Reflex
anhaltendes, ausdrucksloses Starren.
Coral Key war ein Sonderfall unter Victor Briggs’ Pferden ein sechs Jahre alter Neuling auf der Hindernisbahn, aus der Jagdreiterei herausgekauft, als er anfing, bei Geländeritten vielversprechende Leistungen zu zeigen. In der Vergangenheit hatten große Pferde wie Oxo und Ben Nevis einmal so angefangen, beide hatten das Grand National gewonnen, und wenn auch Coral Key diese Spitzenklasse nie erreichen würde, hatte ich doch den Eindruck, daß auch ihm eine vielversprechende Zukunft bevorstand. Ich würde ihm den Anfang seiner Karriere auf keinen Fall verpfuschen, egal was für Anweisungen ich bekam. Ich dachte mir – und brachte das wohl auch durch mein Verhalten zum Ausdruck –, daß sein Besitzer es bloß nicht wagen sollte, mir zu sagen, daß das Pferd nicht gewinnen sollte.
Er sagte es nicht. Er sagte überhaupt nichts. Er beobachtete mich, ohne mit der Wimper zu zucken, und hielt den Mund.
Harold wuselte herum, als könnte allein Bewegung die gespannte Atmosphäre zwischen seinem Besitzer und seinem Jockey lockern. Und ich saß auf und ritt zum Start und hatte dabei das Gefühl, mich in einem stark aufgeladenen elektrischen Feld zu bewegen.
Ein Funke … eine Explosion … stand im Raum. Harold spürte es. Harold war bis in die Tiefen seiner eigenen explosiven Seele beunruhigt.
Es konnte das letzte Rennen werden, das ich für Victor Briggs ritt. Ich stellte mich am Start auf und dachte, daß es nicht gut war, sich solche Gedanken zu machen, daß ich mich einzig und allein auf das bevorstehende Rennen konzentrieren sollte.
Ein kalter, windiger, wolkiger Tag. Gutes Geläuf. Sieben andere Pferde, keines davon Spitzenklasse. Wenn Coral Key so sprang, wie ich ihn zu Hause geschult hatte, hatte er eine gute Chance.
Ich rückte mir die Schutzbrille vor den Augen zurecht und ergriff die Zügel.
»Bereit machen zum Start, Jockeys«, sagte der Starter.
Die Pferde bewegten sich langsam in einer Reihe auf die Bänder zu und beschleunigten, als das Tor aufflog, mit der geballten Kraft der Hinterhand. Dreizehn Hindernisse; zwei Meilen. Es würde sich bald herausstellen, dachte ich kläglich, ob ich doch noch nicht fit war.
Wichtig, ihn dazu zu bringen, daß er gut sprang, dachte ich. Darin lag meine größte Stärke. Es machte mir am meisten Spaß. Sieben Hindernisse folgten dicht hintereinander am anderen Ende der Bahn … Wenn man das erste genau richtig traf, paßten sie alle, ritt man es aber mit gezogener Handbremse an, lief es oft auf sieben verpatzte Sprünge und etliche Längen Rückstand hinaus.
Nach dem Start kamen zwei Hindernisse, dann die Steigung an der Tribüne vorbei, dann der obere Bogen, dann das Hindernis auf dem Gefälle, wo ich von Daylight abgestiegen war. Kein Problem auf Coral Key, er schaffte es spielend. Dann der Bogen zu den sieben tückischen Hindernissen, und wenn ich eine Länge verlor, um Coral Key in die richtige Position für das erste zu bringen, hatte ich nach dem siebten zehn gewonnen.
Noch war nichts entschieden; in dem langen unteren Bogen lag Coral Key auf dem zweiten Platz, legte eine Verschnaufpause ein. Noch drei Hindernisse … und die lange Steigung zum Ziel.
Zwischen den letzten beiden Hindernissen holte ich den Führenden ein. Wir sprangen nebeneinander über das letzte Hindernis, nichts zwischen uns. Jagten die Steigung hinauf, streckten uns, flogen … ich gab mein Bestes.
Das andere Pferd gewann mit zwei Längen.
Harold sagte ein bißchen besorgt: »Er ist gut gelaufen«, und klopfte Coral Key auf dem Absattelplatz den Hals; und Victor Briggs sagte nichts.
Ich zog den Sattel herunter und ging zum Zurückwiegen. Ich sah keine Möglichkeit, wie ich das Rennen hätte gewinnen können. Das andere Pferd war mit meiner Herausforderung fertig geworden. Es war stärker gewesen als Coral Key, und schneller. Ich hatte mich nicht schwach gefühlt. Ich hatte nichts durch Springfehler verschenkt. Ich hatte bloß nicht gewonnen.
Ich hätte für mein Gespräch mit Victor Briggs eine starke Position gebraucht, und ich hatte sie nicht bekommen.
Wenn dir das Leben die Zähne einschlägt, leg dir Kronen zu.
Ich gewann das andere Rennen, das für mich nicht so wichtig war, wohl aber für die Besitzer, ein munteres Quartett von Geschäftsleuten.
»Verdammt gute Leistung«, sagten sie strahlend. »Verdammt gut geritten.«
Ich sah Victor Briggs aus zehn Schritt Entfernung zuschauen, mit starrem, unheilvollem Blick. Ich fragte mich, ob er
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