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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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für alle Zeit zunichtegemacht, Nerron. »Wir brauchten die Hunde nicht. Louis hat tagelang kein anderes Wort als ›Champlitte‹ über die Lippen gebracht.«
    Ja, die Wirkung konnten Schneewittchenäpfel haben. Die meisten Opfer stammelten, falls sie erwachten, jahrelang nur die Worte, die sie als Orakel von sich gegeben hatten.
    Louis begann erneut, zu schnarchen.
    Lelou runzelte die Stirn. »Ich denke, wir müssen die Dosis erhöhen«, sagte er zu dem Hundemann. »Gut. Das erledigt wohl die Frage, ob wir den Wassermann noch brauchen. Ich bin sicher, er ist äußerst qualifiziert, Krötenlaich zu beschaffen.«
    Er blickte zu Eaumbre hinüber, dem der Milchbart gerade aus dem Brunnen half. Die Bürger von Champlitte wichen zurück, als er den triefenden Wassermann an ihnen vorbei über den Marktplatz stieß.
    »Also, Goyl«, Lelou blickte Nerron an, »bevor ich auf den Gedanken komme, du könntest überflüssig sein … Wo ist das Herz?«
    »Zeig den Hunden den Beutel, in dem der Kopf steckt«, sagte Nerron.
    Wenn sie Glück hatten, roch er noch genug nach Reckless.

46
BRING IHN ZU MIR
    D as Fenster, hinter dem Fuchs gestanden hatte, war dunkel, als sie das Haus erreichten. Jacob zwang sich, nicht darüber nachzudenken, was das bedeutete. Donnersmarck sprang die Treppe hinauf, als könnte er wieder eine Schwester haben, wenn er sich nur beeilte. Die schwere Tür schwang auf, sobald er die Schulter dagegenstemmte. Jacob musste ihm nicht erklären, dass eine unverschlossene Tür bei diesem Haus mit Vorsicht zu genießen war. Sie zogen beide die Säbel. Pistolen waren gegen einen Blaubart ebenso nutzlos wie gegen den Schneider im Schwarzen Wald.
    Die Eingangshalle, in die sie traten, roch noch stärker nach Vergiss-dich-ganz als die endlosen Wege des Labyrinths. Jacob riss die Sträuße aus den Vasen neben der Tür, und Donnersmarck stieß die hohen Fenster auf, damit die Nachtluft hereindrang.
    Von der Halle zweigten mehrere Korridore ab und eine breite Treppe schwang sich hinauf in den ersten Stock. Was nun? Sollten sie sich trennen?
    Sie kamen um die Entscheidung herum. Aus einem der Korridore trat ein Diener. Den haarigen Händen nach zu urteilen war er nicht immer ein Mensch gewesen.
    Jacob zog die Pistole. Vielleicht wirkte sie wenigstens bei ihm, wenn sie schon nichts gegen seinen Herrn nützte.
    »Wo ist sie?«
    Keine Antwort. Die Augen, die ihn anstarrten, waren nahtlos dunkel wie die eines Tieres.
    Donnersmarck packte den Diener an seinem steifen Kragen und setzte ihm die Säbelspitze unters Kinn. »Du bist tot, wenn sie es ist, hörst du? Wo ist sie?«
    Es ging zu schnell.
    Das Hirschgeweih, das dem Diener aus den Schläfen wuchs, riss Donnersmarck den Leib auf, bevor er sich mit dem Säbel wehren konnte. Jacob schoss, aber die Kugeln wirkten nicht, und seinen Säbel wehrte der Menschenhirsch so mühelos ab wie den Stock eines Kindes. Hirschkälber, die die Gestalt eines Mannes annahmen, wenn man ihnen Menschenhaar ins Stroh mischte – Jacob hatte von ihnen gelesen. Es hieß, dass sie ihren Herren blind ergeben waren.
    Der Hirschmann wischte sich Donnersmarcks Blut von der Stirn und wies auffordernd auf den Korridor, aus dem er gekommen war, aber Jacob ignorierte ihn. Er kniete sich neben Donnersmarck und griff in dessen Gürteltasche. Ja, er trug die Hexennadel noch bei sich. Jacob drückte sie ihm in die blutige Hand. Eine so schlimme Verletzung konnte die Nadel nicht heilen, aber sie würde die Wunde wenigstens schließen. Der Hirschmensch gab ein ungeduldiges Schnauben von sich. Nur sein Kopf hatte sich verwandelt. Das Blut troff ihm vom Geweih auf den schwarzen Frack.
    »Geh, Jacob!« Donnersmarcks Stimme war ein heiseres Röcheln, aber vielleicht würde die Nadel ihn lange genug am Leben halten. Lange genug bis was, Jacob? Er richtete sich auf.
    Der Diener wies auf den Korridor, aus dem er gekommen war. ›Jacob, verdammt!‹, glaubte er, Chanute schimpfen zu hören. ›Was habe ich dir über Blaubärte beigebracht? Wie konntet ihr ernsthaft glauben, dass ihr einfach in sein Haus stolpern und ihm seine Beute stehlen könnt?‹
    Türen. Und bei jeder dachte Jacob, dass Fuchs vielleicht tot dahinter lag. Aber der Hirschdiener ließ jedes Mal ein drohendes Schnauben hören, wenn er stehen blieb.
    Die Tür, zu der er ihn brachte, stand offen.
    Jacob sah die roten Wände schon, als er noch etliche Schritte entfernt war.
    Und die Toten an den goldenen Ketten.
    Und zwischen ihnen Fuchs.

47
LEBEN UND

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