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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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würde. Vielleicht versuchte er es doch besser zuerst mit dem Mausoleum. Er blätterte durch die dicht gedruckten Seiten – und hielt Earlkings Karte in der Hand.
    Du vertust Deine Zeit, Jacob.
    Museum für Austrische Geschichte.
    Saal 33
    Der Mann, der Guismunds Augen war, kannte auch sein
H
erz.
    Jacob blickte die Straße hinunter. Der Schmerz in seiner Brust war inzwischen ständig spürbar, wie eine Wunde, die nicht heilte. Der Preis wird bezahlbar sein. Er winkte eine Droschke heran und gab dem Kutscher die Adresse des Museums.
    Säulen, geformt wie die Körper gefesselter Riesen. Ein Eingangsfries aus besiegten Drachen. Zwerge und Heinzel als gemeißelte Ornamente unter den Fenstern. Das Gebäude, in dem das Museum für Austrische Geschichte untergebracht war, war ursprünglich ein Palast gewesen. Ein Vorfahre der gestürzten Kaiserin hatte jedes Detail des Gebäudes selbst entworfen. Man hatte ihn den Alchemistenprinzen genannt, aber nicht sein Denkmal stand vor dem Museum, sondern das seines Urenkels und die Reiterstandbilder zweier siegreicher Generäle. Jacob drängte sich durch die Schar uniformierter Schulkinder, die ihm auf der Treppe entgegenkam, und schob der Frau hinter dem Kartenschalter das Geld für den Eintritt hin. Zum Glück hatte ihm ein Goldschmied ein paar der lächerlichen Taler, die das Goldtuch noch von sich gab, gegen nagelneue Gulden eingetauscht, auf die statt des Profils der Kaiserin nun das von Kami’en geprägt war.
    Das Museum besaß keine Zaubergegenstände wie die kaiserlichen Wunderkammern, aber in seinen Sälen hatte Jacob mehr über die Spiegelwelt gelernt, als viele wussten, die in ihr geboren worden waren.
    Waffen und Rüstungen austrischer Ritter, Langspieße zur Bekämpfung von Riesen, Menschenfresserfallen, goldbeschlagene Drachensättel, die Kopie des ersten Kaiserthrons und der Kopf des Pferdes, das die Mutter der Kaiserin vor einem vergifteten Apfel gewarnt hatte … Tausende von Dingen, die die Vergangenheit Austriens lebendig werden ließen. Jacob erinnerte sich noch genau an seinen ersten Besuch. Chanute hatte ihn hergebracht, um nach Informationen über ein Schloss zu suchen, das vor mehr als hundert Jahren in einem See versunken war. Jacob war vor jedem Gegenstand stehen geblieben, bis Chanute ihn am Nacken gepackt und unsanft weitergeschoben hatte. Aber Jacob war heimlich zurückgekommen, jedes Mal, wenn sie in Vena Station gemacht und Chanute irgendeinen Rausch ausgeschlafen hatte. Er hätte seinen Weg durch die Säle blind gefunden, aber die Goyl hatten nicht nur das Stadtbild von Vena verändert. Sie hatten dasselbe mit Austriens Geschichte getan.
    In dem Saal, vor dem Jacob stehen blieb, hatte man noch vor ein paar Monaten die Staatsroben der gestürzten Kaiserin besichtigen können. Jetzt beherrschte das blutige Hochzeitskleid ihrer Tochter den Raum. Die Wachspuppe, die es trug, sah Amalie gespenstisch ähnlich. Kami’ens steinerne Haut ahmte das Wachs nicht halb so echt nach. Jacob trat auf die Wachsfigur zu, die neben dem König stand. Der Jadegoyl starrte ihn aus goldenen Glasaugen an. Die Figur glich Will so sehr, dass es Jacob schwerfiel, sie anzusehen. Natürlich gab es auch eine Figur der Dunklen Fee. Sie stand etwas abseits, zu ihren Füßen wächserne Tote, die bedeckt waren mit ihren schwarzen Motten.
    Vergangenheit, wie alles andere hier, Jacob . Aber für ein paar Atemzüge war er zurück in der Kathedrale … Clara lag wieder zwischen den Toten, Will trug die graue Uniform, feucht von Goylblut, und seine eigene Zunge formte den Namen, der ihm den Tod in die Brust gepflanzt hatte.
    Der Glasblick seines Bruders folgte Jacob von Saal zu Saal. Fast wäre er an dem mit der Nummer 33 vorbeigegangen.
    Die roten Wände waren bedeckt mit Porträts des austrischen Kaiserhauses. Sie hingen bis unter die Decke, dicht an dicht, unzählige Gesichter, braun von der Patina vergangener Jahrhunderte. Die Urgroßeltern der gestürzten Kaiserin, ihre Großmutter und deren berüchtigte Brüder, der Kaiser, den alle nur den Wechselbalg genannt hatten (vermutlich war er einer gewesen). Natürlich gab es auch eines von Guismund. Er trug nicht, wie auf der Grufttür, den Katzenfellmantel des Hexers, sondern die Rüstung eines Ritters, aber sein Helm war geformt wie der Kopf des gekrönten Wolfs, den man auf seinem Wappen sah. Neben ihm hing ein Porträt seiner Frau mit den drei Kindern. Sie waren auf dem Bild noch sehr jung und standen dicht an der Seite ihrer

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