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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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sie gerade einen Törn gemacht hat, kommt rein, verbreitet Herzlichkeit und gute Laune, lacht über sich selbst und darüber, dass der Wind leider weg war und man reinrudern musste, und Knigge umarmt sie flüchtig, gibt ihr einen freundschaftlichen Klaps auf den Po.
    Käse-Fondue, ja, es gebe heute Käse-Fondue, das würde ja überhaupt nicht stimmen, dass Käse-Fondue nur im Winter gegessen werde, nicht in der Schweiz, nicht hier.
    »Kein Braten?«, denke ich kurz, »kein Wild?«
    Anne springt auf, weil sie denkt, dass sie helfen müsse, obwohl sie das ja sonst eher nicht so häufig macht. Sie ist völlig wild darauf, nützlich zu sein. So wild, dass sie sogar fragt, obwohl es gar nichts zu helfen gibt.
    »Die Kunst des guten Gastgebers liegt in der Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen und seine Erwartungen eindeutig zu formulieren«, denke ich kurz an einen Satz in seinem Buch. Wenn er jetzt wollte, dass ich etwas Besonderes mache, würde er mir das bestimmt sagen.
    Dann ist es so weit, die Tafel im Esszimmer ist bereitet, eine weiße Decke breitet sich über den Tisch. Die Freundin hat jetzt ein bodenlanges Kleid an, das den Saal zum Leuchten bringt, wie eine Königin nimmt sie Platz in einem abendhellen Raum.
    Dampf steigt auf in der Mitte des Tisches, ein Topf brodelt, Schalotten warten in Schüsselchen, Salat. Kerzen wurden gezündet.
    Sehr aufmerksam, denke ich. Wie aufmerksam sie uns gegenüber sind.
    Mir zittern die Hände, ich weiß, dass es Knigge angeblich egal ist, wie man seine Gabel hält und ob man alles richtig macht, und dass es hier angeblich keinen stört, wenn man etwas falsch macht, und dennoch denke ich, dass das alles nur Show ist. Dass sie bestimmt schlecht reden, wenn wir weg sind, dass sie Spaß daran haben, wie ungehobelt wir sind.
    Wir sind doch hier bei Knigge. Knigges, das sind doch Spießer, das sind ganz strenge Menschen.
    Mehrmals betone ich während der Zeremonie die Köstlichkeit des Essens, des Käses, lobe das Angebrannte von unten, das auch köstlich schmecke, und betone, dass meine Mama früher immer gesagt habe, dass das Angebrannte das Beste sei.
    »Nehmen Sie, nehmen Sie«, raten mir die Knigges, und ich nehme, wir nehmen alle, immer mehr, Wein wird nachgegossen, das macht er, Wasser, das mache auch mal ich, weil ich gelesen habe, dass ich das dürfe, auch, wenn man hier offenbar alles darf.
    »Kommt es vor, dass Sie jemanden einladen und der sich so danebenbenimmt, dass Sie ihn am liebsten gleich wieder loswerden wollen?«, frage ich in einem Moment des Übermuts.
    Nein. »Entweder wir haben immer sehr viel Glück oder wir haben generell gute Leute eingeladen. Wir sind gastfreundlich und behandeln die Leute so gut, dass sie das nicht tun.«
    Anne schießt mit der Gabel versehentlich eine Schalotte über den Tisch, und alle tun so, als hätten sie es nicht gesehen.
    Einmal kleckert mir Käse auf die Tischdecke, ein dicker Faden. Ich lasse ihn erst da, als hätte ich ihn nicht bemerkt, warte, bis er wegguckt und seine Freundin auch, und ditsche ihn mit meiner Stoffserviette weg.
    »Ihre Küche ist so gut!«
    »Ganz, ganz köstlich!«
    Eine Strategie habe ich jetzt. Immer, wenn ich nicht weiterweiß oder einen vermeintlichen Fehler begangen habe, der angeblich niemanden interessiert, mache ich das, dann schieße ich ein Lob in die Stille. Ich habe sogar Lob auf Vorrat, erst, wenn ich keins mehr habe, werde ich nervös.
    Aber ich bin fast gar nicht mehr nervös. Ich öffne mich jetzt. Ich rede, warte, bis Knigge antwortet, es kommt zu richtigen Dialogen.
    Ob ich noch einen Schnaps wolle, fragt Knigge irgendwann, da ist seine Freundin längst im Bett.
    »Haselnuss?«
    »Ja.«
    »Noch einen?«
    »Nein.« Kontrolle bewahren, denke ich.
    Anne soll in einem Gästezimmer schlafen. Sie verabschiedet sich in die Nacht mit der Frage, ob um acht Uhr aufstehen okay wäre. Ist es.
    Meine Bettstatt wird neben seinem Schreibtisch aufgebaut. Ich versuche aufmerksam zu sein, sage, er solle ruhig Lärm machen morgen früh.
    Leider riechen meine Füße strenger als gedacht, als er mir das Bett baut. Als ich nicht weiß, was ich machen soll, und statt ihm ordentlich zu helfen schon meine Schuhe ausziehe.
    »Wenn Sie etwas zu trinken brauchen, fühlen Sie sich wie zu Hause bei mir«, sagt er, lässt sich nichts anmerken und verschwindet.
    »Warst du das, waren das deine Socken?«, flüstert Anne über den Flur, und dann schlafe ich ein.
    Nachts werde ich wach. Ein Boot tutet auf dem See. Mein

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