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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie eine Tischserviette aussah - ,das sie wie ein Kellner über der Schulter trug, über Kirstie gebeugt. In Belindas Augen standen keine Tränen, dennoch hatte sie einen Ausdruck von Zuneigung und Trauer im Gesicht, der Johnnys Herz rührte, und er mußte daran denken, wie es gewesen sein mußte, als die beiden Marias - Magdalena und diejenige, die Matthäus schlicht »die andere Maria« nannte - den Leichnam Jesu für die Beisetzung im Grab des Joseph von Arimathia vorbereiteten. Brads Frau wischte Kirstens blutverschmiertes Gesicht mit dem Geschirrtuch ab und legte die Überbleibsel ihres Antlitzes frei. »Haben Sie gesagt -« begann Johnny.
    »Sie haben mich verstanden.« Belinda hielt das fleckige Geschirrtuch von sich, ohne hinzusehen, und Brad nahm es. Sie nahm die Serviette von der Schulter, entfaltete sie und breitete sie über Kirstens Gesicht aus. »Gott sei ihrer Seele gnädig.«
    »Dem stimme ich zu«, sagte Johnny. Es hatte etwas Hypnotisierendes, wie kleine rote Tupfen auf der weißen Stoffserviette erblühten, drei auf einer Seite der verhüllten Wölbung von Kirstens Nase, zwei auf der anderen, etwa ein halbes Dutzend auf ihrer Stirn. Johnny strich sich mit der Hand über die Stirn und wischte eine Handfläche voll Schweiß weg. »Herrgott, es tut mir so leid.«
    Belinda sah ihn an, dann ihren Mann. »Ich denke, es tut uns allen leid. Die Frage ist, was nun?«
    Bevor einer der Männer antworten konnte, kam Cammie Reed von der Küche in das Zimmer. Ihr Gesicht war blaß, aber gefaßt. »Mr. Marinville?«
    Er drehte sich zu ihr um. »Johnny«, sagte er.
    Sie mußte einen Moment grübeln - ein klassischer Fall von durch Schock verlangsamtem Denken -, bis sie begriff, daß sie ihn beim Vornamen anreden sollte. Dann verstand sie es und nickte. »Johnny, okay, klar. Haben Sie die Waffe gefunden? War Munition dabei?«
    »Ja, beides.«
    »Kann ich sie haben? Meine Jungs wollen Hilfe holen. Ich habe darüber nachgedacht und beschlossen, ihnen die Erlaubnis zu geben. Das heißt, wenn Sie ihnen Davids Waffe überlassen.«
    »Ich habe nichts dagegen, die Waffe herzugeben«, sagte Johnny, der nicht wußte, ob er die Wahrheit sagte oder nicht, »aber es könnte außerordentlich gefährlich sein, den Unterschlupf zu verlassen, meinen Sie nicht?« Sie sah ihn gelassen an, keine Spur von Ungeduld in den Augen oder der Stimme, aber sie machte sich beim Sprechen an einem Blutfleck auf ihrer Bluse zu schaffen. Ein Andenken an Ellen Carvers Nasenbluten. »Ich bin mir der Gefahren bewußt, und wenn sie die Straße benützen müßten, hätte ich nein gesagt. Aber die Jungs sagen, daß ein Weg durch den Grüngürtel hinter den Häusern auf dieser Seite führt. Sie könnten bis zur Anderson Avenue durchkommen. Da drüben befindet sich ein leerstehendes Gebäude, das einmal als Lager für eine Umzugsfirma gedient hat -« »Veedon Brothers«, sagte Brad nickend. »- und ein Wasserrohr, das von dem Platz dahinter bis zur Columbus Broad verläuft, wo es sich in einen Bach ergießt. Dann können sie sich wenigstens zu einem funktionierenden Telefon durchschlagen und melden, was hier los ist.« »Cam, kann einer Ihrer Jungs mit einer Waffe umgehen?« fragte Brad.
    Wieder der gelassene Blick, der zu fragen schien: Warum beleidigen Sie meine Intelligenz? »Sie haben beide vor zwei Jahren mit ihrem Dad einen Sicherheitslehrgang gemacht. Es ging vornehmlich um Gewehre und Jagdsicherheit, aber Faustfeuerwaffen wurden ebenfalls behandelt, ja.« »Wenn Jim und Dave von diesem Weg wissen, dann vielleicht auch die Leute, die für das alles hier verantwortlich sind«, sagte Johnny. »Haben Sie daran gedacht?« »Ja.« Nun endlich trat die Ungeduld zutage, aber nur ein wenig. Johnny bewunderte ihre Selbstbeherrschung. »Aber diese ... Wahnsinnigen ... sind Fremde. Sie müssen Fremde sein. Haben Sie vor dem heutigen Tag schon mal einen von diesen Lieferwagen gesehen?« Möglicherweise, dachte Johnny. Ich bin noch nicht ganz sicher, aber wenn ich nur ein bißchen Zeit zum Nachdenken bekomme...
    »Nein, aber ich glaube ...« begann Brad. »Wir sind 1982 hierhergezogen, als die Jungs drei waren«, sagte Cammie. »Sie sagen, daß es einen Weg gibt, von dem kaum jemand weiß und den kaum jemand benützt, abgesehen von Kindern, und sie sagen, daß es ein Abwasserrohr gibt. Ich glaube ihnen.«
    Na klar, dachte Johnny, aber das ist zweitrangig. Ebenso die Hoffnung, daß sie Hilfe bringen könnten. Du willst sie nur hier weg haben, oder? Logisch, und

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