Regenprinzessin (German Edition)
darüber gefreut. Damals verspürte ich den Wunsch dich besser kennen zu lernen, inzwischen ist es mir ein regelrechtes Bedürfnis. Sobald ich erleben durfte, wie du von deiner Gabe Gebrauch machst, war ich von dir verzaubert.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. „Und an dem See, wo du in meinen Armen lagst und mich geküsst hast, war ich dir endgültig verfallen. Glaub mir, das hat nichts mit Mitleid zu tun.“ Verhalten lächelnd sah er mich an und schien froh zu sein, es ausgesprochen zu haben. Ich konnte ihm noch immer nicht recht glauben. Der Gedanke mich zu lieben schien so absurd.
„Aber was ist mit Lucia?“
„Das hast du falsch interpretiert. Lucia war nicht meine Geliebte, sondern meine kleine Schwester. Ich sagte doch, dass es sich um ganz andere Gefühle handelt.“
„Was ist passiert?“ Ich konnte die Frage nicht zurückhalten und musste sie einfach stellen.
Van zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Dieses Jahr liegt es neun Jahre zurück. Ich war sechzehn, kräftig gebaut für mein Alter, begabt mit dem Schwert und aufgrund dessen furchtbar eingebildet und vorlaut, ein Aufschneider. Mit anderen Worten der perfekte Erbe eines Fürstentums.“
„Du bist ein Fürst?“, platzte ich heraus, nachdem ich die Bedeutung seiner Worte in vollem Umfang erfasst hatte. Das war eine ganz neue Erkenntnis, Gorania hatte nur drei Fürstentümer, allesamt hoch angesehene Leute. Was machte Van dann im Ritterstand?
„Nein, ich bin keiner.“
„Aber gerade hast du gesagt-“
„Ich erzähle es dir doch. Gedulde dich noch ein wenig und du wirst es verstehen.“
Ich nickte, damit er fortfuhr.
„Lucia war dreizehn, ein bildhübsches Ding mit langen blonden Locken, gescheit und in ihren großen Bruder vernarrt. Ebenso wie ich in sie. Die Burg unserer Familie lag am Waldrand, wir spielten gern dort. Ich fühlte mich zwar zu alt dafür, doch für Lucia hätte ich alles getan und es bereitete mir jedes Mal ein ungeheures Vergnügen sie lachen zu sehen.
Es war einer dieser Tage, an denen wir durch den Wald tobten, an dem mein Leben sich von Grund auf verändern sollte. Wir hatten auf einer kleinen Lichtung gesessen und Eichhörnchen beobachtet. Es war wie immer, bis wir die Geräusche hörten, was ungewöhnlich war, meist war niemand so tief im Wald bis auf uns selbst. An diesem Tag war es anders, wie wir feststellen mussten.
Als ich mich umdrehte, erblickte ich fünf Männer, die auf die Lichtung traten. Ein abgerissener Haufen, zerlumpte Kleidung, unrasiert und übelriechend, mit einem merkwürdigen Grinsen im Gesicht, was mich ungemein verstörte. Sie kamen auf uns zu und mir war gar nicht wohl dabei. Sie sprachen uns an und ich stellte mich zwischen sie und meine Schwester, sie waren mir nicht geheuer.
Als ich fragte, was sie wollten, wurde ihr Grinsen noch breiter. Sie machten unmissverständlich klar, dass sie Lucia wollten. Ich rief ihr zu, dass sie weglaufen sollte. Vor Schreck rührte sie sich nicht.
Ich stürzte mich auf die Kerle, um ihr Zeit zu verschaffen. Mein Schwert hatte ich nicht dabei. Lucia mochte es nicht, also nahm ich es nie in den Wald mit. Hätte ich es dabei gehabt, hätte durchaus eine Chance für uns bestanden. So blieben mir nur meine Fäuste, jedoch war ich so wütend, dass ich mich ihnen ohne zu zögern entgegenwarf.“ Van schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Die Erinnerung bereitete ihm sichtlich Kummer. Er zog ein Bein auf die Stuhlkante und stützte sein Kinn auf sein Knie. Seine Augen starrten ins Leere, er war nicht mehr hier, sondern wieder auf der kleinen Lichtung in seiner Vergangenheit.
„Es dauerte nicht lange und ich lag grün und blau geschlagen am Boden. In der Zwischenzeit hatte sich einer von ihnen Lucia geschnappt und begann sie zu betatschen. Sie wehrte sich, hatte aber keine Chance. Sie war so winzig.
Ein weiterer ließ von mir ab, um sich zu seinem Kumpan zu gesellen. Ich rappelte mich hoch und rief ihnen zu, dass sie ihre dreckigen Finger von meiner Schwester lassen sollten. Dem einen konnte ich die Nase brechen, bevor sie mich wieder in der Zange hatten. Sie haben mich halb tot geschlagen.“
Ich fürchtete zu wissen, was nun kam, hätte es am liebsten gar nicht erst gehört, doch unterbrechen konnte und wollte ich Van auch nicht. So litt ich mit ihm.
„Sie haben sich den ganzen Nachmittag an ihr vergangen.“, seufzte Van und fuhr sich durch die Haare. „Sie wechselten sich ab mit uns beiden. Während sie
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