Reich kann jeder
Monaco.
Unser Hotel liegt im Jachthafen von Cap-d’Ail, und es ist dunkel, als wir ankommen. Es ist ein prächtiges Haus. Wir werden schon erwartet. Von Thierry.
»Da sind Sie ja«, ruft der VIP-Chef des Marriott und lässt uns von einem eifrigen Boy eine Flasche Rosé bringen. Wie er uns den Aufenthalt noch angenehmer machen könne, will Thierry wissen und notiert sich unsere Vorstellungen.
Er wolle, dass wir uns wohlfühlen, er habe schon so viel Gutes von uns gehört. Mir ist unbehaglich, ich habe ein bisschen Angst vor morgen.
Es ist, als sei ich im Urlaub, aber wir müssen Geld verdienen.
Müde fallen wir ins Bett, der Leuchtturm im Hafen wirft ein rundes Licht. Ich denke an Schönburg und was er gesagt hat, dass man allen Menschen das Gefühl geben muss, dass sie interessant sind, und dass man für sie im Zweifel eine Show machen muss.
***
Der Morgen ist laut und zeigt den Jetset-Wahnsinn vor unserem Fenster, das Meer liegt da, blau, azur.
Nach rechts ziehen die Jachten, nach links fliegen die Hubschrauber. Ich sehe Palmen auf Dächern, Dachterrassen als Sonnendecks, ockerfarbene Paläste und himmelblaues Meer. Ich ziehe die Gardinen beiseite und lege mich wieder hin.
Aus dem Bett beobachte ich das Mittelmeer im Minibar-Spiegel. Wie die Hubschrauber beim Start die Köpfe senken. Wie die Jachten weiß in der Sonne funkeln und am Pool Hochbetrieb ist.
Wie sich unten vollendete Sixpacks auf die Liegen legen und die Blondinen kommen, nicht älter als 25. Wie Jungs nicht wissen, ob sie sich im Pool entspannen sollen oder doch auf der Liege, wie Jungs mit der Sonnenbrille durch den Pool tauchen.
Ich sehe Mädchen mit Knallbikini und Sonnenbrille im Pool stehen. Die ältesten Männer haben die braunsten Schenkel.
Mein Blick geht auf Pool, Hafen und Meer, junge Araber, die sich die Fingernägel richten. Der Himmel und das Meer kämpfen um das schönste Blau.
Ein weißes Schlachtschiff läuft den Hafen an. Vorne fünf Mädchen, hinten drei Männer – alle fast nackt. Der Motor dröhnt so laut wie fünf Formel-1-Wagen.
Die Ersten husten.
Im Fahrstuhl, die Russen üben: »Reception«, »Bar«, »Salon«. Sie üben die Betonung der fremden ausländischen Worte.
Fünf Jahre, hat der Millionär gesagt. Fünf Jahre, und ich sei hier drin in den allerbesten Kreisen.
Jack Nicholson, Jean-Paul Belmondo.
Wer bin ich, frage ich mich.
Wir fahren rein in die Stadt von Monaco, durch ein Paar Tunnel durch zum Hafen, die »Lady Moura« ist da, ein Reichen-Schiff mit 15 Kilo schwerer goldener Schrift.
»Das wahre Monaco sitzt auf dem Boot«, sage ich zu Anne, und Anne sagt: »Die Autos haben mehr Form als die Körper der Menschen.«
Bei jedem Dickeren, der vorbeikommt, kommt ihr ein bisschen Ekel. Die dicken Menschen gefallen ihr nicht. Es sind viele Dicke da. Russen, Araber. Man könnte fast meinen, dass sie sich die Stadt aufgeteilt haben.
Ihr gruselt ein bisschen vor den Badeschlappen-Reichen und vor dem, was wir heute machen wollen.
Sie fühlt eine kalte Hand, tiefer als sie darf, und fürchtet in Gedanken, dass ich sie nicht rette. Sie fühlt vor.
»Guck mal, Jan«, sagt sie. »Diese ganzen Videokameras. Hoffentlich werden wir dabei nicht gefilmt.«
»Ja«, sage ich, »gefährlich!«
Zwei Stunden sind es mit dem Auto von Monaco nach Saint-Tropez. Pampelonne heißt der fünf Kilometer lange Strand vor Saint-Tropez, weltberühmt soll er sein, aber ich kenne ihn nicht. Der Strand der Sehnsüchte, an dem Gunter Sachs Brigitte Bardot küsste.
»Am Strand gibt es keine Polizei, die uns festnehmen könnte«, sage ich. »Wollen wir lieber da anfangen?«
Ich nenne es jetzt die Schweinchennummer am Meer.
Anne hat ein kurzes gelbes Sommerkleidchen mit Seidenträgern an, das ganz leicht um ihre Beine weht und über dem Knie schon aufhört. Anne hat ein bisschen Angst.
»Anne, die tragen dich auf Händen. Das wird eine Show«, sage ich. »Die haben Langeweile und freuen sich, wenn wir kommen.«
»Was ist, wenn einer mit mir wegläuft?«, fragt Anne.
»Wo soll er denn mit dir hin?«
Auf dem rappelvollen Parkplatz mit den roten und schwarzen Ferraris zieht sie sich den Lippenstrich wie eine junge Dame, ganz dezent.
»Nicht, dass du schwitzt, Anne!«
»Nein, mein Deo hält 24 Stunden. Du rettest mich doch?«
»Ja, natürlich.«
Wir klappen den Kofferraum zu und gehen in Richtung Strand, staubig ist es und 35 Grad heiß.
Kniend schreibt Anne das Pappschild, das sie gleich hochhalten wird an dem Strand, an dem
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