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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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Trocknen zu Reihen zusammenzurechen, wobei sie sich auf ihren schlanken Beinen vor- und zurückwiegten. Valerie bedauerte, dass sie die Aufregung ihrer Freundinnen nicht teilen konnte – es musste doch herrlich sein, wenn man vor Freude so außer sich war wie sie. Doch sosehr sie sich auch bemühte, die Liebe war nie ein Thema gewesen, das sie besonders interessierte. Plötzlich war ihr so traurig zumute wie nach dem Ende eines Festes.
    Prudence sah mit Freuden, dass Valerie kein Interesse an den Jungs zeigte. Umso größer die Auswahl für mich, dachte sie und ließ den Blick über die Männer auf den Wiesen und Feldern schweifen. In diesem Augenblick bemerkte sie einen anderen Wagen, der so unerwartet auftauchte, dass sie nicht mehr dazu kam, mit ihren Freundinnen einen Blick zu tauschen, bevor seine großen Räder langsam ausrollten. Doch auch die anderen hatten ihn gesehen. Lucie tat zwar so, als arbeite sie weiter, indem sie immer wieder denselben Grashaufen hochhob und absetzte, reckte aber den Hals. Rose tupfte sich mit der Innenseite ihres Rocks das Gesicht ab, und Roxanne strich sich das Haar aus der Stirn, die in der schwülen Luft schon klebrig vor Schweiß war.
    Das Pferd kam zum Stehen, die Wagenräder machten einen letzten Ruck nach vorn und rutschten dann in eine Furche zurück. Valerie beobachtete, wie ein paar ältere Männer schwerfällig herauskletterten, und widmete sich gleich wieder der Arbeit mit ihrem grob gezahnten Rechen, während die übrigen Erntearbeiter ausstiegen. Sie spürte, dass ihre Freundinnen die Neuankömmlinge in Augenschein nahmen.

    Sie wusste nicht genau, warum sie wieder aufschaute. Wenn sie sich Jahre später an diesen Morgen erinnerte, der für immer ihr Leben veränderte, sagte sie stets, sie hätte aus dem Augenwinkel etwas bemerkt, was sie zum Hinsehen zwang – fast so, als hätte ihr jemand auf die Schulter getippt, damit sie sich umdrehte.Als sie aufschaute, erblickte sie einen umwerfend gut aussehenden dunkelhaarigen jungen Mann.
    Er war ganz in Schwarz gekleidet und hatte etwas Wildes und Gehetztes an sich, wie ein unbezähmbares Pferd.
    Valerie spürte, wie ihr der Atem stockte.
    Peter und ich hatten den Tag damit zugebracht, auf den Wiesen Fangen zu spielen und große weiße Pilze zu sammeln, deren schmutzig graue Stiele so weich und spröde waren, dass sie zerbröckelten. Wir sanken erschöpft zu Boden, als wir auf dem Dorfplatz ankamen, und begannen, Scharade zu spielen, ein Rätselspiel, worin ich nie gut war. Ich verlor dabei völlig den Überblick, konnte mir nie merken, ob wir jetzt bei der dritten Silbe oder der zweiten des dritten Wortes waren oder bei der fünften und wie viele Wörter es überhaupt waren.
    Aber wie aus heiterem Himmel stand plötzlich Peters Vater da, riss ihn hoch und sagte: » Wir müssen gehen. Sofort.«
    Hinter ihm tönte es: »Betrüger! Halunke! Dieb!«
    Peter schaute über die Schulter zurück, während sein Vater ihn an der Hand fortzog. Dorfbewohner strömten zusammen und schwangen Waffen. Ein aufgebrachter Landarbeiter jagte ihnen mit einer brennenden Fackel nach: »Recht so, verschwindet von hier! Und lasst euch nie wieder hier blicken.«
    Sie verließen das Dorf auf der Stelle und seit damals hatte Valerie Peter nicht wiedergesehen. Nach den Gesichtern der Dorfbewohner an jenem Tag zu urteilen, hatte sie geglaubt, er sei tot.

    Nun aber …
    Sie musste den Verstand verloren haben, dachte sie. Es war zehn Jahre her. Sie hatte sich damit abgefunden. Sie hatte aufgehört, nach seinen Pfeilen Ausschau zu halten. Er konnte nicht derselbe sein … oder doch?
    Als ihre Freundinnen den Jungen sahen, tauschten sie beunruhigte Blicke. Er sah aus wie sonst keiner, wie das violette Leuchten am Grunde einer Flamme, dort, wo sie am schönsten und gefährlichsten war. Mit gesenktem Kopf schritt er durch die Wiesen, die Augen fest auf den Boden geheftet. Er mied die Blicke der anderen und erwiderte keinen.
    Als Lucie bemerkte, wie Valerie zu ihm hinstarrte, warf sie ein Büschelchen Gras in ihre Richtung. Doch Valerie kam nicht zu sich.
    Valerie schob sich näher an die Gestalt heran. War er es? Da stürzte der Vogt herbei, bahnte sich einen Weg durch dichtes Schilfgestrüpp und befahl ihr, gefälligst in der Reihe zu bleiben. Valerie fragte sich, ob der Vogt Verdacht geschöpft hatte, ob ihm aufgefallen war, wie sie reagiert hatte – dass sie errötet und ihr Blick ganz sanft geworden war –, und ob er sie bewusst von ihm fernhalten

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