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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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verzehre.
    »Köstlich, haben Sie schon mal an die Kalbsbrüstchen gedacht, die sind hier wirklich ganz hervorragend.«
    Man könne, wenn es ganz wichtig sei, sogar die Speisekarte ändern lassen – um eine besondere Präferenz zu bedienen.
    Die Sekretärin. Die Gattin. Die persönliche Sekretärin. Der persönliche Sekretär: Es gebe immer einen, den man vor dem wichtigen Termin kurz bezirzen kann, der einem gerne etwas verrate. Eine Besonderheit, eine Vorliebe, eine kleine ganz persönliche Schwäche, einen geheimen Titel, den fast niemand weiß und den der Herr so gerne hört. Und dieses Wissen, das sei dann der Vorteil, der einen von anderen unterscheide.
    Vojta spricht, er redet schnell, es ist, als lege er ein Band an die Menschen und halte die Fäden, ohne dass sie es merken. Bis sie es lieben, geführt zu werden.
    Und es klingt alles so wahnsinnig einfach.
    »Hör auf Vojta«, sage ich Anne. Das werde ich in Zukunft noch oft sagen. »Denk an ihn, dann machst du nichts falsch!«
    Anwenden, anwenden, anwenden! Das ist es, was ich mir schwöre, vielleicht für immer.
    Ich bringe ihn runter zur Tür, der Teppich ist linksschüssig, er rollt immer zur Seite mit seinem Rollstuhl, den er erst seit Kurzem hat, seit seinem Unfall.
    »Denk dran, Hosen hoch«, sagt er und guckt mich noch einmal an. »Denk an alles!«
    »Sei ein Gentleman. Du tust so, dann musst du das auch sein!«
    Ein letzter Blick, ein letzter Handschlag.
    »Musst nicht mit rauskommen«, sagt er und rollt davon, immer geradeaus.
    Ich gucke ihm hinterher. Was er mit mir gemacht hat, frage ich mich, dass ich mich so unendlich gut fühle. Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht, aber es ist gut.
    Ich sehe ihn von hinten, so klein, wie er dort sitzt. Er wird immer ein Großer für mich sein!
    ***
    In den nächsten Tagen gehen wir sehr offensiv mit unserer Idee um, reich zu werden. Wir schrecken auch vor TV-Kameras nicht mehr zurück.
    Große Gruppen sitzen da in einem Saal im Berliner Hotel Mercure, in dem es sehr heiß ist. Es gibt Nummern für alle, man muss Fragen vor der Kamera beantworten. Woher man sich kenne, warum man sich möge.
    Anne und ich, wir kommen in die zweite Runde.
    Eine aufgeregte Casting-Frau stellt dort noch mehr Fragen, um zu erfahren, ob die Kandidaten geeignet genug seien für die Game-Show und was sie so besonders macht. Ob sie dem Moderator am Ende auch wirklich gefallen würden.
    Ich gebe fast dieselben Antworten wie bei Vojta, nur dass ich dieses Mal gar nicht unsicher bin. »Wir machen ganz viel verschiedenes Zeug. Wir versuchen damit reich zu werden, wir schreiben darüber auch ein Buch.«
    Das gefällt der Casting-Frau. Ich glaube, das ist es, was ihr so an uns gefällt.
    »Herzlichen Glückwunsch, dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg in Hamburg«, sagt sie, und ich umarme Anne äußerst überschwänglich.
    Ich weiß ja noch nicht, dass die Casting-Frau in Hamburg auch noch einen Chef hat und dass wir uns noch ein paar Tage gedulden müssen, bis endlich die definitive Zusage kommt.
    Dass ich ein paar Mal zum Briefkasten rennen muss, bis die Produktionsfirma endlich ihren Brief schreibt.
    ***
    »Macht ihr jetzt alles zusammen?«, fragen mich meine Freunde und meinen Anne und mich. Ich verstehe die Frage nicht richtig.
    »Ich meine, seid ihr jetzt Tag und Nacht zusammen?«, fragen sie und klingen wirklich ein bisschen besorgt.
    »Und das geht gut? Wollt ihr nicht hin und wieder mal getrennt was machen?«
    Ich möchte nichts von Anne getrennt machen – ich möchte, dass die Tage wachsen und länger werden. Damit ich noch mehr schaffen kann.
    In der Post-Schlange denke ich, dass ich das alles nicht mehr nötig habe, als es einmal nicht vorwärts geht, und ich überlege mir, ob ich schreien soll, weil es so lange dauert.
    Ich müsste jetzt eine Show machen, eine Riesennummer, und ruck, zuck wäre ich vorne, denke ich.
    »Meine kranke Mutter steht im Halteverbot, sorry!« Wusel, wusel, wäre ich dran.
    »Meine kranke Mutter«, setze ich an und kriege es nicht raus.
    Ich könnte den Brief schwingen, zweimal in die Hände klatschen: Klatsch, klatsch.
    »Entschuldigen Sie, ich muss hier einen Stempel drauf haben, hat irgendjemand was dagegen, es ist sehr, sehr dringend!« Schon wäre ich dran.
    Ich gucke auf meine Hände und fühle mich nicht dazu in der Lage, die Post zusammenzuklatschen.
    Reiche würden das so machen.
    Bin ich zu höflich oder zu ängstlich? Ich bleibe stehen.
    Abends treffe ich einen Kumpel. Ich

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