Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei

fertig, als Konstanze kam und sie um einen Gefallen bat. Würde es ihr wohl etwas ausmachen, noch vier Mahlzeiten anzurichten? Drei waren für Familie Wühlmaus, die gerade zurückgekehrt war, und eine besonders große war für Basilius Hirsch Hase. Kornblume tat ihr gern den Gefallen.
    Als sie Basilius beim Essen zusah, weiteten sich ihre Augen vor Erstaunen. Sie hatte noch nie jemanden solch riesige Mengen verschlingen sehen, nicht einmal Konstanze oder Ambrosius Stachel. Sie waren große Esser, aber verglichen mit Basilius Hirsch Hase waren sie richtig gehende Suppenkasper.
    Basilius tupfte sich seinen Mund geziert mit einer Serviette ab. Sein unstillbarer Appetit ging mit einem untadeligen Benehmen einher. Er schwärmte von den Speisen der Abtei und lobte sie in den höchsten Tönen. »Oh, wie ausgezeichnet! Absolut erstklassig! Ich hatte fast vergessen, wie köstlich das gute alte Mittagessen in Redwall sein kann, müsst Ihr wissen. Sagt einmal, meine Liebe, würdet Ihr wohl die Erinnerung eines alten Hasenjunggesellen ein wenig auffrischen? Bitte noch einen Humpen von dem leckeren Oktoberbier und vielleicht eine weitere Portion Eures ausgezeichneten Sommersalates. Ach ja, und dann könnte ich auch noch ein paar Stücke von Pater Hugos Quittentorte vertragen. Delikat! Ähem, vergesst bitte nicht den Ziegenkäse mit den Haselnüssen. Dafür habe ich eine ganz besondere Schwäche. Nun macht Euch auf den Weg, Ihr reizendes Geschöpf. Auf mein Wort, was seid Ihr doch für ein anmutiges junges Feldmausfräulein.«
    Kornblume schickte zwei ihrer Helfer los. Sie mussten einen Umweg gehen, um in die Küche zu gelangen. Abt Mortimer hatte allen den Zutritt zum Großen Saal und zur Wohnhöhle verboten, mit Ausnahme derer, die Matthias und Methusalem behilflich waren.
     
    Unter den wiederentdeckten Stufen warfen zwei Laternen ihre goldenen Lichtkegel in die pechschwarze Dunkelheit. Die beiden Mäuse gingen behutsam die geheime Treppe hinunter. Die Maulwürfe blieben draußen, bereit, jederzeit zu helfen, falls Not am Mann war.
    Die Luft war kühl, aber trocken. Tiefer und immer tiefer gingen die beiden Freunde, bis die Stufen in einen sich nach unten windenden Gang mündeten. Er war mit Sorgfalt gegraben und von Holzbalken gestützt. Matthias unterdrückte ein Schaudern. Seit wann hatte wohl niemand mehr diesen stillen, muffigen Gang beschritten? Er wischte ein paar Spinnweben beiseite, die bei der Berührung zu Staub zerfielen. Methusalem hielt sich an seiner Kutte fest. Erst gingen sie nach links, dann nach rechts, dann wieder linksherum, dann noch einmal nach links, dann wieder nach rechts. Methusalems Stimme klang hohl und unheimlich: »Der Gang ist wahrscheinlich so gegraben worden, damit er möglichst haltbar ist. Ist es dir aufgefallen, Matthias? Wir scheinen immer noch abwärts zu gehen.«
    »Ja, wir müssten jetzt bald unter den Grundmauern der Abtei sein«, antwortete Matthias.
    Die Freunde eilten weiter. Sie konnten gar nicht mehr genau sagen, wie lange sie dem Verlauf dieses uralten sich windenden Ganges gefolgt waren. Methusalem war ein Stück vorausgegangen. Jetzt blieb er stehen.
    »Aha, sieht so aus, als ob wir am Ende angekommen wären«, sagte er mit piepsiger Stimme.
    Er stand vor einer Tür.
    Sie untersuchten sie. Die Tür war aus massivem Holz, in Eisen eingefasst und mit Florindornen versehen. Die Tür schien nicht verschlossen zu sein und dennoch ließ sie sich keinen Millimeter bewegen.
    Matthias hielt seine Laterne hoch. »Schaut mal, auf dem Türstock steht irgendetwas geschrieben.«
    Methusalem las es laut vor:
     
    »Im Saal die Stufen den Weg dir wiesen,
    die Mitte ist wichtig, du hast es gehört.
    Und Redwall als Losung sei wieder gepriesen,
    mit hatas, nur dir wird der Eintritt gewährt.«
     
    Der Mäusegreis konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. »Pah! Und das, nachdem ich dir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden habe, nachdem ich stundenlang geforscht und kostbare Zeit damit verbracht habe. Das ist nicht fair!«
    Seine Worte stießen auf taube Ohren. Matthias war bereits dabei, die Florindornen zu zählen, die in die Tür getrieben worden waren.
    Methusalem spielte den Gleichgültigen, aber seine angeborene Neugier war stärker als die Kränkung darüber, dass ihm der Zutritt nicht erlaubt war.
    »Brauchst du vielleicht Hilfe, junger Mäuserich?«
    »Zweiundvierzig, dreiundvierzig, schsch! Seht Ihr nicht, dass ich versuche zu zählen?«, kam die Antwort.
    Der alte Pförtner