Red Rabbit: Roman
dort alles andere als ein Fremder.
»Das wird gehen«, entschied der DCI. »So machen wir’s.« Moore streckte sich. Er hasste es, sonntags zu arbeiten. Selbst ein Richter am Berufungsgericht hatte an den Wochenenden dienstfrei.
»Bleibt immer noch die Frage, was der Vatikan mit der Information eigentlich anfangen soll«, warnte Ritter. »Was treibt denn Basil?«
»Er sorgt dafür, dass seine Leute in Rom am Ball bleiben. Sie sind nur zu fünft, aber morgen schickt er von London aus Verstärkung, für den Fall, dass sie schon am Mittwoch zuschlagen müssen. Dann präsentiert sich Seine Heiligkeit der Öffentlichkeit. Der Mann hat bestimmt auch einen ganz engen Terminkalender.«
»Schade, dass er die Runde auf dem Platz nicht einfach absagen kann. Wahrscheinlich würde er nicht einmal hinhören, wenn ihn jemand darum bäte.«
»Kaum«, stimmte Moore zu. Er hatte von Sir Basil erfahren, dass auch Ryan nach Rom geschickt worden war, doch das verschwieg er lieber. Ritter hätte garantiert wieder einen seiner Wutanfälle bekommen, und darauf konnte Moore an einem Sonntag gut verzichten.
Wie immer stand Ryan früh auf, frühstückte und nahm anschließend ein Taxi zum Petersplatz. Es tat gut, über die Piazza zu laufen, sich die Beine zu vertreten. Merkwürdig, dass sich mitten in der italienischen Hauptstadt der Sitz des Oberhauptes eines fremden souveränen Staates befand, dessen Amtsprache außerdem Latein war. Jack fragte sich, ob es den römischen Kaisern wohl gefallen würde, dass die letzte Heimat ihrer Sprache gleichzeitig der Sitz derjenigen Institution war, die ihr weltumspannendes Imperium zu
Fall gebracht hatte. Doch er konnte nicht einfach zum Forum gehen und die Geister, die dort bestimmt ihr Unwesen trieben, um Antwort bitten.
Die Kirche forderte seine Aufmerksamkeit. Es gab keinerlei Worte, die etwas so Gigantisches angemessen hätten beschreiben können. Die Errichtung des Gebäudes hatte des Ablasses bedurft, der Martin Luther dazu provozierte, seinen Protest gegen diese Geldscheffelei in die Öffentlichkeit zu tragen. Damit war am Ende die Reformation ausgelöst worden, etwas, das die Nonnen von St. Matthews nicht begrüßten, das aber die Jesuiten in Jacks späterem Leben mit großzügigerem Blick betrachteten. Die Gesellschaft Jesu verdankte ihre Existenz nämlich der Reformation – der Orden war gegründet worden, um sie zu bekämpfen.
Doch all das interessierte im Augenblick nur wenig. Der Dom war jedenfalls unbeschreiblich und schien ein angemessenes Hauptquartier für die römisch-katholische Kirche zu sein. Jack ging hinein und stellte fest, dass das Innere noch mehr beeindruckte als das Äußere – wenn dies denn überhaupt möglich war. Genügend Raum für ein Fußballfeld war jedenfalls vorhanden. In etwa hundert Meter Entfernung befand sich der Hauptaltar, an dem ausschließlich der Papst die Messe hielt. Darunter lag die Krypta, in der nicht nur die ehemaligen Päpste die letzte Ruhestätte gefunden hatten, sondern auch der heilige Petrus selbst. »Du bist Petrus«, wurde Jesus im Evangelium zitiert, »und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen.« Mit Hilfe einiger Architekten und einer ganzen Armee von Arbeitern war der Plan tatsächlich aufgegangen: Hier stand nun eine Kirche. Jack fühlte sich, als ob er in Gottes Privathaus hineingesogen würde. Die Kathedrale von Baltimore war verglichen mit dieser nicht mehr als eine Kapelle. Auch die Touristen starrten mit offenen Mündern Richtung Decke. Wie war es nur gelungen, ein solches Gebäude ohne Stahlträger zu errichten? fragte sich Jack. Stein ruhte auf Stein, sonst nichts. Die Baumeister von damals verstanden jedenfalls ihr Handwerk. Und deren Nachkommen arbeiteten jetzt für Boeing oder für die NASA. Jack wanderte zwanzig Minuten lang einfach nur umher, erst dann fiel ihm wieder ein, dass er nicht als Tourist hier war.
Einst hatte an dieser Stelle der erste römische Circus Maximus gestanden. Die breiten Rennbahnen für die Streitwagen, die man
auch in Ben Hur bewundern konnte, waren später verschwunden und an ihrer Stelle eine Kirche entstanden, der erste Dom St. Peter, der aber mit der Zeit immer baufälliger wurde. So hatte man schließlich ein Jahrhundert-Projekt in Angriff genommen und es im sechzehnten Jahrhundert zu Ende gebracht, erinnerte sich Ryan. Er trat wieder nach draußen, um das Gelände erneut zu inspizieren. Doch sosehr er sich auch darum bemühte, Alternativen zu entdeckten, es deutete alles
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