Regenbogen-Welt (German Edition)
hatten.
„Wir müssen einen Tag der Reinigung einlegen”, schlug Uhura vor.
Shirkan und Azaa nickten zustimmend. „Das ist eine gute Idee.“
Nicht weit von ihrem Nachtplatz plätscherte eine warme Quelle.
Dort machten die Freunde am nächsten Morgen Halt. Uhura deutete auf das Wasser,
das glasklar aus einem Felsen schoss. „Das ist To sido, die heiße Quelle. Setzt
euch hinein und lasst die wohltuende Wärme des Wassers auf euch wirken.
Entspannt euch, schaltet eure Gedanken aus und vergesst, was ihr in den letzten
Tagen erlebt habt.”
Als wenn das so einfach wäre, dachte Saha, als sie in das Wasser
stieg. Dennoch lehnte sie sich gehorsam zurück, schloss die Augen und ließ das
entspannende Nass über sich fließen.
„Jetzt weiß ich, warum Wasser das ‚Elixier des Lebens‘ genannt
wird.” Barb tauchte neben Saha auf. Sie legte sich so dicht neben die Freundin,
dass sich ihre Körper berührten. Es tat gut, jemandem neben sich zu spüren, der
die eigenen Empfindungen teilte. Ishtar regte sich auf der anderen Seite. Er
hielt allerdings einen gebührenden Abstand. Aber seine Blicke ließen Saha keine
Sekunde los. Gerade als ihr Geist schwer wurde und absacken wollte, hüpfte
Hazee in das Wasser. Wie immer ging sie alles andere als manierlich dabei vor.
Lachend sprang sie umher und spritzte mit ihren zierlichen Pfotenhänden kleine
Wasserfontänen in die Gesichter der Freunde.
„Hazee, lass das!”, rief Barb empört und zog das Eichhörnchen an
ihre Seite. „Setz dich hin und benimm dich!”
„Spielverderber.” Hazee kicherte. Setzte sich dann aber ruhig neben
sie.
Als alle, selbst Shash, mit geschlossenen Augen in einem Kreis
versammelt saßen, veränderte sich die Beschaffenheit des Wassers. Es wurde eine
Spur wärmer und weicher. Sein Gurgeln nahm an Intensität zu. Und bald meinte
Saha ein Flüstern zu vernehmen. Sie wollte die Augen öffnen, aber es war ihr
unmöglich. Ihre Lider waren bleischwer. Wogen Zentner. Das Wasser wirbelte um
den Kreis, den die unterschiedlichen Körper bildeten. Zog immer schnellere
Bahnen. Machte aus Saha und ihren Freunden eins. Sie trieben dahin im
Gleichklang des Rhythmus des Lebenselixiers. Es war wie ein Ritual, eine
Zeremonie. Nicht nur eine äußerliche, sondern auch innerliche Reinigung.
Plötzlich wusste Saha, dass die Götter ihnen nicht mehr gram gestimmt waren.
Und das war ein wundervolles Gefühl.
Sie hatten Stunden in dem Wasser der heißen Quelle gesessen und
genossen, wie To sido ihnen neue Lebensgeister einhauchte. Neue Kräfte in ihnen
weckte und das Gefühl des Schmutzes von ihnen wusch. Wie neugeboren hüpften und
krochen sie an das Ufer und trockneten sich in der Sonne. Niemand sagte ein
Wort, aber alle wussten, dass sie von nun an eine Einheit bildeten.
So fuhren sie auch alle gleichzeitig herum, als es im Unterholz
hinter ihnen verdächtig knackte.
Biih wirkte auf Saha, als sie ihn zum ersten Mal erblickte, wie
eine vierfüßige Bestie mit Hörnern, die einem Hirschgeweih ähnlich sahen, wie
Uhura einwarf. Was immer auch das war. Aber es machte das Geschöpf bedrohlich.
Sein Furcht einflößendes Gebrüll, das zornige Stampfen seiner Hufe und die
Hörner, die tiefe Löcher in den Boden rissen, bestätigten ihre Annahme noch,
als er mit Brachialgewalt aus dem Wald drang
„So ein Angeber”, flüsterte Hazee.
„Das kann man wohl sagen”, bestätigte Barb.
Das Gebrüll verstummte abrupt. Der Ausdruck in den dunklen Augen
des Tieres wurden sanfter. Wie der gesamte Gesichtsausdruck.
„Warum schreist du hier so herum?”, fragte Ishtar mutig, brachte
sich aber vorsichtshalber mit ein paar raschen Flügelschlägen aus der
Gefahrenzone.
„Das ist Biih”, wisperte Azaa ihnen zu.
„Biih ist also dein Name. Wie schön”, fuhr Ishtar fort. Er hatte
sich in der Zwischenzeit auf einem Strauch in Sicherheit gebracht. „Du hast
meine Frage noch nicht beantwortet, warum du hier wie ein wildgewordener Irrer
durch die Gegend rennst und dir die Lunge aus dem Leib brüllst.”
„Ich habe nur ihn gesehen”, sagte Biih und deutete auf Shash.
„Bären sind nicht gerade ungefährlich.”
Shash rollte mit den Augen. „Seht ihr”, beschwerte er sich.
„Schon wieder diese Vorurteile. Wir Bären können machen, was wir wollen, wir
sind und bleiben verschrien.” Er näherte sich Biih, der ängstlich einen Schritt
zurückwich. „Hör zu, mein Guter, ich bin nicht dieses Monster, für das du mich
anscheinend hältst. Du hast von
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