Red Rabbit: Roman
nach. Dieser Ruf war nicht besonders gut. Sie stellten das exakte Spiegelbild ihrer Regierung dar, die gröber und unseriöser war als Moskau, nicht sehr kulturniy , aber Roschdestwenski vermutete, dass dieses Urteil seitens des KGB chauvinistisch eingefärbt war. Bulgarien war politisch und kulturell Moskaus kleiner Bruder und ein entsprechend überhebliches Denken folglich unvermeidlich. Sie mussten lediglich in der Türkei über brauchbare Kontakte verfügen, und dafür war an sich nur ein guter Geheimdienstoffizier nötig, vorzugsweise ein in Moskau ausgebildeter. Von der Sorte gab es gewiss einige, und die erforderlichen
Unterlagen hatte die KGB-Akademie. Vielleicht kannte der Agent in Sofia sogar einen persönlich.
Die theoretische Übung nimmt langsam Gestalt an, dachte Oberst Roschdestwenski nicht ohne Stolz. Wusste er also doch immer noch, wie man eine gute Operation plante, auch wenn er inzwischen eine typische Hauptquartiersdrohne war. Lächelnd drückte er seine Zigarette aus. Dann nahm er den Hörer seines weißen Telefons ab und wählte die 111, die Nummer des Vorsitzenden.
8. Kapitel
DAS FERTIGE GERICHT
»Danke, Aleksei Nikolai’tsch. Das ist ein hochinteressantes Konzept. Und wie gehen wir von da aus weiter vor?«
»Genosse Vorsitzender, wir lassen uns von Rom über den Terminplan des Papstes auf dem Laufenden halten – so weit im Voraus wie möglich. Wir lassen sie aber nichts von der Existenz einer Operation wissen. Die Leute sind lediglich eine Informationsquelle. Wenn der Zeitpunkt näher rückt, können wir vielleicht den Wunsch äußern, dass sich einer von ihnen, nur zu Beobachtungszwecken, im fraglichen Gebiet aufhält, aber es ist für alle Beteiligten auf jeden Fall das Beste, wenn Goderenko so wenig wie möglich weiß.«
»Trauen Sie ihm nicht?«
»Doch, doch, Genosse Vorsitzender. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich einen gegenteiligen Eindruck erweckt haben sollte. Aber je weniger er weiß, desto geringer ist die Gefahr, dass er Fragen stellt oder sein Personal versehentlich mit Dingen beauftragt, die, möglicherweise vollkommen unabsichtlich, auf unser Vorhaben hinweisen. Wir suchen die Leiter unserer auswärtigen Dienststellen wegen ihrer Intelligenz aus, wegen ihrer Fähigkeit, Dinge zu erkennen, die andere nicht sehen. Sollte er spüren, dass sich da etwas tut, hält er womöglich aufgrund seiner beruflichen Erfahrung zumindest Augen und Ohren offen – und das könnte für die Operation von Nachteil sein.«
»Immer diese Freidenker«, schnaubte Andropow.
»Wie sollte es denn anders sein?«, fragte Roschdestwenski berechtigterweise. »Diesen Preis muss man immer zahlen, wenn man intelligente Männer für sich arbeiten lässt.«
Andropow nickte. Er war nicht so dumm, diesen Hinweis zu ignorieren.
»Gute Arbeit, Oberst. Was sonst noch?«
»Die zeitliche Abstimmung ist von entscheidender Bedeutung, Genosse Vorsitzender.«
»Wie lange dauert es, so etwas vorzubereiten?«, fragte Andropow.
»Bestimmt einen Monat, eher länger. Wenn man nicht schon die richtigen Leute an Ort und Stelle hat, dauert so etwas immer länger, als man hofft oder erwartet.«
»So viel Zeit werde ich bereits brauchen, um es genehmigt zu bekommen. Aber wir werden mit der Planung fortfahren, sodass wir die Operation schnellstmöglich durchführen können, sobald wir die Genehmigung erhalten.«
Roschdestwenski entging nicht, dass der Vorsitzende »sobald«, nicht »falls« gesagt hatte. Nun ja, Juri Wladimirowitsch galt inzwischen als der mächtigste Mann im Politbüro, was Aleksei Nikolai’tsch nur Recht sein sollte. Was gut für seine Behörde war, war auch gut für ihn, vor allem in seiner neuen Stellung. Möglicherweise winkten am Ende seines beruflichen Regenbogens Generalssterne, und diese Vorstellung gefiel ihm.
»Wie würden Sie weiter vorgehen?«, fragte der KGB-Chef.
»Ich würde nach Rom telegrafieren, um Goderenko zu beschwichtigen und ihm zu sagen, dass seine Aufgabe im Moment nur darin besteht, die Termine des Papstes, was Reisen, Auftritte in der Öffentlichkeit und dergleichen betrifft, in Erfahrung zu bringen. Als Nächstes werde ich Ilia Bubowoi kabeln. Er ist unser Agent in Sofia. Haben Sie ihn mal kennen gelernt, Genosse Vorsitzender?«
Andropow durchforstete sein Gedächtnis. »Ja, bei einem Empfang. Er hat ziemliches Übergewicht, nicht?«
Roschdestwenski lächelte. »Ja, damit hat Ilia Fedorowitsch schon immer zu kämpfen gehabt, aber er ist ein guter Mann. Er ist jetzt
Weitere Kostenlose Bücher