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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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darf nicht naß werden. Nur mit Dampf in Berührung kommen.«
    »Möchten Sie vielleicht Champagner zum Mittagessen?« fragte ich zögernd.
     
    Ich kehrte gegen sechs Uhr mit einem billigen Topf und zwei Flaschen Ajax zu Samanthas Haus zurück. Meine Oberlippe war betäubt, und ein paar Muskeln waren durch Drücken, Kneten und Trainieren bis zu einem gewissen Grade wiederbelebt. Außerdem war ich todmüde, kein gutes Vorzeichen für den nächsten Tag, wo ich wieder fit sein mußte, weil laut Harolds telefonischer Benachrichtigung in Sandown Park zwei Pferde meiner Dienste harrten.
    Samantha war ausgegangen. Clare, die ihre Arbeit auf dem ganzen Küchentisch ausgebreitet hatte, unterzog mich einer raschen abschätzenden Musterung und schlug einen doppelten Brandy vor.
    »Er ist im Schrank neben Salz, Mehl und Gewürzen. Brandy zum Kochen. Schenk mir bitte auch einen ein.«
    Ich setzte mich eine Weile zu ihr an den Tisch, nippte hübsch artig an dem widerlichen Zeug und fühlte mich danach erheblich besser. Ihr dunkler Kopf war über das Buch gebeugt, an dem sie arbeitete. Die fähige Hand griff dann und wann nach dem Glas, ihre Gedanken waren ganz bei der Arbeit.
    »Würdest du gern mit mir zusammenleben?« sagte ich.
    »Hast du gefragt …?«
    Sie sah zerstreut auf und runzelte fragend die Stirn.
    »Ja, genau das«, sagte ich. »Willst du mit mir zusammenleben?«
    Sie wandte endlich die Aufmerksamkeit von ihrer Arbeit ab. Mit einem Lächeln in den Augen sagte sie: »Ist das eine akademische Frage oder ein ernstgemeintes Angebot?«
    »Ein Angebot.«
    »Ich könnte nicht in Lambourn wohnen«, sagte sie. »Zu weit zum Pendeln. Du könntest nicht hier wohnen … zu weit weg von den Pferden.«
    »Irgendwo in der Mitte.«
    Sie sah mich fragend an. »Ist das wirklich dein Ernst?«
    »Ja.«
    »Aber wir haben doch …«, sie stockte, und es war klar, was sie meinte.
    »Noch nicht zusammen geschlafen.«
    »Na ja …«
    »Prinzipiell«, sagte ich. »Was hältst du davon?«
    Um Zeit zu gewinnen, nippte sie an ihrem Glas. Ich hatte das Gefühl, eine halbe Ewigkeit zu warten.
    »Man sollte es auf einen Versuch ankommen lassen«, sagte sie schließlich.
    Ich lächelte zutiefst befriedigt.
    »Schau nicht so selbstgefällig drein«, sagte sie. »Trink deinen Brandy, ich mache inzwischen mein Buch fertig.«
    Sie senkte wieder den Kopf, kam aber nicht weit mit Lesen.
    »Es hat keinen Sinn«, sagte sie. »Wie soll ich hier arbeiten …? Komm, wir machen uns was zu essen.«
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis wir die gefrorenen Fischfilets fertig hatten, weil ich ihr beim Kochen die Arme um die Taille legte und mein Kinn auf ihrem Haar ruhte. Ich schmeckte nichts von dem Zeug, als wir aßen. Mein Kopf schwebte in den Wolken. Ich hatte tief im Innern nicht zu hoffen gewagt, daß sie ja sagte, und ich hatte schon gar nicht erwartet, daß mich nach ihrer Einwilligung eine so unglaubliche Abenteuerlust packen würde. Jemanden zu lieben, erschien mir nicht länger als Belastung, die man vermeiden mußte, sondern als Privileg.
    Erstaunlich, dachte ich benebelt, das Ganze ist erstaunlich. War es das, was Lord White für Dana den Relgan empfunden hatte?
    »Wann kommt Samantha zurück?« sagte ich.
    Clare schüttelte den Kopf. »Zu früh.«
    »Kommst du morgen mit mir mit?« sagte ich. »Zur Rennbahn … und dann bleiben wir irgendwo über Nacht?«
    »Ja.«
    »Samantha hat nichts dagegen?«
    Sie warf mir einen amüsierten Blick zu. »Nein, ich glaube kaum.«
    »Warum lachst du?«
    »Sie ist ins Kino gegangen. Ich hab sie gefragt, warum sie ausgerechnet an deinem letzten Abend hier gehen wollte. Sie hat gesagt, daß sie den Film unbedingt sehen wollte. Ich fand’s komisch … Sie hat mehr begriffen als ich.«
    »Mein Gott«, sagte ich. »Frauen.«
     
    Während sie erneut versuchte, ihre Arbeit zu beenden, holte ich die Abfallschachtel und nahm den schwarzen lichtundurchlässigen Umschlag heraus.
    Ich borgte mir ein flaches Glasgefäß aus dem Schrank. Nahm das Stück Plastikfilm aus dem Umschlag, legte es in das Gefäß. Dann goß ich sofort ›Ajax flüssig‹ darüber. Hielt den Atem an.
    In Null Komma nichts wurden dunkle braunrote Linien sichtbar. Ich schwenkte das Gefäß, damit sich die Flüssigkeit über die gesamte Oberfläche der Plastikfolie verteilte, darauf bedacht, daß aller Farbstoff, der noch übrig war, mit dem Ammoniak in Berührung kam, bevor das Licht ihn wegbleichte.
    Es war keine technische Zeichnung, sondern ein

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