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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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Ein unschuldiges Wesen, das zu ihr kam, um sich streicheln zu lassen, das ihr vertraute und ihr zu verstehen gab, dass sie gut war. Doch der Hund musterte Valerie argwöhnisch und wollte nicht näher kommen. Valerie blieb in der Hocke, wartete, hoffte, doch der Hund trollte sich, warf ein paar Mal den Kopf zurück und bellte, ehe er herumfuhr und mit eingezogenem Schwanz das Weite suchte. Als drohte ihm von ihr Gefahr.
    Valerie war nicht mehr dieselbe. Sie spürte, wie Teile von
ihr langsam abbröckelten, wie eine Klippe, die allmählich ins Meer stürzte.

    Sie kniete noch am Brunnen und betätigte die alte Pumpe, als eine dunkle Gestalt zu ihr trat. Der Magen rutschte ihr in die Kniekehlen. Es war Henry, aber so hatte sie ihn noch nie gesehen. Seine Augen waren freudlos und leer, wie die Fenster eines verlassenen Hauses.
    »Ich löse die Verlobung«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Du löst die Verlobung?« Valerie wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    »Ja«, sagte er und blinzelte dabei langsam, als könnte dies seine Entscheidung begreiflicher machen. »Ich habe dich mit Peter gesehen.«
    »Du hast uns gesehen?«
    »Im Kornspeicher.«
    Die Worte sickerten langsam in ihr Bewusstsein und durchtränkten sie mit der schrecklichen Wahrheit. Sie sah die Gedanken, die hinter Henrys Augen tobten.
    Was für ein grausamer Streich, der ihm da gespielt wird, dachte sie, als sie begriff, wie tief er für sie empfand. Ein Mädchen so lange lieben, sich bereithalten, ohne sie zu bedrängen, ihr Bedürfnis nach Unabhängigkeit respektieren und dann zusehen müssen, wie diese Liebe innerhalb eines Augenblicks zerstört wurde – von einem Menschen, der nach jahrelanger Abwesenheit plötzlich auftauchte und sich einfach nahm, was er wollte.
    Sie verstand, wie sehr es Henry wehtun musste, dass seine Hoffnungen ausgerechnet von demjenigen zunichtegemacht
wurden, dem er die Schuld an seinem schmerzlichsten Verlust gab. Wenn doch nur Lucie hier wäre, wenn er doch sie geliebt hätte und nicht mich.
    »Ich will dich nicht zwingen, mich zu heiraten«, fuhr Henry fort, ohne von ihr eine Antwort zu verlangen, ein Ehrenmann bis zum Schluss.
    Es brach ihr das Herz, zu sehen, wie seines brach. Wieder dachte sie daran, ihr Gesicht an seiner Brust zu vergraben, an das Gefühl der Geborgenheit, das er ihr gegeben hatte. Sie hatte genug von Gefahr, Verletzungen und Leidenschaft. Sie war wütend auf sich selbst. Warum konnte sie Henry nicht lieben?
    »Ich weiß, dass du nicht mit mir zusammen sein willst.«
    Seine Offenheit war ein Schock.
    Da ihr nichts einfiel, was sie sonst tun konnte, fummelte sie am Verschluss des Armreifs herum, und als es ihr endlich gelang, ihn zu öffnen, gab sie den Reif zurück.
    »Es tut mir so leid«, hörte sie sich die leeren Worte sagen, die sie eigentlich nie hatte benutzten wollen. Da sie nichts anderes zu bieten hatte, benutzte sie sie trotzdem, obwohl sie wusste, dass es eine armselige Entschuldigung war.
    Im nächsten Augenblick war er fort und das einzige Geräusch war das leise Plätschern des Brunnens. Sie blieb allein in der Vormittagssonne stehen und sann über Henrys Worte nach. Doch schnell zwang sie sich, diese Gedanken zu verdrängen, denn unwillkürlich spürte sie ein brennendes Gefühl des Scham in sich aufsteigen.
    Sie hatte gerade den Schnee von ihrem roten Mantel geschüttelt und ihn wieder angezogen, als sie aus der Richtung des Kornspeichers Schreie hörte. Sie folgte der Menge, die dorthin strömte und immer größer wurde.

    Bei Tage sah der Kornspeicher ganz anders aus. Sonnenlicht rieselte durch die Ritzen zwischen den Latten und strahlte die Spinnweben an, die zwischen Balken und Stützpfeilern hingen. Pater Auguste stand bei Solomon und dessen Soldaten, die ihre Waffen gezückt hatten. Sie folgte seinem Blick nach oben … und erblickte Claude.
    Er lebte. Doch er hockte zusammengekauert auf einem Dachsparren und zitterte, als wäre er mit unsichtbaren Insekten oder Krebsen bedeckt. Er war offensichtlich tief verstört. Oder besessen. Einer von Solomons Schützen hob die Armbrust.
    Ein Schrei erscholl, und Roxanne kam hereingestürmt und warf sich auf den Schützen, wurde aber sofort von den Soldaten ergriffen.
    »Ne conjugare nobiscum«, flötete der Schütze.
    Valerie zwängte sich durch die Menge und trat neben Roxanne. »Ich habe ihn auf dem Fest gesehen«, rief sie und suchte Solomons Blick. »Es war es nicht. Er kann es nicht gewesen sein. Er ist nicht der Wolf.«
    »Ich

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