Regina schafft es doch
diesen Brief habe ich dir vor einer Woche geschrieben. Er ist in der Zwischenzeit in Norddeutschland gewesen. Lies ihn, sei so lieb. Ich störe dich nicht.“
Wohl streckte Gert die Hand nach dem Brief aus, aber er legte die andere auf Reginas Arm und sagte: „Ich werde ihn sicher lesen, Regina. Aber – wenn ich dich hier sehe und mir klarmache, daß es kein Traum ist, dann – dann wird alles andere so unwesentlich, Erklärungen und Berichte und Fragen. Die Hauptsache ist, daß du und ich beisammen sind, in derselben Stadt, im selben Raum – daß ich dich liebe, Regina, und du mich, du lütte Deern…“
Ach, der alte Kosename kam ihm so leicht und natürlich über die Lippen und verriet mehr als alles andere, daß die Liebe von damals auch heute noch genauso lebendig war.
Er küßte sie, und Regina fühlte: Bei ihm war sie geborgen und glücklich, hier gehörte sie hin und hier würde sie bleiben.
Dann setzte sich Gert im Sessel zurecht, öffnete den Brief, reichte Regina die Hand – und fing an zu lesen.
War eine Stunde vergangen oder mehr? Sie hatten sich endlich ausgesprochen. Nun saßen sie still und glücklich beieinander. Gert strich ihr behutsam über die Wange.
„Meine kleine Regina. Nur eine kleine, winzige Lüge, eine dumme und unnötige kleine Lüge hätte uns beinahe unser ganzes Glück gekostet!“
„Ach Gert – ich schäme mich – , ich schäme mich so sehr…“
„Aber Regina, was sollte ich denken, was sollte ich glauben? Ich hatte Annette angeläutet und sie gebeten, ob ich das Schlafende Kind’ wieder bekommen könnte – ich wollte ihr statt dessen etwas anderes schenken. Hätte sie mich um einen Brillanten gebeten, ich glaube, sie hätte ihn bekommen. Und dann wollte ich dich zu mir nach Hause einladen und vor dem ,Schlafenden Kind’ wollte ich meine dumme kleine Lüge eingestehen. Ich weiß bis heute noch nicht, Regina, wie die mir rausrutschen konnte – es war wohl deshalb, weil ich dir nicht weh tun wollte und sagen, daß ich das Schönste verschenkt hätte, was du gemacht hattest, und es noch dazu einer anderen Frau geschenkt hätte. Als ich mit Annette sprach, erzählte sie tiefunglücklich, das ,Schlafende Kind’ wäre entzweigegangen. Ich habe es geglaubt, Regina – weshalb sollte ich es nicht glauben? – Und dann schrieb ich dir, daß eins auf alle Fälle wahr sei, die Figur wäre entzweigegangen – und daraufgab ich mein Ehrenwort.“
„Ja, Gert, ich habe den Zusammenhang längst erkannt, lieber, lieber Gert…“
„Siehst du, Regina, ich war gewiß leichtsinnig und unbedacht, und du bist viel zu gut für mich, aber eins steht fest, und das sollst du ein für allemal wissen: Was ich auch sonst noch für Sünden begehen mag, mein Ehrenwort werde ich niemals brechen und habe es nie gebrochen!“
Es klopfte schüchtern an die Tür zu Frau Bielecs kleinem Salon. „Nein, wahrhaftig, da sind sie ja!“ rief Leo. „Katrin hatte mir gesagt, ich brauchte Sie nicht vorzustellen, Sie kennen sich von früher. Da hatten Sie also sicher einiges allein miteinander zu bereden.“
Die alte Frau Bielec streckte Regina und Gert beide Hände entgegen.
„Hören Sie nicht auf all den Unsinn, den mein Sohn da auftischt“, lachte sie. „Herzlich willkommen bei uns, Fräulein Frank, ich kenne Sie schon so gut durch Katrin. Und unseren erstaunlichen Untermieter kenne ich ja auch und freue mich darauf, ihn von jetzt ab näher kennenzulernen – und – und…“, zwei lebhafte dunkle Augen sahen zuerst Regina, dann Gert fragend an.
Gert lachte. Er beugte sich über die Hand der alten Dame.
„Sie wollten gewiß noch etwas fragen, gnädige Frau“, sagte er lächelnd. „Ja, Sie können uns gratulieren. Denn während Sie hier mit Ihrem Sohn und Ihrer Schwiegertochter Tee tranken, haben Regina und ich uns verlobt!“
Es war spät am Abend. Die alte Frau Bielec hatte sich zurückgezogen. Jetzt saßen die vier jungen Leute im Wohnzimmer.
Leo Bielec hob sein Glas.
„Meine lieben Gäste… Prosit und meine wärmsten Glückwünsche! Und da wir ja nun doch beinahe so ein bißchen verwandt werden, auch auf du und du. Ich bin so froh und so dankbar, daß das Geschick mich dazu ausersehen hat, für euch beide den Gott Amor zu spielen…“
„Das Geschick?“ unterbrach Katrin ihn entrüstet. „Es war durchaus nicht das Geschick! Ich bin es gewesen! Ich und die Sternentorte!“
„Liebe Zukünftige, es geziemt sich nicht, seinen Herrn und Gebieter beim Reden zu
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