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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Blüten in das abgefressene Gras. Vergiss-dich-ganz. Das Vieh mied die unscheinbaren Blumen, deren betäubendes Öl Blaubärte auf die Blüten träufelten, die sie ihren Opfern ans Kleid oder ins Haar steckten. Sie rieben sich auch die glatt rasierten Wangen damit ein.
    Wenig später kamen sie an einen Wegweiser. Nach Champlitte waren es noch drei Meilen. Sie blickten sich an. Dieselben Bilder in ihren Köpfen. Aber in Jacobs Erinnerung hatte selbst Donnersmarcks tote Schwester das Gesicht von Fuchs.

40
DIE GOLDENE FALLE
    W ach auf, Fuchs. Sie glaubte, zu spüren, wie die Füchsin ihr die spitze Schnauze gegen die Schläfe stieß . Fuchs! Wach auf! Aber als sie die Augen öffnete, war sie in Menschengestalt und allein.
    Über ihr spannte sich ein Baldachin aus Stoff, dunkelblau wie ein Abendhimmel, und das Kleid, das sie trug, war ihr ebenso fremd wie das Bett, auf dem sie lag. Ihr Kopf schmerzte, und ihre Glieder waren schwer, als hätte sie zu lange geschlafen. Bilder füllten ihren Kopf. Eine Droschke. Ein Zug. Eine Kutsche mit goldenen Kissen. Ein Diener hinter einem Tor aus Eisenblüten und –
    Troisclerq.
    Ihr schwindelte, als sie sich aufsetzte. Hohe Wände, bezogen mit mattgoldener Seide, und an der Decke, umgeben von weißen Stuckblüten, ein Kronleuchter aus rotem Kristall … Als Kind hatte sie von Zimmern wie diesem geträumt. Aber die Fenster waren vergittert. Sie schob die Hand in den perlenbestickten Ausschnitt. Sie trug das Fellkleid nicht mehr.
    Ruhig, Fuchs.
    Aber ihr Herz wollte davon nichts hören.
    Erinnere dich, Fuchs! Ein Labyrinth … Troisclerq hatte sie hindurchgeführt. Zu einem Haus mit grauen Steinmauern, bedeckt mit Efeu … An mehr konnte sie sich nicht erinnern, sosehr sie es auch versuchte.
    Hatte er etwas in das Wasser gemischt, das er ihr in der Droschke angeboten hatte? Elfenstaub? Oder den Liebestrank einer Hexe? Aber sie fühlte keine Liebe. Nur Ärger über sich selbst.
    Wo hatte er sie hingebracht? Und wo war ihr Fellkleid?
    Jacob …
    Was würde er denken? Dass sie ihn im Stich gelassen hatte für Troisclerqs Lächeln und eine Blüte am Kleid?
    Sie raffte den viel zu weiten Rock. Das Kleid war kostbar genug, um es auf einem königlichen Ball zu tragen. Wer hat es dir angezogen, Fuchs? Sie schauderte. Selbst die Schuhe, die sie trug, hatte sie noch nie gesehen. Sie streifte sie ab und lief barfuß über die Blüten aus Holz, die den gewachsten Parkettboden musterten.
    Die Zimmertür war unverschlossen.
    Der Flur davor führte an einem Dutzend Türen vorbei. Aus welcher Richtung war sie gekommen? Erinnere dich, Fuchs!
    Nein. Erst musste sie das Fellkleid finden.
    Sie glaubte, Troisclerqs Hand noch auf ihrem Arm zu spüren. So sanft. So warm. Was hatte er gedacht? Dass er sie mit einem großen Haus und einem neuen Kleid verführen konnte? Hatte sie sein Lächeln allzu warm erwidert, zu oft über seine Scherze gelacht? Es war so leicht gewesen, mit ihm zu lachen. Sein Blick hatte sie so bereitwillig wissen lassen, dass sie schön war. Hatte er versucht, sie zu küssen? Ja. Die Bilder kamen zurück wie die Erinnerungen einer Fremden. Er hatte sie geküsst. Im Zug. In der Kutsche. Was hast du getan, Fuchs?
    So viele Türen.
    Sie versuchte, sie zu öffnen, aber sie waren alle verschlossen. Auf den Porträts, die zwischen ihnen hingen, waren ausnahmslos Frauen zu sehen.
    Der Flur endete an einer Treppe. Fuchs glaubte, sich an sie zu erinnern. Sie wollte sie gerade hinuntergehen, als ihr ein Diener auf den weiten Stufen entgegenkam. Derselbe, der das eiserne Tor geöffnet hatte. Er war so groß, dass er den Kopf zwischen die breiten Schultern duckte.
    Das Zimmer, in dem sie aufgewacht war … das Kleid … die Bilder … der Diener in seinem Frack aus schwarzem Samt. Es war, als hätte sie sich in einem der Spiele verloren, die sie als Kind stundenlang im Wald gespielt hatte.
    »Wo ist dein Herr?«
    Der Diener griff zur Antwort nur wortlos nach ihrem Arm. Seine Hände waren mit mattbraunem Fell bedeckt. Überall in Lothringen gab es Geschichten über Adelige, die sich von verzauberten Tieren bedienen ließen, weil sie ihnen treuer ergeben waren als jeder Mensch.
    Das Haus war riesig, aber sie begegneten nicht einer Menschenseele. Die Tür, vor der der Diener schließlich stehen blieb, war mit dem gleichen dunklen Holz verkleidet wie die Wände des Speisesaals, in den er Fuchs winkte. Vor den Fenstern fing sich das Abendlicht in Vorhängen aus roter Spitze.
    »Willkommen in

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