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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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fragte sich, ob sie und Reckless ein Paar waren. Welchen anderen Grund sollte es geben, mit einer Frau auf die Schatzjagd zu gehen, selbst wenn sie eine Gestaltwandlerin war? Frauen waren entweder undurchschaubar wie die Fee, der Kami’en verfallen war, oder schwach wie seine eigene Mutter, die sich mit einem Onyx eingelassen und ihren Sohn zum Bastard gemacht hatte. Manchmal redete man sich ein, sie zu lieben, aber man konnte ihnen nicht trauen, und was man letztlich begehrte, war doch nur ihre Amethysthaut. Was auch immer … Die Füchsin wandte ihr Pferd nach Westen, während Reckless die Straße nach Süden nahm. Bestens. Es würde die Sache einfacher machen, dass er allein war.
    Das Pferd, das Nerron gemietet hatte, fand seinen Anblick genauso beunruhigend wie die Bürger von St. Riquet, und bis es ihn endlich aufsitzen ließ, war Reckless außer Sicht. Nerron holte ihn ein, als er gerade in einen Wald ritt, der südlich der Stadt die Weiden und Felder ablöste. Nerron war für den Schatten unter den Bäumen dankbar, und das nicht nur, weil er ihn nahezu unsichtbar machte. Das Sonnenlicht schmerzte seine Augen nicht mehr, seit er sie von einer Kinderfresserin hatte besprechen lassen, aber seine Haut wurde immer noch rissig, obwohl er sie jeden Tag einölte.
    Der Wald war einer der ehemaligen Königswälder, die dem Adel in Lothringen lange als Jagdrevier gedient hatten. Inzwischen lieferten auch sie das Holz für Fabriken und Eisenbahnwege, aber dieser wuchs noch fast so dicht wie in alten Zeiten und erinnerte Nerron an die steinernen Wälder unter der Erde, die gewaltige Höhlen mit Zweigen aus Granat und Blättern aus dem gleichen Malachit füllten, der ihm die Haut maserte.
    Er zog das Blasrohr erst, als Reckless tief zwischen die Bäume geritten war. Die Ranke, die Nerron in das schlanke Stahlrohr schob, war mit so scharfen Dornen gespickt, dass nur ein Goyl sie anfassen konnte, ohne sich die Haut aufzureißen. Reckless ritt auf die Lichtung zu, auf der sie landete, und sie begann, zu wachsen, sobald sie den Waldboden berührte. Würgeranken wuchsen schnell. Schneller, als jede Beute laufen konnte.
    Reckless zügelte das Pferd, als er begriff, was auf ihn zukroch. Er wollte es herumzerren, aber die Ranken wanden sich schon um die Hufe. Sie krallten sich Reckless in die Kleider und umschlangen seine Arme, während sein Pferd sich panisch aufbäumte, es zertrampelte ihn fast, als die Ranken ihn aus dem Sattel rissen. Vorsicht! Nerron wollte ihn lebend.
    Er band sein Pferd zwischen den Bäumen fest. Der dumme Gaul scheute immer noch vor ihm zurück. Reckless’ Pferd hatte sich befreien können. Es trottete ihm blutend und zitternd entgegen, als er auf den Weg hinaustrat. Nerron fing es ein und griff in den Rucksack, der am Sattel hing. Der Kopf steckte in einem Täuschbeutel. Natürlich. Nur Stümper trugen ihre Beute sichtbar mit sich herum.
    Von Reckless war kaum noch etwas zu sehen. Die Ranken hatten ihn mit einem stachligen Kokon umgeben. Nerron zerrte sie auseinander, bis sie das Gesicht seiner Beute freigaben. Reckless war bewusstlos. Würgeranken erstickten ihre Opfer schnell, aber er öffnete die Augen, als Nerron ihm ins Gesicht schlug.
    Nerron hielt den Täuschbeutel hoch. »Vielen Dank! Ich bin wirklich froh, dass ich nicht auf ein Schiff musste. Was denkst du, wo ich nach dem Herzen suchen sollte?« Reckless versuchte, sich aufzusetzen, obwohl die Ranken ihm die Stacheln in das weiche Fleisch trieben. Bald würden die Wölfe sein Blut riechen. Es gab ein berüchtigtes Rudel in diesem Wald, das ein Adeliger mit seinen Feinden gefüttert und dadurch an Menschenfleisch gewöhnt hatte.
    »Selbst wenn ich es wüsste – warum sollte ich es dir verraten?« Die grauen Augen blickten wachsam, aber allzu viel Furcht war nicht darin zu entdecken. Das war es, was man über ihn sagte: Reckless hat vor nichts Angst. Er hält sich für unsterblich .
    Nerron band sich den Täuschbeutel an den Gürtel.
    »Wenn du es mir verrätst, töte ich dich, bevor die Wölfe dich fressen.«
    O doch, er hatte Angst, auch wenn er sie gut verbarg. Aber sie war ihm egal. Beneidenswert. Nerron verabscheute es, Angst zu haben. Angst vor dem Wasser. Angst vor anderen. Angst vor sich selbst. Er bekämpfte sie mit Zorn, doch das ließ sie nur wachsen, wie ein Tier, das man fütterte.
    »Die Hand habe ich schon.« Der kleinen Prahlerei konnte er nicht widerstehen. Er hatte sich allzu oft Geschichten über die glorreichen Taten von

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