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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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Lehrers.
    »Sehe ich immer so aus oder nur vor der Kamera?«, stammelt Anne entsetzt, als Norbert Vojta das Band noch einmal für sie ablaufen lässt.
    »Ich fühle das gar nicht, dass ich so kalt bin«, sagt sie, »wie soll denn das weggehen?«
    Sie ist wirklich empört über sich selber, sie schämt sich.
    »Ein Kühlschrank spürt das auch nicht. Das geht nie weg!«, rutscht es mir aus Versehen raus, und Vojta guckt mich streng an.
    »Ist schon in Ordnung, die Anne.«
    Sie solle mal die Beine andersrum übereinanderschlagen, keine Stiefel, zu sexuell, lieber College-Schuhe. Das sehe freundlicher aus.
    Lockerer soll sie sprechen, mit Mut zum Fehler. Und immer positiv: »Nein, nicht sagen: Ich kann nicht kochen, ich kann nur Lasagne. Lieber sagen: Lasagne kann ich am besten!«
    Immer mehr Tipps holt er raus, wie wir sein müssten. Die kleinen Dinge, die wir wissen müssen, wenn wir etwas wollen – von anderen. Die Kniffs, mit denen wir Normalos die anderen dazu kriegen, uns dabei zu unterstützen.
    Er erklärt es auch an sich selber. Er erklärt es uns ganz genau, und es ist so eine Art Mixtur aus Unterordnung, überraschen, besonders sein. Überraschen mit allem. Charme, Information. Lautstärke.
    Wir müssten authentisch sein, verbindlich. Das müssten wir wirklich. Und wir müssten die Grenzen unserer Anpassung finden.
    Ja, meine Anpassung müsse wirklich Grenzen haben.
    Er könne den Leuten 20 Minuten am Stück in die Augen gucken, das habe er vor dem Spiegel gelernt. Er könne brüllen, schneller, lauter als alle anderen. Lautstärke sei auch eine Waffe.
    Ja, das müsse man können, wenn man sich durchsetzen wollte, auch mal schreien. Er ist früher immer nach Ostberlin gefahren zum Üben, nach Pankow, unter das Viadukt der U-Bahn. Wenn der Zug kam, war er nicht einfach nur laut, sondern lauter als der Zug.
    Seine Worte sind streng und ehrlich, aber auch wie eine schützende Hand, die sich über mich legt. Ein bisschen fühle ich den Suchtfaktor.
    »Recherchieren! Recherchieren! Recherchieren!«, fordert er von mir so eindringlich, dass ich es wahrscheinlich nie vergessen werde. »Du musst in der Lage sein zu begeistern, du musst dich vorher informieren, auf wen du triffst, du kannst dir Fotos angucken, was hat der an? Wenn der Wichtige ohne Schlips kommt, kommst du mit und nimmst ihn dann ab. Du musst auf dich aufmerksam machen. Und zwar dermaßen auf dich aufmerksam machen, dass die Person dich nie vergisst.«
    Wenn wir es wirklich schaffen wollten, Anne und ich, könnten wir eine Marke setzen, indem wir Exklusivität böten. Sachen tun, die andere nicht tun, das sei ein Schlüssel zum Erfolg.
    Seid exklusiv, gebt Handküsschen, die andere nicht geben. Nehmt die Leute an die Hand, führt sie, zeigt Konturen, seid besonders.
    »Fragt die Leute, von denen ihr etwas wollt: Wo haben Sie Ihre Krawatte gekauft? Fragt das und fasst ihn an, den Schal: Das ist aber ein toller Schal, den Sie da haben.«
    Selbst wenn der Schal des Gegenübers gar nicht so toll sei, könne man den loben. Schade doch keinem, nütze allen.
    Ich merke, was für ein besonderer Spieler Norbert Vojta ist, wie er die Herzen der Menschen aufschließt.
    Das Leben ist ein Klavier und jede Taste eine Möglichkeit. Das Leben ist eine Schatzkiste, und für jeden gibt es einen Trick.
    Alles gehe, alles sei erlaubt, das ganze große Spektrum. Man könne Wusel-Wusel machen und sich an den Unwichtigen zu den Wichtigen vorbeimogeln, drei Mal in die Hände klatschen, wenn man komme, bis alle wegspringen. Man könne eine Show machen mit allem Pipapo, man könne auch schreien. Er schreit, er schreit vor. »Sie spinnen ja!«, man könne brüllen, wenn es nötig sei. Drohen, tanzen und schon am Flughafen wichtig sein. Entscheidend sei, dass man seine Rolle ausschöpfe und am Ende gewinne.
    Würden wir Gäste bewirten?
    Ja, das würden wir.
    Im Restaurant, da sollten wir doch in Zukunft nicht nur einen Tisch reservieren, wenn wir einen Gast bewirten wollen. Das machten schließlich alle. Da könne man doch viel mehr machen, ganz andere Effekte erzielen, wenn wir zeigen, wie sehr wir uns um unsere Gäste kümmern.
    Wir könnten ja auch ein Foto vom Gast ins Lokal schicken, damit er mit Namen angesprochen wird, kaum dass er da ist. Wir müssten zumindest wissen, wo die Toilette ist, und sie zeigen können. Wir müssten wissen, ob die Kalbsbrüstchen ganz hervorragend sind, und die empfehlen, wenn wir wüssten, dass unser Gast sich nach Kalbsbrüstchen

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