange. »Wir sehen uns in Gargantua.« Ihre Haut roch immer noch nach dem Meer.

26
DER BESTE
    S ie landeten nicht im Meer, sondern an einem Strand, der so grau wie gemahlener Granit war. Der Wassermann klagte, dass ihm die Schuppen juckten, und Lelou schwor, dass der Zauber seine Fingernägel hatte wachsen lassen, aber die Spuren im Sand waren so frisch, dass selbst ein Prinz ihnen folgen konnte. Nerron gönnte Louis den Spaß bis zur ersten Kreuzung, wo die Spur sich für ungeübte Augen zwischen den Abdrücken von Kutschrädern verlor. Für Nerron las sie sich leichter als die Wegweiser am Straßenrand. Reckless hatte die Straße nach St. Riquet genommen, einem Kleinstadtnest, dessen Bewohner früher regelmäßig von Riesen zertreten worden waren. Man fand die gewaltigen Zähne immer noch in den umliegenden Feldern. Das Elfenbein brachte einen stattlichen Preis.
    Es war nicht allzu schwer, herauszufinden, in welcher Pension Reckless mit der Füchsin abgestiegen war. Der Käfer brachte die Wirtin mit seinem Unschuldsgesicht sogar dazu, ihnen die Zimmernummer zu verraten.
    »Worauf warten wir noch?«, fragte Louis, während der Wassermann mit ausdrucksloser Miene die gardinenverhängten Fenster musterte. »Holen wir uns den Spion.«
    »Damit er den Kopf vernichtet, sobald wir durch die Tür kommen?« Nerron winkte sie ungeduldig hinter eine Droschke, die am Straßenrand stand. »Wir müssen ihn herauslocken!«, zischte er. »Mit einem Köder.«
    Lelou warf ihm einen scharfen Blick zu.
    Oh, das wird schwierig, Nerron. Aber er musste die drei für ein paar Stunden loswerden. Reckless gehörte ihm. Außerdem hatte er nicht vor, auch noch den Kopf an Louis’ geschmacklosem Gürtel baumeln zu sehen.
    »Wir brauchen ein Mädchen«, raunte er ihm zu. »Aber ich habe gehört, dass er nur Jungfrauen mag. Goldhaarig. Höchstens achtzehn Jahre alt.«
    Lelou rückte sich die Brille zurecht. Das war immer ein Warnsignal. »Jungfrauen? Ist das nicht gewöhnlich der Köder für Einhörner?«, näselte er.
    »Willst du mir die Schatzjagd erklären?«, fuhr Nerron ihn an. »Aber ich bin sicher, du kennst dich mit albischen Spionen ebenso gut aus wie mit Louis’ Ahnengeschichte!«
    Der Käfer wollte etwas erwidern, aber Louis fand die gestellte Aufgabe so reizvoll, wie Nerron gehofft hatte.
    »Ich finde dem Goyl eine Jungfrau.« Sein Lächeln war so selbstzufrieden, wie es sich für einen Prinzen gehörte. »Aber der Kopf gehört dann auch mir.«
    Lelou presste die schmalen Lippen aufeinander, und Eaumbre warf Nerron einen wissenden Blick zu, bevor er Louis folgte, aber ein paar Minuten später waren sie alle drei in den engen Gassen verschwunden, und Jacob Reckless war nur einen Steinwurf entfernt.
    Nerron verbarg sich in einem Toreingang, der der Pension gegenüberlag, aber er musste mehrmals den Standort wechseln, weil irgendein braver Bürger stehen blieb und ihn anstarrte. Er wünschte sich gerade eine Schwadron Goylkavallerie in die verschlafene Gasse, als er Reckless mit einer Frau aus der Pension treten sah. Ihre Haarfarbe ließ keinen Zweifel daran, dass es die Füchsin war. Sie war so schön, wie man sagte – obwohl Nerron an Menschenfrauen gewöhnlich keinen Gefallen fand. Er

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