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Regenbogen-Welt (German Edition)

Regenbogen-Welt (German Edition)

Titel: Regenbogen-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Wandlung war.
    Krampfhaft versuchte sich Saha an Imans Worte zu erinnern. Und
ebenso krampfhaft bemühte sie sich, ihr Herz sprechen zu lassen. Es gelang ihr
nicht.
    Gesang ertönte.
    Lieblicher, als Saha jemals zuvor gehört hatte.
    Er rührte nicht aus Vogelkehlen. War andersartig, aber ebenso
zart. Dennoch nicht zuzuordnen. Saha konnte die Quelle der heiteren Tonfolgen
nicht orten. Sie dachte auch nicht weiter darüber nach, sondern folgte dem
melodiösen Locken. Setzte Fuß vor Fuß und folgte der gesungenen Einladung.
    Doch wohin? Und zu wem?
    Saha drehte sich herum. Die gespenstische Ansammlung der
Totempfähle war durch die Entfernung winzig klein geworden und sah weniger
bedrohlich aus. Sie war weiter gegangen, als sie gedacht hatte. Der Gesang
wurde lauter und eindringlicher und ließ sie wieder herumfahren.
    Saha hatte einen Garten erreicht. Er ähnelte der Wildblumenwiese
der Ersten Welt, auf der sie als Kind ausgelassen herumgetollt war. Soweit sie
sich noch daran erinnern konnte. Seine wilde, unbeschnittene Pracht trieb ihr
die Tränen in die Augen, so schön war der Anblick. Eine Woge der Erinnerungen
rollte über sie hinweg. Beschleunigte ihren Schritt. Der Gesang wurde von
seichtem Geplätscher begleitet. Dann erblickte Saha den Urheber der
wohltönenden Musik.
    Ein schlankhalsiger Purpurschwan sang ein Lied, das tief in ihr
Herz drang. Er schwamm majestätisch auf einem kleinen, künstlichen Teich. Sein
Gesang wurde drängender. Sahas Herz schwerer. Sie spürte den unwiderstehlichen
Drang, dem stolzen Tier zu folgen. So wie Barb dem Ruf des Totemgeistes gefolgt
war. Hypnotisiert durch die Tonfolgen, die tief in sie eindrangen, erhob sich
Saha und ging mit hölzernen Schritten auf den Teich zu. Sie hatte nur noch den
Wunsch, sich mit dem edlen Schwan über das spiegelglatte Wasser zu bewegen.
    Eine Hand, die aus dem Nichts erwuchs, hielt sie in dem Moment
zurück, als ihr Fuß schon das Wasser berührte. Ein unsanfter Ruck brachte sie
ein Stück von dem Teich mit dem Schwan weg.
    „Du darfst seinem Gesang nicht folgen, sonst bist du verloren!”,
sagte eine Stimme hinter ihr.
    Es war Iman!
    Doch als sich Saha umdrehte, war niemand zu sehen. Auch der
Gesang des Purpurschwans war verklungen. Saha erstaunte es nicht, dass auch er
und der Teich verschwunden waren. Sie hockte sich auf den Boden und fragte sich
bestürzt, ob das alles Wirklichkeit gewesen war, oder ob ihre Phantasie ihr
einen üblen Streich gespielt hatte.
    „Das wird es sein”, flüsterte sie. „Es war ein Tagtraum.”
    Etwas Blutrotes schimmerte im Gras. Saha kroch darauf zu. Es war
eine Feder. Eine purpurne Schwanenfeder!
    „Die Zauberfeder wird dir helfen, Barb zu finden. Sie wird dir
Kraft und Ausdauer geben.”
    Das war eindeutig wieder Imans Stimme, die gestaltlos an ihr
abfloss.
     

     
    Saha war so schnell wieder bei ihren Freunden, dass sie
tatsächlich glaubte, nur geträumt zu haben. Aber die Feder kitzelte boshaft
realistisch ihre Handfläche. Ishtar und Shirkan hatten in der Zwischenzeit ein
angeregtes Gespräch mit Uhura und Azaa geführt. Die Eule und die Spinnen-Frau
waren sicher, einen Weg gefunden zu haben, Barb aus der Welt der Totems zu
befreien.
    Saha ließ sich sofort von deren Optimismus anstecken. „Und wie
ist es möglich?”, rief sie erleichtert.
    „Wir müssen zur Quelle aller Dinge. Dem Wasser des Lebens.”
    „Ich verstehe kein Wort”, entfuhr es Biih und sprach damit Sahas
Gedanken aus. Aber tief in ihrem Inneren war es ihr auch völlig gleichgültig.
Was zählte, war die Aussicht auf eine Möglichkeit, Barb zu befreien. Sie in den
Kreis der Freunde zurückzuholen.
    Biih scharrte nervös mit den Vorderhufen. Er hatte sie bisher
beinahe stumm begleitet. Drängte sich nie in den Vordergrund, war aber trotzdem
allgegenwärtig. Saha, die anfangs seine sanfte Art verabscheut hatte,
registrierte voller Bewunderung, dass der Hirsch laute Worte nicht nötig hatte.
Er hob stolz den Kopf und präsentierte sein mächtiges Geweih. Allein das schlug
viele seiner Feinde in die Flucht. Saha mochte Biih mittlerweile. Das gestand
sie sich zumindest insgeheim ein. Laut hätte sie das nicht geäußert. Sie gab
nicht gerne Fehler zu. Doch wenn Biih sie mit seinen dunklen, melancholischen
Augen ansah, erwuchs in ihr ein Gefühl, das an Frieden grenzte.
     

     
    Sie gingen wieder los. Ließen die Totempfähle hinter sich. Mit
jedem Schritt, hatte Saha das Gefühl, sich mehr und mehr von Barb zu lösen. Es
war wie

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