Regenprinzessin (German Edition)
darauf warteten an die Reihe zu kommen, hielten sie mich in Schach, damit ich die anderen nicht störte. Immer wieder versuchte ich mich von ihnen zu befreien, damit ich ihr endlich helfen konnte.
Ich schaffte es nicht auch nur einen von ihnen ernsthaft zu verletzen. Mit mir gelang es ihnen im Gegensatz ganz gut. Doch ich gab nicht auf und versuchte es immer wieder. Ich schaffte es nicht mich zu befreien, es waren zu viele. Lucias Anblick und ihre Schreie verfolgen mich bis heute. Sie hatten ihr das Kleid zerrissen und sie ins Gesicht geschlagen. Sie weinte bitterlich und rief um Hilfe, während einer sie festhielt und der andere…“, er brach ab und sammelte sich. Noch nie hatte ich in Augen so voller Schmerz geblickt.
„Niemand hörte unsere Schreie. Als ich kaum noch in der Lage war mich zu rühren, wurde denen bei mir bald langweilig und sie zwangen mich zuzusehen und zogen mich auf. Ich erspare dir, was sie gesagt haben.“ Van warf mir einen kurzen Seitenblick zu.
„Irgendwann hatte Lucia aufgehört zu schreien und sich zu wehren. Nach Einbruch der Dämmerung hatten sie genug und ließen uns im Dreck liegen. Auf allen vieren kroch ich zu ihr, sie rührte sich nicht mehr. Ich brauchte eine Weile bis ich sie erreicht hatte. Die Kerle hatten mir ein Bein und auch einen Arm gebrochen, ebenso einige Rippen. Ich hatte es knacken gehört, während sie es getan hatten. Als ich sie endlich erreicht hatte, sah ich, dass sie noch atmete. Unendlich erleichtert zog ich sie in meine Arme, sie zitterte am ganzen Körper. Lucia zuckte zusammen und schlug wie von Sinnen auf mich ein. Ich rührte mich nicht und ließ sie gewähren. Ich konnte nicht anders als mich immer wieder bei ihr zu entschuldigen. Sie beruhigte sich und bemerkte, dass ich es war und wir allein waren. Gemeinsam weinten wir bis keine Tränen mehr kamen, es war längst Nacht.
Ich konnte nicht mehr an diesem Ort bleiben und stand unter Schmerzen auf. Lucia war nicht in der Lage zu stehen, geschweige denn zu gehen. Also hob ich sie hoch und machte mich auf den Weg. Wir kamen nur langsam voran und ich ging oft in die Knie oder fiel hin, weil mein Bein nachgab oder ich im dunklen Unterholz stolperte. Durch pure Willenskraft schaffte ich es irgendwie den Waldrand zu erreichen.
Man suchte uns bereits, wir blieben nie so lange weg. Sobald ich die ersten Fackeln sah, kam ich nicht mehr weiter und brach vor Erschöpfung zusammen. Eric, der Haus- und Hofmeister, war als erster bei uns und rief nach den anderen. Auch unser Vater war unter den Suchenden und eilte nun zu uns.
Ich konnte der Gruppe nicht in die Augen sehen, ich schämte mich zu sehr. Ich hatte versagt. Lucia lag immer noch in meinem Arm und presste sich fest an mich. Unser Vater beugte sich zu uns herunter, er brachte kein Wort heraus. Zuerst strich er meiner Schwester und dann mir tröstend über die Wange.
Ich hielt es nicht mehr aus und begann wieder zu weinen. Unter Tränen sagte ich ihm, es sei alles meine Schuld, dass ich meine Schwester nicht beschützen konnte und bat ihn, er möge mir verzeihen. Er sagte immer noch nichts und schloss uns in die Arme. Langsam nahm er mir Lucia ab und sagte, er wolle uns nach Hause bringen. Eric half mir auf und stützte mich auf dem Heimweg.
Niemand sprach ein Wort bis wir die Burg erreicht hatten. Unsere Mutter hatte die ganze Zeit draußen auf unsere Rückkehr gewartet. Hände ringend lief sie über den Hof. Sobald sie uns kommen hörte, schaute sie auf und sah ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Sie stürmte uns entgegen und begann zu weinen, als sie sah, was man uns angetan hatte.
Ich hatte schon den ganzen Rückweg über Probleme gehabt mich noch aufrecht zu halten. Schließlich zu Hause angekommen, brach ich endlich zusammen und verlor das Bewusstsein. Über alles was danach geschah, habe ich keine Erinnerung.
Fast zwei Tage später wachte ich auf, währenddessen ich betete, dass es nur ein Alptraum gewesen war. Mein Verstand klärte sich allmählich und das einzige, was ich spürte, war Schmerz, der mir Körper und Seele zerriss. Die Erinnerungen brachen über mich herein.
Behutsam legten sich starke Arme um mich und zogen mich an sich. Langsam beruhigte ich mich und schaute auf in das gequälte Gesicht meines Vaters, er hatte an meinem Bett gesessen. Kurze Zeit später stand er auf, um meine Mutter zu holen, beide hatten auf mein Erwachen gewartet. Kaum war er gegangen, kamen sie auch schon wieder. Mutter war nebenan bei Lucia
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