Reid 2 Die ungehorsame Braut
Phelia...«
»Lassen Sie es gut sein«, fiel sie ihm mit einem schwachen Lächeln ins Wort. »Ich bin an Eifersucht gewöhnt, es macht mir nichts mehr aus.«
»Sie meinen also, es steckt Eifersucht dahinter?«
»Ja. Auch wenn sie in diesem Fall vollkommen unberechtigt ist. Aber es ist ja gemeinhin bekannt, dass Eifersucht nicht unbedingt etwas mit der Wahrheit zu tun hat oder auf Fakten beruht. Und glauben Sie mir, ich weiß das besser als so manch anderer.«
»Eine gar lobenswerte Einstellung, meine Liebe«, merkte Esmeralda an. »Aber meine Nichte geht für gewöhnlich nicht grundlos an die Decke.«
Ophelia lächelte. »Ich kann es ihr kaum übel nehmen, da ich für gewöhnlich diejenige bin, der die Hutschnur platzt. Rafe, wären Sie so freundlich, mich jetzt auf mein Zimmer zu begleiten? Mir steht nämlich nicht der Sinn nach einer weiteren Attacke Ihrer werten Schwester.«
Kapitel dreiundzwanzig
E s war reichlich verwegen von Ophelia, Rafe darum zu bitten, sie nach oben zu begleiten. Immerhin handelte es sich um ein Schlafzimmer. Die Etikette verlangte eigentlich, dass sie Esmeralda um diesen Gefallen bat. Doch das scherte Ophelia nicht. Da sie sich nicht aus freien Stücken auf Alder’s Nest aufhielt, waren ihrer Meinung nach die sonst geltenden Gesetze des Anstands außer Kraft gesetzt.
Wenn es nach ihr ginge, brauchten Rafe und sie keine Anstandsdame. Sie wünschte sich, sie beide hätten das Haus für sich allein, denn dann könnten sie seine verwegene und fesselnde Theorie überprüfen. Sie spürte, dass sie keine Sekunde zögern würde, wenn er sie verführte. Natürlich lief sie dann Gefahr, ihrem zukünftigen Ehemann beichten zu müssen, dass sie keine Jungfrau mehr war, aber schließlich konnte sie niemand zwingen, einen Namen zu nennen. Wenn sie Glück hatte und einen Mann fand, der sie von Herzen liebte und nicht nur von ihrem betörenden Antlitz geblendet war, dürfte dieser winzige Makel kein wirkliches Problem darstellen. Und falls doch, hätte sie einen Beweis dafür, dass ihr Zukünftiger sie nicht mit Leib und Seele liebte.
Am oberen Treppenabsatz angekommen, verlangsamte Ophelia bewusst ihre Schritte. Ja, jetzt war sie sich sicher. Sie wollte noch einmal vom Kelch der Leidenschaft kosten, wollte wissen, was es mit seiner Theorie auf sich hatte. Selbstredend konnte sie sich nicht hier im Flur auf ihn stürzen. Nein, dazu bedurfte es ein wenig mehr Finesse.
»Bitte seien Sie versichert, dass ich nichts von dem, was Ihre Schwester angedeutet hat, im Schilde führe«, schnurrte sie.
»Nett von Ihnen, es noch einmal zu betonen, aber das haben Sie mir ja bereits zu Beginn Ihres Aufenthalts unmissverständlich klargemacht, Phelia. Allerdings...« Raphael wollte noch etwas Versöhnliches hinterherschieben, doch Ophelia ahnte bereits, worauf er hinauswollte. Darauf, wie sie ihm auf Summers Glade entgegengetreten war.
»Das war, bevor ich wusste, dass Sie nicht nach den Regeln spielen. Und um ehrlich zu sein, jeder Mann wäre mir zu jener Zeit recht gewesen, selbst Sie. Ich bin von ungeduldiger Natur und wollte es einfach hinter mich bringen. Sie waren einer der wenigen Männer, die ich kannte und die mein Vater akzeptieren würde.«
»Jetzt müsste ich eigentlich beleidigt sein«, erwiderte er mit breitem Grinsen.
»Sie sehen auch ziemlich gekränkt aus, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf«, antwortete sie kokett. »Wie dem auch sei, ich kannte Sie damals noch nicht richtig, und meine Folgerungen hatten nichts mit Ihrer Person zu tun. Es ging einzig um Ihren Titel und um meinen Vater. Ihr Vermögen, auf der anderen Seite...« Sie hielt kurz inne und gluckste. »Ich gebe zu, das war mein persönliches Kriterium. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mir einen Ruf als die Gastgeberin Londons zu erarbeiten und die prächtigsten Bälle auszurichten, welche die Stadt je gesehen hat. Dafür ist natürlich auch ein wenig Geld nötig. Solange ich die freie Wahl habe, werde ich also keinen mittellosen Mann heiraten, so lieb er auch sein mag. Und zum Glück sind Sie nicht der einzige Junggeselle, der meine Kriterien erfüllt.«
Raphael täuschte ein gelangweiltes Seufzen vor. »Da lehnt sich aber jemand mächtig weit aus dem Fenster.«
Eine zarte Röte kroch Ophelia in die Wangen. »Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass es mehr Männer gibt, die ich in die engere Wahl ziehen würde, im Gegensatz zu meinem Vater. Aber ich bin
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