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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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meinem Haus.« Troisclerq saß am Ende einer langen Tafel. Es war das erste Mal, dass Fuchs ihn nicht glatt rasiert sah. Die Haut um Mund und Kinn schimmerte bläulich.
    Atme, Fuchs. Ein und aus. Wie die Füchsin es tut, wenn der Tod sie ansieht.
    Blaubart.
    Auf dem Tisch standen zehn Teller. Sie ließen immer für die Anzahl ihrer Opfer decken.
    Troisclerq lächelte ihr zu. Er trug wie immer ein blütenweißes Hemd. Selbst auf der endlosen Kutschfahrt war er immer so gut gekleidet gewesen, als reiste er mit einem Diener.
    »Setz dich doch.« Er wies einladend auf den Stuhl zu seiner Linken. »Das Kleid steht dir gut.«
    Der Diener schob Fuchs den Stuhl zurück. Als sie sich vor den leeren Teller setzte, glaubte sie, all die Toten neben sich zu spüren, die vor ihr auf den mit schwarzem Samt bezogenen Stühlen gesessen hatten. Sie versuchte, sich an die Gesichter zu erinnern, die ihr von den Bildern nachgeblickt hatten.
    Atme, Fuchs. Ein und aus.
    Sie musste das Fellkleid finden. Ohne das Kleid konnte sie nicht fort.
    Troisclerq griff nach ihrer Hand. Er küsste ihr die Finger so sacht, als hätten seine Lippen nie etwas Schöneres berührt.
    »Gewöhnlich gebe ich meinen weiblichen Gästen einen Schlüsselbund für alle Türen meines Hauses, mit der Bitte, einen der Schlüssel nicht zu benutzen. Es ist eine alte Tradition meiner Sippe. Vielleicht hast du von ihr gehört?« Er legte einen Schlüsselbund auf den Tisch. Die Schlüssel waren versilbert, bis auf einen. Er war etwas kleiner als die anderen und der goldene Kopf war wie eine Blüte geformt.
    »Ja«, sagte Fuchs. »Ja, ich habe davon gehört.«
    »Schön.« Troisclerq schob den Schlüsselbund neben ihren Teller. »Nicht, dass du den Schlüssel brauchen würdest, um herauszufinden, was sich hinter der Tür verbirgt. Die Füchsin würde es sicher wittern.«
    Natürlich. Er hatte das Fellkleid gesehen. Fuchs versuchte, sich nicht zu fragen, ob er es ihr ausgezogen hatte. Sie schloss die Finger um den Schlüsselbund, als könnte ihm das beweisen, dass sie keine Angst hatte. Der Diener schenkte ihr ein Glas Wein ein. Der Wein war so rot, dass es aussah, als füllte er ihr das Glas mit Blut.
    »Diesmal hast du die Falsche gefangen.«
    Sie spürte das fremde Kleid auf der Haut. Dekoriert für das Bild an seiner Wand, Fuchs .
    »Tatsächlich? Warum?«
    Der Diener füllte ihr den Teller. Entenfleisch. Gebackene Kartoffeln. Sie spürte, dass sie hungrig war.
    »Ich hatte noch nie Angst vor dem Tod.« Fuchs blickte Troisclerq in die Augen, damit er sah, dass sie die Wahrheit sagte, seine dunklen Augen, deren Schatten sie hätten warnen können. Aber es hat dir gefallen, wie er dich angesehen hat, Fuchs. Es hat dir gefallen, wie oft er ganz zufällig nach deinem Arm gegriffen oder deine Schulter berührt hat. All das, was Jacob mit jedem Tag sorgsamer vermied. Sie trug die Begierde nach ihm wie ein Geheimnis unter der Haut, aber vielleicht hatte Troisclerq sie gewittert wie das Fell unter ihren Kleidern, wie eine blutige Spur im Wald, obwohl ihn am Ende ein anderer Hunger trieb. Und wenn schon. Was immer ihn angelockt hatte, sie würde zu sterben wissen. Die Füchsin hatte es ihr beigebracht. Sie lebte mit dem Tod, als Jägerin und als Gejagte.
    »Die Falsche? O nein.« Troisclerqs Stimme war weich wie das Moos im Wald. »Sei unbesorgt. Ich suche meine Beute mit Sorgfalt aus. Das hält mich am Leben, seit fast dreihundert Jahren.«
    Er nickte dem Diener zu. »Du wirst mir geben, was ich will. Wie all die anderen. Sogar noch mehr als sie alle.«
    Der Diener stellte eine Karaffe auf den Tisch. Das Abendlicht schillerte in ihrem Kristall wie Splitter des sterbenden Tages.
    Troisclerq stand auf und strich Fuchs über die nackte Schulter. »Die Angst hat viele Farben, wusstest du das? Die nahrhafteste ist die weiße, die Angst vor dem Tod. Bei den meisten ist es der eigene, den sie mehr als alles fürchten. Aber ich wusste gleich, dass das bei dir anders ist. Es machte die Jagd nur noch verlockender.« Troisclerq streute eine Handvoll welker Blüten auf den Tisch. »Ich habe eine deutliche Spur für ihn hinterlassen. Ich bin sicher, er ist schon auf dem Weg. Denkst du nicht?«
    Jacob.
    Nein. Fuchs würde seinen Namen vergessen, damit Troisclerq ihn nicht in ihrem Herzen fand. Sie spürte, wie ihr die Angst den Atem nahm.
    Auf dem Boden der Karaffe sammelten sich ein paar weiße Tropfen.
    Troisclerq strich ihr sacht über die Wange. »Das Labyrinth, das mein Haus umgibt«,

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