Reid 2 Die ungehorsame Braut
der fortgeschrittenen Stunde hatte sich bereits Stille über das Haus gesenkt, nur hier und da brannten noch Lampen. Als Raphael sah, dass der wachhabende Diener am Haupteingang auf einem Stuhl saß und schlief, schlüpfte er ungesehen ins Haus und lief geradewegs in sein Zimmer. Er benötigte dringend Schlaf, um ein wenig Kraft für die Konfrontation mit Ophelia zu schöpfen.
Als er bemerkte, dass Ophelia in seinem Bett lag, stockte ihm der Atem. Was sollte er jetzt tun? Am besten, er suchte sich ein anderes Zimmer. Doch er blieb wie angewurzelt stehen, machte keine Anstalten, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Stattdessen starrte er fasziniert auf die schlafende Gestalt.
Sie lag in seinem Bett. Ihr helles, vom Mondlicht beschienenes Haar, das sich auf seinem Kissen ergoss, glänzte beinahe weißlich. Sie hatte die Vorhänge nicht zugezogen. Es war eine sternenklare Nacht, und der Mond schickte sein silbernes Licht auf die Erde. Deshalb hatte Raphael es auch schneller als sonst nach Norford Hall geschafft. Dennoch war es spät, sehr spät. Vermutlich schlief sie bereits seit Stunden.
Sie lag in seinem Bett. Und sie war seine Frau. Nicht einmal eine Horde wilder Pferde hätte ihn aus dem Zimmer jagen können.
Ob sie für gewöhnlich tief schlief? Ob sie merken würde, wenn er sich zu ihr legte? In Windeseile entledigte er sich seiner Kleider und tat genau das. Sie erwachte nicht. Sie bewegte sich keinen Fingerbreit. Und er war hundemüde. Hinter ihm lag ein langer Tag voller unangenehmer Überraschungen. Es war das Beste, wenn er jetzt schlief. Dass er nicht früh genug wach würde, darum musste er sich wohl kaum Gedanken machen. Dafür würde Ophelia schon sorgen, wenn sie in der Früh entdeckte, dass er neben ihr lag. Es reichte, wenn er sich dann um diese Xanthippe kümmerte.
Im Augenblick war diese Xanthippe nirgends zu entdecken. Es stand außer Frage, dass er in aller Seelenruhe neben ihrem weichen, warmen Körper schlafen konnte. Mit Sex hatte er es schon einmal geschafft, ihre Wut zu besänftigen. Oder war das etwa auch nur eine Lüge gewesen, um ihn glauben zu machen, es sei ihm gelungen, sie zu ändern? Es gab nur eine Möglichkeit, um das herauszufinden...
Kapitel neunundvierzig
E s dauerte nur einen Augenblick, bis Ophelia merkte, woher das Wohlgefühl rührte, das durch ihren Körper strömte. Nein, sie würde Rafe den Weg, den er einzuschlagen gedachte, nicht verweigern. Sie war ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Sie würde nicht zulassen, dass sie auf die exquisiten Freuden verzichtete, die er ihr bescheren konnte, nur weil die Wut, die er in ihr heraufbeschworen hatte, sich nicht auflösen wollte.
Sie wusste instinktiv, dass das Liebesspiel mit ihm ihrer Wut nichts anhaben konnte. Mit ein wenig Glück vergaß sie sie für kurze Zeit, aber mehr war nicht zu erwarten, das spürte sie. Schließlich war sie betrogen worden, wenn auch nicht im eigentlichen Sinne. Doch die Wette hatte ihr das Herz gebrochen. Sie wies alle Symptome auf, die ein Mensch hatte, der an einem gebrochenen Herzen litt. Und genau das erklärte auch, warum sie die alles entscheidende Frage noch nicht beantwortet hatte. Ja, sie hatte sich in diesen Mann verliebt. Deshalb würde auch ein Schäferstündchen mit ihm ihr Herz nicht wieder heilen können. Aber es war Balsam für ihre geschundene Seele, dass er ihr nicht widerstehen konnte.
Ihr Nachthemd aus Leinen, das sie wie immer, wenn sie unter der Decke lag, bis über die Knie geschoben hatte, war für ihn kein Hindernis gewesen. Er hatte es kurzerhand bis über ihr Becken geschoben. Als sie aufgewacht war, hatte er ihr sanft über die Innenseiten ihrer Schenkel gestrichen. Jetzt glitt sein Finger in sie, gerade tief genug, dass er ein leichtes Kribbeln in ihr freisetzte. Der obere Teil ihres Nachthemdes war, wie es sich gehört, bis oben hin zugeknöpft gewesen, doch Raphael hatte nicht eher Ruhe gelassen, bis ihre Brüste freilagen. Er hatte seinen Mund über eine ihrer Brustwarzen gestülpt und sog nun leicht daran.
Ophelia versuchte erst gar nicht, gegen die sinnlichen Gefühle anzukämpfen, die in ihr aufflackerten. Im Gegenteil, sie ließ sich fallen, kostete jedes Ziehen und jedes noch so winzige Beben aus. Allerdings kostete es sie einige Kraft, ihren Atem unter Kontrolle zu halten und sich nicht den sinnlichen Seufzern hinzugeben, die an die Oberfläche drängten. Zwar stellte sie sich nicht schlafend, aber sie hatte schlicht und ergreifend keine
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