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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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entgegnete Ryan ausweichend.
    Charleston hakte nach. »Wie wird er den Brief aufnehmen?«, sagte er und richtete seine haselnussbraunen Augen auf Ryan.
    »Jedenfalls wird er nicht beglückt sein und den Brief als Drohung auffassen. Die Frage ist: Wie ernst nimmt er ihn? Stalin hätte darüber womöglich nur gelacht … oder auch nicht. Er hat Paranoia ja gewissermaßen definiert, nicht wahr?« Ryan schaute zum Fenster hinaus. Segelte da eine Regenwolke herbei? »Nein, Stalin hätte reagiert.«
    »Meinen Sie?«, fragte Charleston, und Jack kam sich vor wie bei den mündlichen Prüfungen zum Abschluss seiner Promotion in Georgetown, als ihm Pater Tim Riley mit seinen messerscharfen Fragen auf den Zahn gefühlt hatte. Sir Basil war freundlicher als der scharfe Priester, aber als Prüfer bestimmt nicht weniger anspruchsvoll.
    »Leo Trotzki stellte keine echte Gefahr für ihn dar. Dass er ihn umbringen ließ, war wohl vor allem ein Akt simpler Gemeinheit und persönlicher Rache. Stalin war sehr nachtragend. Aber die
gegenwärtige Führungsriege der Sowjets hat einfach nicht dessen brutales Format.«
    Charleston zeigte durch die getönte Fensterscheibe hinaus auf die Westminster Bridge. »Mein lieber Freund, die, von denen Sie sprechen, hatten immerhin die Stirn, auf dieser Brücke dort einen Gegner zu liquidieren. Das ist noch keine fünf Jahre her.«
    »Womit sie sich auch jede Menge Ärger eingehandelt haben«, erinnerte Ryan seinen Gastgeber. Was wie ein gewöhnlicher Raubüberfall mit Todesfolge hatte aussehen sollen, war mit viel Glück und dank eines tüchtigen Arztes als gezieltes Attentat aufgeklärt worden.
    »Aber glauben Sie, die hätten deswegen schlaflose Nächte gehabt? Wohl kaum«, entgegnete Sir Basil.
    »Es scheint allerdings, dass sie vorsichtiger geworden sind.«
    »Im Ausland vielleicht. Aber Polen ist für sie nicht Ausland, sondern Hinterhof.«
    »Der Papst hat aber seinen Sitz in Rom, und das gehört nicht zu ihrer Einflusssphäre. Entscheidend ist, wie sehr sie sich bedroht fühlen. Von Pater Tim Riley, meinem Doktorvater in Georgetown, habe ich gelernt, dass es immer verängstigte Männer sind, die Kriege anzetteln. Mehr als den Krieg selbst fürchten sie, was geschehen könnte, wenn sie auf Krieg oder andere Gewaltmittel verzichten würden. Noch einmal, zu fragen wäre: Nehmen sie die Drohung überhaupt ernst? Und daran schließt sich die Frage an: In welchem Maße fühlen sie sich bedroht? Dass der Papst nicht blufft, dürfte auch für sie außer Frage stehen. Dessen Drohung ist also real. Entscheidend ist nun, inwieweit sie diese auch als ernste Bedrohung empfinden …«
    »Fahren Sie fort«, drängte der GD.
    »Wenn sie also noch nicht ganz abgestumpft sind, müssten sie zumindest in Sorge geraten, ja, vielleicht sogar ein bisschen in Angst. Sosehr sich die Sowjets auch einreden, eine Supermacht zu sein, den USA ebenbürtig und so weiter, so ist ihnen doch stets bewusst, dass es ihrer Macht an Legitimität mangelt. Ich habe in Georgetown einen Vortrag von Kissinger zu diesem Thema gehört …« Jack lehnte sich zurück und schloss die Augen, um seiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen. »Zum Schluss seiner Rede kam er auf den Charakter der russischen Führung zu sprechen.
Breschnew hatte ihn einmal durch irgendein Gebäude im Kreml geführt, in dem das letzte Gipfeltreffen mit Nixon stattfinden sollte. Um dem Gast zu zeigen, wie gründlich man in Vorbereitung auf diesen Besuch sauber gemacht hatte, lüpfte er einige Tücher, mit denen Möbel und Standbilder abgedeckt worden waren. Warum tut man so was? habe ich mich gefragt. Dass es auch im Kreml Leute gibt, die putzen und Staub wischen, ist doch selbstverständlich. Warum sollte der Staats- und Parteichef unseren Henry darauf aufmerksam machen? Ich vermute, daraus spricht ein sehr tief sitzendes Gefühl der Inferiorität. Je mehr ich über die Männer im Kreml erfahre, desto mehr verlieren sie für mich an Größe. Darüber habe ich mich während der letzten zwei Monate häufig mit dem Admiral unterhalten. Die Russen sind militärisch hoch aufgerüstet. Sie unterhalten vorzügliche Geheimdienste. Der Bär, der große hässliche Bär, wie Muhammad Ali zu sagen pflegte, ist zugegebenermaßen sehr stark, doch Ali hat den Bären zweimal geschlagen, nicht wahr?
    Lange Rede, kurzer Sinn, ja, Sir, ich glaube, dieser Brief wird ihnen Angst machen. Fraglich ist nur, ob die Angst, wenn sie denn groß genug ist, zu Gegenschlägen provoziert.«

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