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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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flüsterte er ihr zu, »lässt nur mich passieren. Jeder andere verirrt sich hoffnungslos darin. Sie vergessen, wer sie sind, vergessen, warum sie kamen, und irren zwischen den Hecken umher, bis sie verhungern. Zum Schluss essen sie die giftigen Blätter und lecken den Tau von den Wegen.«
    Fuchs schüttete ihm ihren Wein ins Gesicht. Sie umklammerte das Glas so fest, dass es ihr in der Hand zerbrach. Der Wein färbte Troisclerq das Hemd rot wie das Blut, das Fuchs über die zerschnittenen Finger rann. Troisclerq hielt ihr seine Serviette hin.
    »Er liebt dich auch, weißt du das? Auch wenn er sich große Mühe gibt, es nicht zu bemerken.« Keine Stimme konnte zärtlicher klingen. Er schob den Stuhl zurück. »Du hast von hier aus einen guten Blick auf das Labyrinth. Wenn ein Schwarm Tauben auffliegt, hat er sich darin verfangen. Ich erwarte außer Jacob keine weiteren Gäste.«
    Den Boden der Karaffe bedeckte eine milchweiße Pfütze.
    Troisclerq ging an dem langen Tisch entlang. Vorbei an den leeren Tellern. »Vielleicht ist es dir ein Trost«, sagte er, bevor er die Tür hinter sich zuzog. »Die Angst wird dich ebenfalls umbringen. Die Liebe ist eine tödliche Angelegenheit.«
    Sie wollte ihm die Kehle zerbeißen. Die samtene Stimme im Blut ersticken. Aber die Füchsin war ebenso verloren wie Celeste.

41
DAS REVIER DES JÄGERS
    J acob wusste, dass sie am richtigen Ort waren, sobald sie nach Champlitte hineinritten. Viele Häuser waren frisch gestrichen, und in den Straßen leuchteten Gaslaternen den Abend ein, ein Luxus, der sich hinter dem Spiegel sonst nur in großen Städten fand. Blaubärte pflegten gute Nachbarschaft. Sie suchten sich ihre Opfer nie dort, wo sie lebten, und gaben Geld für neue Straßen, Kirchen und Schulen. Das Schweigen, das sie sich so erkauften, war ihr bester Schutz. Jacob war sicher, dass es hinter den Gardinen von Champlitte viele Augen gab, die ihnen folgten.
    Die meisten Blaubärte lebten auf abgelegenen Landsitzen, umgeben von weiten Ländereien. Es gab nur ein großes Herrenhaus in der Nähe, auf das diese Beschreibung passte. Es lag südlich der Stadt, also wandte Jacob sein Pferd am Ortsende nach Norden, damit keiner der braven Bürger es für nötig hielt, Troisclerq von ihrer Ankunft zu unterrichten.
    Sie ließen die Pferde in einem Waldstück zurück. Selbst Wölfe vergriffen sich nicht an Teufelsmähren, und Jacob hatte die Zügel gegen Ketten ausgetauscht, damit sie sich nicht selbst befreiten. Sein Hengst hatte sich tatsächlich mit ihm angefreundet. Er schnappte fast freundschaftlich nach seiner Hand, als Jacob den Rucksack vom Sattel hob.
    Der Abend roch nach blühenden Bäumen und frisch gepflügten Feldern. Alles um sie herum erschien friedlich. Ein verschlafenes Paradies, aber sie mussten nicht lange gehen, bis sie auf eine von Platanen gesäumte Allee stießen, in deren feuchten Schotter sich die Räder einer Kutsche gegraben hatten. Wenig später tauchte zwischen den Bäumen ein eisernes Tor auf.
    Der trügerische Frieden, das verschlossene Tor … Selbst die Allee davor hatte ähnlich ausgesehen, als sie auf der Suche nach Donnersmarcks Schwester gewesen waren. Damals waren sie zu spät gekommen. Nicht diesmal, Jacob.
    Er hätte sich übergeben können vor Angst. Er wusste nicht mehr, wie oft er sich auf dem endlosen Ritt dabei ertappt hatte, dass er sich nach Fuchs umgesehen hatte. Oder geglaubt hatte, sie im Schlaf neben sich atmen zu hören.
    ›Was ist der größte Schatz, den du je gefunden hast?‹, hatte Chanute ihn vor nicht allzu langer Zeit gefragt. Jacob hatte die Schultern gezuckt und ein paar aufgezählt. ›Du bist ein noch größerer Dummkopf als ich‹, hatte Chanute geknurrt. ›Ich hoffe nur, dass du ihn nicht verloren hast, wenn dir die wahre Antwort dämmert.‹
    Das Gitter des Tors war mit Eisenblüten bedeckt. Donnersmarck zog wortlos einen Schlüssel aus der Tasche. Jacob hatte selbst einen ähnlichen besessen, aber er hatte ihn, wie so vieles, in der Goylfestung verloren. Die Schlüssel, die jedes Schloss öffneten … Manche funktionierten nur in dem Land, in dem sie geschmiedet worden waren, doch dieser tat seine Arbeit auch hier. Das Tor schwang auf, sobald Donnersmarck ihn in das Schloss schob.
    Ein Kutschhaus, Stallungen, eine breite Auffahrt zwischen regennassen Bäumen und an ihrem Ende das Haus, das sie aus der Ferne gesehen hatten. Es war von hohen immergrünen Hecken umgeben.
    Das Labyrinth des anderen Blaubarts war welk und tot

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