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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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wollte. Sie schämte sich, nahm aber wieder Vernunft an. Sie wollte dem Vogt keinen Anlass zu Misstrauen geben. Sie war nur neugierig, trauerte dem Freund ihrer Kindheit nach, dem Spaß, den sie einst zusammen gehabt hatten.
    Er war nur der Junge, mit dem sie gespielt hatte, älter jetzt. Oder?
    Der Vogt ging weiter, brüllte unablässig Befehle, die sich zu einer lückenlosen Kette reihten und mit der Zeit wie eine eintönige Erzählung klangen. Sie beobachtete, wie der
Junge, der möglicherweise Peter war, seinen Beutel absetzte, bestehend aus einem verschlissenen Tuch, das oben mit einem ausgefransten Strick zusammengebunden war. Er begann, seine gewaltige Sense zu schwingen, die er mit geübter Hand durch das Gras zog. Er drückte das Kinn auf die Brust und hatte nur Augen für die Arbeit.
    Valerie versuchte, ihn zu beobachten, aber ein wahrer Koloss von einem Erntearbeiter schob sich zwischen sie und versperrte ihr die Sicht. Und wenn er ihr einmal nicht die Sicht versperrte, lief der Vogt die Reihen ab. So kam es, dass Valerie nur flüchtige Blicke vom Gegenstand ihres Interesses erhaschte. Eine Hand, die nach dem Stiel des Rechens griff … eine sehnige olivbraune Wade … ein Kinn. Er mähte mit gleichmäßigen Bewegungen. Peitschte das Gras. Schwitzte. Ließ seine Muskeln spielen.
    Schließlich bekam sie einen besseren Blick auf ihn. Es war Peter. Sie war sich ganz sicher. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, selbst jetzt noch, nach so vielen Jahren. Damals war es nur eine unschuldige, kindliche Schwärmerei gewesen, doch jetzt … empfand sie etwas anderes.
    Valerie dachte daran zurück, wie Peter und sie bäuchlings zwischen den ausladenden Wurzeln der großen Kiefer gelegen hatten. Wie sie anschließend bis in den Wipfel hinaufgeklettert waren, um all die anderen Ortschaften zu sehen, die sie eines Tages, wenn sie aus ihrem Dorf fortgingen, besuchen wollten.
    Nur Peter war wirklich herausgekommen.
    Jetzt sehnte sich Valerie danach, ihm nahe zu sein, ihn neu kennenzulernen, herauszufinden, ob er noch derselbe war. Während sie diesen Gedanken nachhing, ruhten ihre Augen auf ihm. Da schaute er plötzlich auf. Ihre Blicke trafen sich
in der staubflirrenden Luft. Er stockte im Fluss der Arbeit, die braunen Augen immer noch ruhig und dunkel. Dann sah er wieder weg.
    Hatte er sie nicht erkannt? Hatte er sie vergessen? Oder gehörte er einer anderen …?
    Valeries Rechen verharrte reglos in der Luft.
    Sollte sie zu ihm gehen?
    Dann jedoch, als sei nichts geschehen, schwang Peter – wusch, wusch, wusch – wieder kraftvoll seine Sense und arbeitete zügig weiter. Er schaute nicht wieder auf.

Kapitel 4
    V alerie.«
    Sie kniete gerade am Boden und raffte honigfarbenes Heu zu einer Garbe zusammen, als sie über sich eine tiefe Jungenstimme vernahm. Er erinnert sich doch. Sie war wie erstarrt, außerstande, zu ihm aufzuschauen.
    »Valerie?«
    Langsam hob sie den Kopf – vor ihr stand Henry Lazar und hielt ihr einen angeschlagenen Wasserkrug hin.
    »Geht es dir gut?«
    »Ja.«
    »Ich dachte schon, du bist von der Schufterei taub geworden. « Seine dunklen Brauen hoben sich fragend.
    »Nein, nein«, stammelte sie verwirrt.
    Statt nach dem Wasserkrug zu greifen, nahm sie den dicken Kupferhammer, den er in der anderen Hand hielt, und drückte ihn sich an die Wange. Das Metall war herrlich kühl.
    Sie blickte in die Runde. Die Arbeit war zum Erliegen gekommen, eine goldene Staubwolke lag über Wiesen und Feldern. Sie versuchte, an Henry vorbeizuspähen. Aber dummerweise machte er ihre Bewegung mit und versperrte ihr weiter die Sicht auf Peter.

    Sie spürte, wie ihre Wärme in den Hammer strömte und bald die angenehme Kühle vertrieb. Als sie ihn zurückgab, zwinkerte Henry ihr zu und lachte. Sie fasste sich an die Wange – ihre Hand kam schwarz zurück. Sie hatte auf beiden Wangen einen runden Rußfleck.
    »Jetzt siehst du aus wie eine Porzellanpuppe.«
    Die Vorstellung gefiel ihr.
    Sie lehnte dankend sein Taschentuch ab und wischte sich das Gesicht an ihrem Ärmel ab. Sie wusste, dass das Wasser für Henry nur ein Vorwand war, um aufs Feld zu gehen und an diesem Tag dazuzugehören. Aufgrund der besonderen Stellung seiner Familie im Dorf war er von vielem ausgeschlossen. Sie wusste, dass er darunter litt, etwas Besseres zu sein. Sie blickte hinab auf seine neuen Lederstiefel, die nur so glänzten, und das Mitgefühl, das sie eben noch mit ihm empfunden hatte, verflog. Sich solche Stiefel zu kaufen, wenn die Menschen

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