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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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Führung zu überlassen. Selbst wenn sie gewollt hätte, ihre Beine hätten ihr den Dienst versagt, sie hätte sich nicht umdrehen und weglaufen können. Aber das wollte sie gar nicht. Sie sehnte sich danach, durch seine sanfte Stimme, seine Worte, seine Berührung verführt zu werden.
    »Hier entlang, meine liebe, süße kleine Yvette!«
    Am Ende des Ganges kamen sie zu einem prächtigen Raum. In seiner Mitte thronte ein riesiges geschnitztes Bett, und auch hier brannte ein Feuer in einem etwas kleineren Kamin. An den Wänden spielten Schatten mit den kleinen hellen Flecken, die die Flammen im Kamin schufen. Ein Silbertablett mit einer Weinkaraffe und Kristallgläsern schien auf sie zu warten.
    »Wein, meine Liebe?«
    Sie nickte. Er trat an das Tablett, schenkte ein Glas ein und brachte es ihr. Sie nahm einen Schluck.
    Als sie den Wein trank, schloss sie die Augen.
    Und plötzlich stieg Panik in ihr auf. Denn selbst mit geschlossenen Augen konnte sie weiter ihre Umgebung sehen. Und sie hatte den Eindruck, dass sich hier plötzlich geflügelte Geschöpfe bewegten, Dämonen mit Hörnern, mit gespaltenen Zungen, mit Schwänzen, alle in blutroten Farben.
    Sie öffnete die Augen und wollte den Wein abstellen, schreien, wegrennen. Endlich wegrennen.
    Doch er stand vor ihr.
    »Wir sind hier, weil wir Hunger haben, schöne Yvette«, sagte er leise. »Bald wirst du wissen, was von dir erwartet wird.«
    Sie nickte. Seine Hände lagen auf ihren Schultern. Er blick-te ihr tief in die Augen, dann drehte er sich um und trat ans Feuer. Ihr war heiß, sehr heiß, und sie wusste, was von ihr erwartet wurde. Sie streifte die schrecklichen Schuhe ab, ihren Cashmerepullover, alles, Stück für Stück, auch ihre alberne Unterwäsche. Es war seltsam hier, vielleicht sogar beängstigend, doch sie hatte noch nie in ihrem Leben etwas so sehr gewollt …
    Sie setzte sich auf das riesige Bett mit seinen Kissenbergen und den seidenen Laken. Sie streckte sich aus, ließ sich von ihrer eigenen Sinnlichkeit erregen. Das hier war so anders, so exotisch, so völlig anders als alles, was sie bisher erlebt hatte …
    Sie schloss die Augen, um das Gefühl der kühlen glatten Laken und des heißen Feuers auszukosten.
    Aber dann bekam sie Angst, dass sich diese unheimlichen Bilder erneut einstellen würden. Also machte sie die Augen rasch wieder auf.
    Ihr Blick fiel auf ihn, diesen herrlichen, wunderschönen Mann, der viel realer war als die trügerischen Bilder ihrer Fantasie. Er trat auf sie zu, stand vor ihr.
    Doch dann trat er zur Seite, denn eine weitere Person war hereingekommen.
    Yvette verzog sich in eine Ecke des Bettes. Erst war sie verwirrt, dann wütend.
    Was hatte er denn nun wirklich von ihr erwartet?
    Aber er beachtete sie nicht weiter. Seine gesamte Aufmerksamkeit war auf die Dritte im Bunde gerichtet, die sich so leise zu ihnen gesellt hatte.
    »Ich dachte, wir speisen heute gemeinsam zu Abend«, sagte er lässig.
    Und dann blickte er wieder auf Yvette.
    Yvette begann zu schreien.
    Sie schrie und schrie.
    Und merkwürdig: Ihr letzter, reumütiger Gedanke galt Paul und seiner Warnung von heute Nachmittag: »Es wird dir noch leidtun, sehr leid!«
    Javet saß in seinem Büro und studierte die forensischen Berichte des Pariser Labors über die Untersuchungen aus der Grabkammer. Obwohl die Wissenschaft mit ihren unglaublichen Fortschritten viel zur Verbrechensbekämpfung beitragen konnte, gab es Fälle, in denen sie nichts auszurichten vermochte.
    Jeder untersuchte Blutstropfen stammte vom Opfer, auch wenn sie nicht sehr viel Blut gefunden hatten. Und das war das erste Rätsel.
    In einem solchen Fall musste man intuitiv vorgehen. Ein guter Polizist musste sich auf sein Bauchgefühl verlassen können.
    In der Grabkammer hatten sich neben den Arbeitern Dutzende Touristen aufgehalten. Die Fußspuren im Staub und die Fingerabdrücke konnten alles Mögliche bedeuten – oder auch nichts. Javet hasste Dubois, aber das hieß noch lange nicht, dass der Mann ein Mörder war.
    Er trommelte auf den Schreibtisch, dann stieß er einen langen Seufzer aus.
    Zwei Dinge waren nun zu tun: Dubois musste bei den Verhören stärker unter Druck gesetzt werden, und es war wahrscheinlich an der Zeit, Jean-Lucs Kollegen zu verhaften.
    »Kommissar!«
    Er blickte hoch. Millette, eine seiner tüchtigsten Mitarbeiterinnen, stand vor der Tür.
    »Ja bitte?«
    »Wir haben gerade einen Bericht von Edouard bekommen. Im Eau Gallie ist eine Leiche gefunden

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