Reich kann jeder
für immer besser gehen wird, wenn ich nur rücksichtsvoll mit allen umgehe. »Darf ich Ihnen die Tür aufhalten, Frau Nürnberger? Kein Problem, ich mache das gerne für Sie!«
»Weißt du, Jan«, sagt Anne nach der Verabschiedung, wir sind gerade zur Tür hinaus. »Weißt du, Jan. Das hatte ich vollkommen vergessen.«
Dann sprudelt es aus ihr heraus. »Ich habe mich einmal im Bad eingeschlossen und die Tür nicht mehr aufgekriegt. Danach habe ich immer offen gelassen.«
»Ich habe das Handtuch zum Händeabtrocknen übersehen, mich einfach mit einem anderen Handtuch abgetrocknet.«
»Beim Bettwäscheabziehen habe ich den Raumteiler umgeschmissen. Die Türen krachten raus. Alles krachte zu Boden. Ich dachte, jetzt ist es aus, jetzt ist es zerbrochen.«
Wir finden das Auto, es klebt ein Strafzettel unter dem Wischer.
***
Vielleicht ist es die Astronauten-Weisheit, die gar keine war. Erfunden, aber passend.
Sie fällt mir jetzt wieder ein, wo ich hier sitze, bei Udo Walz, der ein eigener Planet ist und rund und sich mit seinem Bauch von hinten an mich ranstupst.
»Schöne Länge«, murmelt er von hinten, säuselt es aus seinem bärtigen Gesicht, das auch planetisch ist.
Gleich gibt er mir noch seinen Haarfüller mit für noch mehr Volumen, den er erfunden hat, dann bin ich fertig. Fertig für Sylt.
Das Nachtleben. Das Pony.
Gleich sind meine Haare wieder voll.
»Wenn die Welt untergeht, leuchten die Sterne umso heller«, hatten wir am Anfang in unser Exposé für das Buch geschrieben, diese Astronauten-Weisheit, die gar keine war.
Es ist komisch, dass wir jetzt wirklich heller leuchten und schöner, wir, die ja die Sterne sein wollten.
»Schöne Länge, schöne Länge!«
Es hat eine schöne Länge. Alles hat eine schöne Länge. Und doch scheint es mir, als hätte es gestern erst begonnen.
Als ich rauskomme, sehe ich fast aus wie Frau Merkel. Der Friseur der Kanzlerin bringt mich noch zur Tür, ich halte sie ihm auf und bin sehr nett.
Er lästert noch ein bisschen über die C-Promis, die er in seinem Laden eigentlich nicht haben wolle.
Dann bin ich weg. Mit Gratisschnitt und Volumenflasche als Geschenk.
»Viel Glück weiterhin«, sagt Udo Walz.
***
Ich weiß nicht, ob mein Merkel-Schnitt Charlotte wirklich so gut gefällt, aber sie scheint mich zu mögen, und mir wird jetzt doch ein wenig unheimlich. Eben hat sie ihren Bauch hochgehoben, eine ordentliche Falte, und gesagt: »Ist schon viel weniger, seit ich keine Rouladen mehr esse.« Unsere Blicke haben sich getroffen, meiner und der von Charlotte. Ich habe mir meinen Bauch gerieben und etwas Passendes geantwortet: »Kassler. Meine Mutter macht so ein gutes Kassler, da lecken Sie sich die Finger nach.«
Sie hat mich angeguckt.
»Aber meine Linie, ich esse ihn nicht mehr.«
Dann haben wir gelacht. Charlotte und ich. Charlotte, die eine Übergrößen-Boutique in Hamburg hat, um die 50 ist und neben mir im »Rauchfang« sitzt, dem Promi-Lokal Nummer eins auf Sylt, während Anne den Leuten was Gutes tut.
Wo ist Anne?
Ah, da!
Am A-Tisch mit den 13 Personen und der Exfrau vom Aga Khan. Sie haben die Aperitive gehabt, Wein, Bier bestellt, jetzt brauchen sie Brot. Sie muss der großen Tafel jetzt Brot bringen. Die Tafel verlangt nach Brot. Die Exfrau vom Aga Khan, dem Multimillionär, will Knusperkruste.
»Macht sie das nicht gut, die Anne?«, frage ich.
»Ja, ganz toll!«, sagt Charlotte. »Ist das Ihre Freundin?«
»So was Ähnliches.«
»Ah, ja!«
Anne sieht aus, als brülle sie gleich, so gestresst ist sie, sie hat eine weiße Staff-Bluse an, sie kommt kaum noch durch.
»Gleich machen sie Musik an«, sagt Charlotte und sieht aus, als wolle sie tanzen.
Anne leidet, überall sind Menschen, die im Weg rumstehen, nein, hier ist nichts mehr frei.
Charlotte sagt: »Herrlich!«
Es ist der wichtigste Tag des Jahres auf Sylt nach Silvester und Ostern und Pfingsten. Es ist der wichtigste Tag des Jahres für die Leute, die auf Sylt am wichtigsten sind: die Wirte.
Es ist Polo-Tag, der Tag, an dem erwachsene Männer auf Pferden einem Ball nachreiten. Es ist halb neun.
Anne hat eine Blase am rechten Hacken. Noch sieben Stunden, bis halb vier vielleicht, dann ist Feierabend. Dann zeigt sich, ob sich das alles gelohnt hat.
Dann entscheidet sich, ob das Spiel aufgehen wird. Das Spiel, das wir gespielt haben, unser erstes richtiges Engagement.
***
»Es wird Zeit, dass du mal was verdienst«, habe ich Anne gesagt. Hinter uns ein Porsche, vor uns ein
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