Regina schafft es doch
obendrauf, als selbständiges Kunstwerk. Du weißt, es ist mein Grundsatz…“
„Jaja, ich weiß. Kunst an sich – und nicht zweckgebunden, oder wie du immer sagst – , ein Kunstwerk hat seinen Eigenwert und darf nicht eine praktische Aufgabe erfüllen.“
„Ganz recht. Willst du nicht auch daran teilnehmen, Katrin?“
„Ich? Du bist wohl nicht ganz richtig im Oberstübchen! Sollte ich vielleicht einen Abguß des Sternenzeichens der ,Zwillinge’ einschicken – in erdbeerfarbener Keramik? Nein. Aber du kannst mir glauben, die ,Zwillinge’ machen sich nicht schlecht! Seite an Seite als Blusennadel, und als Ohrclips einzeln, ein Zwilling an jedem Ohr!“
„Katrin, du mußt doch selber zugeben, daß das ganze greulich ist.“
„Natürlich ist es greulich. Und nun gehe ich los und streue meine Greuel über die ganze Stadt aus.“
„Wie denn das?“
„Du hast natürlich keine Ahnung, was in der Stadt vorgeht, du bist unmöglich. Du kümmerst dich nur noch um Bildhauerwettbewerbe und frische Brötchen! Also muß ich dir vermutlich erzählen, daß der Sanitätsverein der Frauen Ende August eine Riesentombola abhalten wird. Zum Besten der… ach, du liebes bißchen, wozu war es doch noch?“
„Da kannst du sehen“, lachte Regina. „Du scheinst auch nicht hervorragend im Bilde zu sein.“
„Ach was, ist auch egal“, sagte Katrin. „Jedenfalls, Mami ist Sekretärin des Vereins, das weißt du sicher? Und da man die ganze Stadt gezwungen hat, milde Tombola-Gaben zu spenden, müssen die Mitglieder doch mit gutem Beispiel vorangehen. Also habe ich einen ganzen Korb Sternzeichen opfern müssen. Damit man das unsagbare Glück erleben kann, etwas so künstlerisch Wertvolles zu gewinnen wie ein Paar Ohrclips von ,Katrins Keramik’.“
„Aha, so hängt das zusammen.“
„Genau so! – Also, ich verziehe mich jetzt!“
„Warte noch einen Augenblick, Katrin. Nun hab’ ich doch endlich mal Gelegenheit, deinen ganzen Tierkreis zu sehen. Pack mal aus und gestatte mir, daß ich deine Kunstwerke in Grund und Boden verreiße.“
„Bitte. Aber auf deine Verantwortung! Schau her, hier hast du den ,Wassermann’…“
In Reginas Hand glitt eine kleine, dunkelblaue Figur.
Sie sah sie an – und riß die Augen weit auf und sah sie noch einmal an.
„Aber Katrin! Die Idee ist ja wunderbar. Du verdientest wirklich Prügel, daß du dasitzt und dein Talent mit solchem Schund vergeudest! Denk doch mal, wenn du diesen ,Wassermann’ nun anständig ausführen würdest…“
„Magst du ihn? Das freut mich!“
„Wie bist du auf die Idee gekommen, ihn als Kuli darzustellen? Wie vorsichtig er seine Eimer trägt mit dem kostbaren frischen Wasser, wie mager er ist – so abgerackert. Und wie ist es dir gelungen, das winzig kleine Gesicht so zu machen, daß es wirklich ein Chinesengesicht geworden ist? Katrin, Katrin, was du alles machen könntest, wenn…“
„… wenn ich Zeit hätte, ich weiß es. Hier sind die ,Fische’, die sind weniger aufregend. Was haben wir da – ach, ist ja gleichgültig mit der Reihenfolge, hier ist der ,Stier’ – , wie gefällt dir der?“
Der „Stier“ war kein Stier, sondern ein harmloses Kälbchen, das nur eben einen Ansatz zu einem Paar Hörner hatte. Der „Steinbock“ war ein weiches und hübsches kleines Zicklein, und der „Löwe“, von dem Regina den Entwurf gesehen hatte, war auch ein Junges.
Dann kamen der „Krebs“, die „Waage“ – die ist verflixt langweilig, meinte Katrin nüchtern – , der „Schütze“ war ein rundlicher kleiner Kerl mit Pfeil und Bogen. – „Wenn er an einen Amor erinnert, verkauft er sich besser“, sagte Katrin mit ihrem ausgeprägten Sinn fürs Praktische.
Schließlich hielt Regina die „Jungfrau“ in den Händen.
„Katrin“, sagte sie langsam. „Wenn du diese Jungfrau’ hernähmst und eine richtige große Figur daraus machtest, dann… dann…“
„… dann, dann, ja – dann würden die Leute Krämpfe kriegen vor Lachen und zueinander sagen, nun hat die Keramik-Katrin den Größenwahn gekriegt. Aber wie dem auch sei, alles in allem siehst du, sie sind nicht alle gleich schauderhaft. Addio, mein Engelskind, mach zu mit deinem Brunnenkind – ich spuck’ drauf – toi, toi, toi!“
Und Katrin spuckte so gründlich, daß Regina lachend die Figur abwischen mußte, und dann verschwand Katrin die Treppe hinab mit dem großen Korb für die Sanitätsdamen.
„Nanu, ist was passiert?“ fragte Regina, kaum daß Gert
Weitere Kostenlose Bücher