Reich der Schatten
Qual.«
Sie reckte das Kinn. »Und was ist in den Jahren dazwischen passiert, mein Lieber? Du hast dir reichlich Zeit gelassen, mich zu holen.«
»Das war ganz schön schwierig.« Plötzlich legte sich sein Ärger. »Die Jahre dazwischen … in dieser Zeit ist nichts Besonderes passiert. Ich habe nur ein bisschen geübt für die Zeit danach.« Er trat zu ihr und nahm sie in die Arme. »Ich habe gelernt, wann und wo ich meine Macht einsetzen kann«, erklärte er. »Und ich habe ununterbrochen auf dich gewartet, hatte Sehnsucht nach dir.«
Sie lächelte und dehnte sich wie eine Katze. »Ich fühle mich ausgesprochen gut. Unser kleines Heer gehorcht mir blind. Und jetzt ist es schon wieder dunkel. Neue Taten liegen vor uns!«
Er beugte sich vor, um sie zu küssen. Doch sie zischte: »Du warst ihr Liebhaber!«
Ungeduldig erwiderte er: »Ich musste sie kennenlernen.«
»Du magst sie, es hat dir Spaß gemacht.«
»Ja, es hat mir Spaß gemacht. Aber sie war mir nicht wichtig, ich habe immer nur auf dich gewartet.«
»Sie stirbt, sobald sie bei uns ist.«
»Nein, sie stirbt nicht, sie ist der Lockvogel für die anderen.«
»Ich kümmere mich um das zweite Mädchen«, erklärte Louisa mit eisiger Stimme. »Ich ganz allein. Glaubst du etwa, ich war nie bei Tageslicht unterwegs? Glaubst du etwa, ich bin so schwach, dass ich dir nicht gelegentlich folgen konnte? Bildest du dir etwa ein, dass ich dich nicht gesehen habe, als du vorgabst, jemand anderes zu sein, und scheinbar ganz vernünftig mit ihr gesprochen, sie dabei jedoch gierig beobachtet hast?«
»Sie ist es, die aufgehalten werden muss«, erklärte er unumwunden.
»Dann werde ich sie aufhalten.«
»Ich habe die Falle gestellt, und ich werde sie fangen.«
»Nein, mein Lieber.«
»Eifersucht ist hier fehl am Platz«, entgegnete er schroff.
»Aber deine Lust auch«, erwiderte sie.
Er stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Louisa! Es sind meine Pläne, ich habe mich hier eingeschlichen, ich habe mich bedeckt gehalten, und alles nur, um dich freizubekommen. Ich habe mich danach gesehnt, mit dir vereint zu sein, in unserer geheimen Welt wieder gemeinsam mit dir zu herrschen. Diese Welt ist allerdings gefährlich, und die Gefahren müssen erst aus dem Weg geräumt werden, bevor wir die nächsten Schritte unternehmen können. Zuerst müssen wir sie beseitigen, und dann … Ich bin im Winter immer gern in der Karibik.«
»In der Karibik?«
»Inseln, mein Schatz. Sanfte Brisen, viel Wärme. Und vor allem … keine Allianz. Wir müssen uns sputen«, erklärte er schulterzuckend. »Diese Dummköpfe, selbst die Dorfpolizisten, werden bestimmt bald merken, dass ich kein Kommissar aus Paris bin. Allerdings könnte es noch eine Weile dauern«, fuhr er feixend fort, »bis sie den echten Trusseau gefunden haben.«
Sie brach in ein kehliges Gelächter aus.
»Aber denkst du nicht, dass es allmählich Zeit wird anzugreifen?«
Er streichelte ihr zärtlich den Hals. »Vielleicht …«
»Vielleicht?«
»Na gut, wenn du meinst. Wenn du es willst … wenn die Schatten der Nacht hereingebrochen sind, wenn es finster genug ist …«
Sie lächelte und ließ sich von ihm küssen. Ihre Leidenschaft loderte auf wie die Flammen im Kamin.
»Und was ist mit dem anderen?«, fragte sie, als er kurz von ihr abließ. »Dem Außenseiter?«
Er blieb ihr eine Antwort schuldig, sie hörte nur, wie er mit den Zähnen knirschte. »Er ist Teil des Problems«, erwiderte er schließlich. »Verstehst du das denn nicht? Er versucht, jeden unserer Schritte zu vereiteln, er wollte deine Rückkehr ruinieren. Er ist der Feind, und auch aus diesem Grund dürfen die DeVants nicht zu rasch sterben.«
»Du kennst ihn von früher, stimmt’s? Ihr habt euch schon einmal getroffen und die Klinge gekreuzt.«
Er starrte verbittert in die Flammen. »Oh ja, ich kenne ihn von früher. Und er hätte damals schon sterben sollen, genau wie der Alte. Aber jetzt werden sie sterben, dafür werde ich sorgen. Jetzt werden sie sterben.«
»Ich weiß nichts über diesen Mann«, stellte sie fest. »Abgesehen davon, dass … dass er mich verwundet hat, als ich ins Haus der DeVants eindringen wollte.«
»Dafür wird er einen noch schlimmeren Tod sterben.«
»Aber er wird es uns nicht leicht machen«, meinte sie und dachte über die Begegnung mit diesem Mann nach.
»Vergiss nicht, ich weiß, was er ist, und ich weiß, wie man solche Geschöpfe tötet. Es wird mich nicht viel Mühe kosten, ihm den Garaus zu machen.
Weitere Kostenlose Bücher