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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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durchkommen.«
    Sie hatte die Schwester auf der Unfallstation, die sie kannte, dazu gebracht, ein paar Stellen in meinem Gesicht zu nähen. Mit dem Ergebnis, daß es sich jetzt noch steifer anfühlte als zuvor.
    »Wenn er stirbt …«
    »Er wird nicht sterben«, sagte Harolds Frau.
     
    Der Inspektor rief an, um mir mitzuteilen, daß ich in mein Haus zurückkönne, aber nicht in die Dunkelkammer; die Polizei hatte sie versiegelt.
    Ich wanderte langsam durch mein Haus und fühlte mich in keiner Weise wohl. Körperlich elend, moralisch am Boden zerstört, bis zum Hals in Schuld verstrickt.
    Überall sah man Spuren der polizeilichen Durchsuchung. War wohl nicht weiter wunderlich. Die paar Abzüge, die ich noch von Georges Briefen hatte, waren ihnen nicht in die Hände geraten, sie waren im Auto eingeschlossen. Die Schachtel mit den scheinbar leeren Negativen, die auf der Anrichte in der Küche stand, hatten sie nicht durchwühlt.
    Die Schachtel …
    Ich öffnete sie. Neben den Rätseln, die ich gelöst hatte, enthielt sie das eine, das ich noch nicht gelöst hatte.
    Den schwarzen lichtundurchlässigen Umschlag mit dem Ding, das aussah wie durchsichtige Plastikfolie, und zwei unbenutzte Blätter Schreibmaschinenpapier.
    Vielleicht … dachte ich … Vielleicht war hier der Grund für den Gasanschlag zu finden.
    Aber was … was hatte ich da?
    Es half nichts, dachte ich, ich mußte es herausfinden … und zwar ziemlich schnell, bevor wer auch immer den nächsten Versuch startete, mich umzubringen, und Erfolg hatte.

18
    Ich erbat mir für eine weitere Nacht ein Bett bei Harolds Frau und rief am nächsten Morgen wieder im Krankenhaus in Swindon an.
    Jeremy war am Leben. Keine Änderung.
    Ich saß in Harolds Küche und trank Kaffee, geradezu selbstmörderisch deprimiert.
    Harold ging etwa zum zehnten Mal an diesem Vormittag an sein klingelndes Telefon, und übergab mir den Hörer.
    »Diesmal ist es kein Besitzer«, sagte er. »Es ist für dich.«
    Es war Jeremys Vater. Mir wurde schummrig.
    »Wir wollten es Ihnen mitteilen … er ist aufgewacht.«
    »Oh …«
    »Er wird immer noch künstlich beatmet. Aber sie sagen, daß er über den Berg ist, weil er so lange durchgehalten hat. Es geht ihm immer noch sehr schlecht … aber sie sagen, daß er durchkommen wird. Wir dachten, Sie sollten es wissen.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich.
    Die Erlösung war fast noch schwerer zu ertragen als die Furcht. Ich gab Harold den Hörer, sagte ihm, daß es aufwärts gehe mit Jeremy, und ging auf den Hof hinaus, um nach den Pferden zu sehen. An der frischen Luft verschlug es mir fast den Atem. Von Erleichterung überwältigt. Ich stand im Wind, wartete darauf, daß sich der innere Sturm legte, und verspürte nach und nach ein ungeheures Gefühl der Befreiung. Ich war buchstäblich befreit worden. Befreit von einer lebenslänglichen Strafe. Jeremy, du Mistkerl, dachte ich, mir so einen Schrecken einzujagen.
     
    Clare rief an.
    »Es geht ihm besser. Er ist aufgewacht«, sagte ich.
    »Gott sei Dank.«
    »Darf ich dich um einen Gefallen bitten?« sagte ich. »Kann ich mich für ein, zwei Tage bei Samantha einquartieren?«
    »Wie in alten Tagen?«
    »Bis Samstag.«
    Sie verschluckte ein Lachen. Warum nicht, meinte sie, und wann ich denn kommen wolle.
    »Heute abend«, sagte ich, »wenn’s geht.«
    »Wir erwarten dich zum Abendessen.«
     
    Harold wollte wissen, wann ich meiner Meinung nach wieder einsatzbereit war.
    »Ich werde mich in der Unfallklinik in London behandeln lassen«, sagte ich. »Samstag stehe ich wieder zur Verfügung.«
    »So siehst du aber gar nicht aus.«
    »In vier Tagen bin ich wieder fit.«
    »Dann klemm dich mal dahinter.«
    Zum Autofahren fühlte ich mich beileibe nicht fit, aber es war immer noch besser, als allein in meinem Haus zu übernachten. Ich packte das Nötigste zusammen, holte Georges Abfallschachtel aus der Küche und machte mich nach Chiswick auf den Weg, wo man mich trotz meiner Sonnenbrille mit Entsetzen begrüßte. Dunkelblaue Flecken, genähte Rißwunden, Dreitagebart. Nicht gerade ein berauschender Anblick.
    »Es ist ja schlimmer geworden«, sagte Clare, mich aus der Nähe betrachtend.
    »Sieht schlimmer aus, aber fühlt sich besser an.« Ein Glück, daß sie sonst nichts von mir sehen konnte. An meinem ganzen Unterleib zeigten sich die dunkelblauen Spuren der inneren Blutungen. Die Verletzung, die meiner Schätzung nach die Krämpfe verursacht hatte.
    Samantha machte sich Sorgen. »Clare hat erzählt,

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