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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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daß jemand Sie verprügelt hat … aber ich hätte nie gedacht …«
    »Ich kann gern woanders hingehen«, sagte ich.
    »Seien Sie nicht albern. Setzen Sie sich. Das Abendessen ist fertig.«
    Sie redeten nicht viel und erwarteten offenbar auch nicht, daß ich es tat. Ich war keine angenehme Gesellschaft. Zu sehr geschwächt. Beim Kaffee fragte ich, ob ich in Swindon anrufen könne.
    »Jeremy?« sagte Clare. Ich nickte.
    »Ich mach das. Sag mir die Nummer.«
    Ich sagte sie ihr, und sie rief an und fragte nach.
    »Wird immer noch künstlich beatmet«, sagte sie, »aber es geht weiter bergauf.«
    »Wenn Sie müde sind, gehen Sie ins Bett«, sagte Samantha ruhig.
    »Na ja …«
    Beide kamen mit nach oben. Ich ging automatisch, ohne nachzudenken, in das kleine Schlafzimmer neben der Badezimmertür.
    Beide lachten. »Wir haben uns gefragt, ob Sie das tun würden«, sagte Samantha.
     
    Clare ging zur Arbeit, und ich döste fast den ganzen Mittwoch in dem schaukelnden Korbsessel in der Küche vor mich hin. Samantha kam und ging, am Vormittag zu ihrem Halbtagsjob, am Nachmittag zum Einkaufen. Ich wartete in überaus friedlicher Stimmung darauf, daß die Energie in meinen Verstand und meine Glieder zurückkehrte, und fand, daß ich Glück hatte, daß mir so ein Tag zur Regeneration vergönnt war.
    Am Donnerstag hatte ich zwei lange Behandlungen in der Unfallklinik, Elektrotherapie, Massage und allgemeine Physiotherapie, und vereinbarte zwei weitere Termine für Freitag.
    Zwischen den Behandlungen am Donnerstag rief ich bei vier Fotografen und einem Bekannten an, der für eine Fachzeitschrift arbeitete, und fand keinen, der wußte, wie man aus Plastikfolie oder Schreibmaschinenpapier Bilder herausholen konnte. Frag mich was Leichteres, alter Knabe, meinte der Fachjournalist müde.
    Als ich nach Chiswick zurückkam, stand die Sonne niedrig am winterlichen Horizont, und Samantha putzte in der Küche die Scheiben der großen Flügeltür.
    »Sie sehen immer so schmutzig aus, wenn die Sonne draufscheint«, sagte sie, während sie emsig mit einem Tuch hantierte. »Tut mir leid, wenn’s kalt ist, aber ich brauche nicht mehr lange.«
    Ich setzte mich in den Korbstuhl und sah zu, wie sie das flüssige Reinigungsmittel aus einer weißen Plastikflasche spritzte. Sie machte die Flügeltür von außen fertig, kam herein, zog sie hinter sich zu und schloß die Riegel. Die Plastikflasche stand auf dem Tisch neben ihr.
    AJAX stand in großen Buchstaben darauf.
    Ich starrte stirnrunzelnd auf die Schrift und versuchte, mich zu erinnern, wo ich das Wort Ajax gehört hatte.
    Ich erhob mich aus dem schaukelnden Sessel, um die Flasche aus der Nähe zu betrachten. ›Ajax Fensterreiniger‹ stand in kleineren, roten Buchstaben auf dem weißen Plastik. Mit Ammoniak. Ich nahm die Flasche in die Hand und schüttelte sie. Flüssig. Ich hielt sie mir unter die Nase und schnupperte daran. Seifig. Süß parfümiert. Nicht ätzend.
    »Was ist los?« sagte Samantha. »Was schauen Sie sich da an?«
    »Diesen Reiniger …«
    »Was ist damit?«
    »Warum würde ein Mann seine Frau beauftragen, ihm Ajax zu besorgen?«
    »Was für eine Frage«, sagte Samantha. »Keine Ahnung.«
    »Sie hatte auch keine Ahnung«, sagte ich. »Sie wußte nicht, warum.«
    Samantha nahm mir die Flasche aus der Hand und fuhr mit ihrer Arbeit fort. »Man kann damit jedes Glas reinigen«, sagte sie. »Badezimmerkacheln, Spiegel. Ziemlich nützliches Zeug.«
    Ich ging zu dem Korbsessel zurück und schwang mich sachte darin hin und her. Samantha warf mir lächelnd einen Seitenblick zu.
    »Vor zwei Tagen haben Sie wie der Tod ausgesehen«, sagte sie.
    »Und jetzt?«
    »Jetzt würde man sich’s zweimal überlegen, bevor man den Leichenbestatter ruft.«
    »Morgen rasiere ich mich«, sagte ich.
    »Wer hat Sie verprügelt?« sagte sie beiläufig. Ihr Blick und ihre Aufmerksamkeit galten dem Fenster. Trotzdem war die Frage ernst gemeint. Sie wollte nicht mit einer knappen Antwort abgespeist werden, es ging um ihr persönliches Engagement in der Sache. Sie erwartete eine Art Gegenleistung für die Zuflucht, die sie mir ohne zu fragen gewährt hatte. Wenn ich es ihr nicht erzählte, würde sie mich nicht drängen. Aber wenn ich es ihr nicht erzählte, war unsere Beziehung an ihren Grenzen angelangt.
    Was wollte ich in dem Haus, dachte ich, in dem ich mich zunehmend zu Hause fühlte. Ich hatte nie eine Familie gewollt, Menschen, die immer nah waren, Beständigkeit. Ich hatte keine liebevollen

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