Reden ist Silber, Kuessen ist Gold
Armprothese glänzten im Licht.
»Ich wünschte, ich könnte von irgendeiner Braut träumen«, sagte er. »Aber ich träume immer nur vom Irak. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, bin ich wieder da.« Er schaute immer noch die ihm gegenübersitzenden Männer an, doch sein Blick schien nach innen gewandt. »Ich kann es nicht abstellen. Es verfolgt mich. Alles. Und dann wache ich jedes Mal auf und fühle die Schmerzen wieder.« Er warf Mitch einen Blick zu. »Mein Arm hat Feuer gefangen. Die Erinnerung daran kommt immer wieder zurück. Jede Sekunde.«
Mitch schluckte. »Das tut mir leid, Mann«, sagte er.
»Ja? Mir auch.«
Mitch wartete darauf, dass Burt etwas sagen, helfen würde, aber der alte Mann blieb stumm. Endlich sprach der junge Mann, der kaum achtzehn sein konnte. »Hast du schon mal versucht, mit einem Hund zu schlafen?«
Alle starrten ihn an. Sogar Burt schien erstaunt zu sein.
»Cliff, es gibt Dinge, die wir nicht wissen wollen«, sagte einer der Männer.
Der Junge wurde rot. »Nicht so. Ich meine, hol dir ‘nen Hund. Ich habe einen aus dem Tierheim. Eine Hündin. Sie ist immer so fröhlich und glücklich, und manchmal stört mich das, versteht ihr? Aber sie ist immer da. Immer bereit, mir zuzuhören oder mit mir zu spielen. Sie holt mich aus mir heraus. Was ich sagen will: Ein Hund kann helfen. Und nachts rollt er sich neben dir zusammen.« Er zuckte die Schultern.
Ein Mann erwähnte Tai-Chi als Weg, um mit den Schmerzen klarzukommen. Ein anderer sprach von der Energiearbeit, die Mitch auch machte. Keiner sagte etwas davon, sich zu betrinken und es einfach zu vergessen. Und keiner schien anzunehmen, dass sich das Problem von alleine lösen würde.
Die nächste Stunde lang wurden Probleme vorgestellt und Lösungen erörtert. Einige Männer wollten einfach nur reden, was Mitch nicht verstehen konnte, aber vielleicht würde sich das mit der Zeit ändern. Als die Sitzung vorbei war, wartete Joss draußen auf ihn.
»Was denken Sie?«, fragte er. »Werden Sie wiederkommen?«
»Habe ich eine Wahl?«
»Wir alle haben die Wahl. Wir treffen nicht immer die richtige, aber wir haben sie.«
Mitch dachte über die Gruppe nach, darüber, wie verschieden sie alle waren und doch verstanden, dass sie einen wichtigen und realen Teil von sich verloren hatten. »Ich komme wieder«, sagte er.
»Gut.« Joss schob ihm eine Broschüre in die Hand.
»Was ist das?«
»Ein Krisentrainingsseminar. Da lernen Sie, mit Leuten in schwierigen Situationen zu reden. Der Kurs geht über sechs Monate. Am Ende sind Sie zwar kein Therapeut, aber jemand, der weiß, wie man zuhört.«
Mitch ließ die Broschüre fallen, als wäre sie eine tickende Bombe. »Wovon reden Sie da? Ich kann niemandem helfen.«
Joss schaute ihm in die Augen. »Falsch. Sie sind genau die richtige Person, auf die sich jemand, der in einer Krise steckt, verlassen kann. Es ist nicht leicht, und es gibt viele, die nicht gerettet werden können. Aber wenn man jemanden vom Abgrund zurückziehen kann, wenn man sieht, wie er sein Leben wieder aufbaut, dann hat man einen verdammt guten Tag. Wollen Sie nicht auch ein paar gute Tage haben?«
Mitchs Blick wanderte von Joss zu der Broschüre, dann bückte er sich und hob sie auf. »Ich habe heute nichts gesagt«, sagte er. »Ich wollte nicht reden. Wie kommen Sie also darauf, dass ich zuhören will?«
»Ich habe in diesen Dingen ein gutes Bauchgefühl«, grinste Joss. »Das ist Teil meines Charmes. Fragen Sie meine Frau.«
»Ich glaub‘s Ihnen auch so.«
Joss tippte auf die Broschüre. »Denken Sie drüber nach. Der nächste Kurs beginnt in ein paar Monaten. Bis dahin werden die anderen in der Gruppe Ihren Redefluss gar nicht mehr unterbrechen können.«
»Das wird niemals passieren.«
»Ich weiß, aber es ist eine lustige Vorstellung. Sie haben jemanden, der auf Sie aufpasst, Mitch. Das haben nicht viele. Das ist nicht gerecht, aber wir haben die Möglichkeit, es zu ändern - für einen Veteranen nach dem anderen.«
Joss ging zurück in das Zentrum für Physiotherapie. Mitch stieg in seinen Truck und legte die Broschüre auf den Beifahrersitz.
Könnte er jemandem in einer Krise helfen? Wollte er es? Sein erster Impuls war, Skye anzurufen und mit ihr darüber zu reden. Aber er tat es nicht. Sie hatte auch so schon genug um die Ohren.
Joss hatte recht - er hatte Leute, die ihn unterstützten. Hatte Skye die auch? Wer würde sie vor Garths nächstem Angriff schützen? Eine einfache Frage, auf die er die
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