Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei

halte sie hoch.«
    Gehorsam wichen die Anwesenden zurück. Weitere Laternen wurden hochgehalten.
    Der Abt arbeitete fieberhaft, machte Wiederbelebungsversuche, stemmte sich immer wieder auf den Brustkorb der ausgestreckten Gestalt von Matthias.
    Kornblume sprach die eine Frage aus, die allen Anwesenden durch den Kopf ging: »Oh, ehrwürdiger Vater! Lebt er noch? Er scheint sich nicht zu bewegen.«
    Die Otterdame legte ihr eine feuchte Pfote fest um die Schulter. »Ganz ruhig, der Abt tut alles, was in seiner Macht steht. Wir werden schon bald mehr wissen.«
    Bruder Alf bahnte sich einen Weg durch die Menge, er hatte etwas bei sich. »Winifred, einer deiner Otter ist gerade mit diesem Trageriemen und der Schwertscheide aufgetaucht. Er hat sie ganz in der Nähe der Stelle gefunden, wo Matthias gelegen hat.«
    »Bring mir die Sachen her«, sagte Konstanze. »Vielleicht sind sie zu etwas gut, wenn Matthias seine Augen öffnet, man kann nie wissen.«
    Der Abt winkte Kornblume dringlich heran. »Gib mir die Laterne, Kind. Schnell!«
    Er hielt das Glas der Laterne dicht an Matthias’ Nase und Mund. Erleichtert stellte der Abt fest, dass es kaum sichtbar beschlug. »Er lebt! Kornblume, Matthias lebt! Bringt mir Decken, holt eine Trage, wir müssen ihn ins Haus schaffen …«
    Ohne ein weiteres Wort nahm Konstanze Matthias sanft hoch, als wäre er federleicht. Vorsichtig hüllte die große Dächsin den jungen Mäuserich in ihren warmen, rauen Pelz. Die Menge bildete ein Spalier zu beiden Seiten, als sie schnellen Schrittes zum Haus eilte. Laternen schaukelten in der Dunkelheit wie Glühwürmchen, während die große Josefsglocke die freudige, hoffnungsvolle Botschaft in ganz Mossflower verkündete.

 
40
     
    Das Morgengrauen des neuen Tages zeigte sich in einem Schleier sanften Sonnenlichtes. Er breitete sich über das Land aus, bis das Licht plötzlich hervorbrach und den friedlich daliegenden Wald und die Wiesen hell erstrahlen ließ. Blau und Gold mit einem Hauch von Rosa: Jeder Tautropfen verwandelte sich in ein funkelndes Juwel, Spinngewebe wurden zu glitzerndem Filigran, die Vögel zwitscherten, als habe es noch niemals einen so erfrischenden und wunderschönen Morgen wie diesen gegeben.
    Das prachtvolle Naturschauspiel war an Cluny der Geißel völlig verschwendet. Mit seinem guten Auge blinzelte er durch den Rauch der morgendlichen Lagerfeuer zum Himmel hinauf.
    »Puh, heute wird es heiß wie im Backofen werden, aber wenigstens wird es nicht regnen«, murmelte er laut vor sich hin.
    Unter dem ungeduldigen Auge des Kriegsherrn schlangen die Rekruten aus Clunys Horde hastig ihr Frühstück hinunter, bevor sie ihre Waffen zusammensuchten. Als sie zur Schlacht gerüstet waren, stellten sie sich schnell in Reih und Glied auf.
     
    Clunys Waffenmeister legte letzte Hand an die Ausrüstung seines Käptens. Mit der Spitze seiner Standarte gab Cluny seinen Hauptmännern ein Zeichen. Schwarzkralle, Froschblut, Reißzahn, Käseklau, Drecknase und Räudefell nahmen hastig ihre Position ein.
    Bisher hatte Cluny noch keinen neuen Ersten Offizier benannt, er hatte jedoch keinen Zweifel daran gelassen, dass jedes seiner Gefolgstiere, das in der kommenden Schlacht mit herausragenden Leistungen aufwartete, sich seiner sofortigen Beförderung sicher sein konnte. Zapfentöter, das Frettchen, stand neben seinem Käpten und hielt eine Trommel in den Pfoten, die es aus einer alten Regentonne gefertigt hatte. Es hatte sich selbst zum Trommler und Wahrsager ernannt. Das Frettchen beobachtete Cluny aufmerksam; der Käpten hob zu sprechen an. Mit einem Trommelwirbel brachte Zapfentöter die Horde zum Schweigen. Cluny schob das Visier seines Kriegshelmes hoch und ließ seinen Blick über die wartende Horde schweifen.
    »Keine Fehler diesmal!«, brüllte er. »Und es wird auch keinen Rückzug geben! Wir werden ausharren – und wenn wir Redwall belagern müssen. Wir werden standhaft bleiben! Wer auch nur einen Schritt zurück wagt, ist tot. Wer sich weigert, einen Befehl auszuführen, ist tot. Wer dabei erwischt wird, dass er nicht bis zum Äußersten kämpft und Zähne und Klauen mit aller Macht einsetzt, ist ebenfalls tot. Darauf gebe ich euch mein Wort und Cluny die Geißel hat noch nie sein Wort gebrochen. Hört, was ich euch sage! Unsere Gegner sind friedliche Mäuse und einige Waldbewohner aus der Gegend. Besiegt sie und ihr bekommt eine Belohnung, die eure kühnsten Träume noch übersteigt. Unsere Feinde sind keine ausgebildeten