Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Regenbogen-Welt (German Edition)

Regenbogen-Welt (German Edition)

Titel: Regenbogen-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
Vom Netzwerk:
befahl
die Spinnen-Frau.
    Sie weiß etwas und verheimlicht es uns, durchzuckte es Saha.
„Warum so eilig, Azaa?”, fragte sie ironisch. „Du hast doch nicht etwa Angst
vor ein paar Steinfiguren?”
    „Vor denen nicht. Aber vor denen, die dahinterstecken”, hielt
Azaa ihr ruhig entgegen. „Und glaube mir, du möchtest sie nicht kennen lernen,
Saha.”
    „Warum?“, bohrte die weiter.
    Azaa seufzte und sah Uhura an. „Ist sie immer so?”
    Die Eule nickte und verzog das Gesicht zu einem flüchtigen
Lächeln.
    „Was ist nun?”, drängte Saha ungeduldig. „Erklärst du es mir?”
    „Aber sicher. Dir und den Anderen.” Azaa trippelte mit ihren
Beinen synchron und anmutig auf der Stelle. Sie war nervös. Das sah man ihr
deutlich an. Sehr nervös. „DRAGUIGNAN war die Hauptstadt des Drachenlandes VAR.
Ihr König Ludovic, der Grausame, war mit Zerstörung, Mord und Totschlag schnell
bei der Hand. Er ging mit den Drachen einen Pakt ein: Sie stellten ihre Kraft
und mystische Macht in seinen Dienst und erhielten dafür jedes Jahr zehn
Jungfrauen. Mit denen ...” Azaa schüttelte sich.
    Saha wusste längst, was die Spinnen-Frau sagen wollte. „Sie haben
sich mit ihnen gepaart?”, fragte sie und fühlte Ekel in sich aufsteigen. Uhura
hatte ihr die anatomische Beschaffenheit der menschlichen Rasse erklärt. Oft
genug, sodass sich Saha mit einem flüchtigen Blick auf die Steindrachen lebhaft
vorstellen konnte, welche Qualen die jungen Menschen-Frauen ausgestanden haben
mussten.
    Azaa nickte. „Daraus entstanden die Mutanten. Es war wirklich das
Werk des Teufels, denn die Mutanten waren noch grausamer als die Menschen oder
Drachen. Die schlechten Gene beider Rassen vereinten sich in ihnen. Daher war
diese Stadt die erste, die unterging. Sie hatte ihre Blütezeit im dreizehnten
Jahrhundert der irdischen Zeitrechnung, aber sie hat sich gottlob nicht
gehalten. Ihre ketzerische Kultur ging unter ... wenngleich man sagt, dass der
Drachengott noch immer sein Unwesen treiben soll. Das ist wohl auch der Grund
dafür, warum der ... der Große Geist DRAGUIGNAN in die Zweite Welt geschafft
hat. Hier steht sie unter der Kontrolle der hohen Gottheiten. Und das ist gut so.”
    Saha musste das alles erst einmal verarbeiten. Auch wenn ihr
einige Begriffe, wie etwa „Teufel“,  nichts sagten, wusste Azaas Geschichte ihr
doch zu imponieren.
    Aber Azaa ließ Saha nicht viel Zeit, über den Drachenkönig
Ludovic nachzudenken. Sie drängte zum Aufbruch. „Es ist besser, wenn wir
weiterziehen. Ich habe kein gutes Gefühl. Hier liegt irgendetwas in der Luft
...”
    Saha gab ihr insgeheim Recht. Die Götter hatten sie zwar bisher
auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen, aber das war nichts gegen das,
was von den Ruinen von DRAGUIGNAN ausging. Etwas abgrundtief Böses, wie der
Schwefelhauch der Unterwelt, lag in der Luft.
    Ishtar sirrte an Saha und Barb vorbei. „Azaa hat Recht”, rief er.
“Lasst uns weitergehen!”
     

     
    Sie folgten jetzt immer der Küste. Das Meer gurgelte melodisch
neben ihnen. Shash stapfte vorweg und Azaa bildete die Nachhut. Saha konnte die
Gedanken an den Drachenkönig nicht verdrängen. Drachen waren ihr bisher nur aus
den Schilderungen der Alten ein Begriff gewesen. Aber die steinernen Figuren
hatten ihre Vorstellungen weit übertroffen. Diese Kraft, dachte sie, diese
ungeheure Kraft. Das war schon beeindruckend. Aber gleichzeitig auch
beängstigend. Vor allem wenn sie missbraucht wurde. Die Vorstellung steigerte
Sahas Unruhe noch. Sie fühlte, dass es Zeit wurde, die Zweite Welt zu verlassen
und in die Dritte Welt aufzusteigen, sich zumindest möglichst weit von der
Drachenstadt zu entfernen. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben war ihr vor
Augen geführt worden, wozu Macht fähig war, wenn sie nicht nutzbringend
angewandt wurde. Wenn sie missbraucht wurde.
     

     
    Als sie ein geeignetes Nachtlager fanden, dachte Saha, dass sie
niemals schlafen könne. Und richtig. Sie hörte zwar die regelmäßigen Atemzüge
ihrer Freunde neben sich, aber ihr eigener Geist sackte nicht ab. So stand sie
leise auf und entfernte sich von dem Schlafplatz, ging nah an das Ufer des
Ozeans heran. Blickte in die kleinen Wasserwirbel, die sich in quirligen
Kreisen drehten. Dann schaltete sie ihre Gedanken aus. Ließ ihre Seele baumeln.
Und plötzlich überfiel sie große Müdigkeit. Die Müdigkeit, die sie noch vor
wenigen Minuten nicht verspürt hatte. Die Stille der Natur legte sich wie eine
Daunendecke über sie.

Weitere Kostenlose Bücher