Reid 2 Die ungehorsame Braut
Mama.«
»Wir waren alle ziemlich überrascht, als wir hörten, dass du dich wieder mit Duncan verlobt hättest.«
»Und eine noch größere Überraschung war es sicherlich, dass wir die Verlobung wieder aufgelöst haben«, wagte Ophelia sich vor.
»Nun, ja. Aber vergiss nicht, wer stattdessen ein Auge auf dich geworfen hat. Der Locke’sche Erbe. Dein Vater ist außer sich vor Freude.«
Ophelia zuckte innerlich zusammen. »Rafe und ich sind lediglich befreundet, Mama. Aus uns wird niemals ein Paar.«
»Wirklich?« Mary runzelte vor Enttäuschung die Stirn. »Hast du denn nicht auch nur einen Augenblick darüber nachgedacht, ihn zum Mann zu nehmen?«
»Doch, schon, aber er hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er zu einem solch großen Schritt noch nicht bereit ist. Außerdem ist es zur Abwechslung ganz nett, mit einem Mann befreundet zu sein, der mir nicht zu Füßen liegt.«
Mary verdrehte die Augen. »Tu mir den Gefallen und schreib ihn noch nicht ab. Manche Männer brauchen etwas länger, um einen Schatz zu erkennen, wenn sie darüber stolpern. In der Zwischenzeit tun wir so, als hättest du nicht das Interesse des begehrtesten Junggesellen des Königreichs geweckt.« Mary grinste. »Du hättest uns wenigstens eine Nachricht schicken können, dass du zurückkommst. Dann hätte ich ein Fest für dich veranstaltet.«
Dieser Vorschlag überraschte Ophelia nicht im Geringsten.
Er erklärte auch, weshalb Ophelia dem Glauben erlegen war, sie könnte nur glücklich sein, wenn sie den prunkvollsten Ball ausrichtete, den London je gesehen hatte. Doch Ophelias Prioritäten hatten sich vorerst verschoben, und sie wünschte sich fürs Erste nichts sehnlicher, als der eisernen Hand ihres Vaters zu entkommen.
Um ihrer Mutter zu gefallen, sagte sie: »Das kannst du doch noch immer tun. Dann wissen wenigstens alle, dass ich wieder in der Stadt weile.«
»Die Idee ist mir gerade auch gekommen. Aber wir dürfen den Stapel Einladungen nicht vergessen, der sich in der Zwischenzeit angesammelt hat. Am besten, du siehst ihn gleich einmal durch und sagst mir, ob es diese Woche noch eine Festivität gibt, die dich interessiert.«
»Ich werde sie mit in mein Zimmer nehmen.«
»Prima, geh und ruh dich ein wenig aus, während ich mit der Gästeliste anfange. Ich bin überzeugt davon, dass ich den einen oder anderen davon überzeugen kann, seine Verabredungen für den heutigen Abend abzusagen, um hierherzukommen.«
Als Ophelia am Abend die Treppe herunterkam, musste sie feststellen, dass ihre Mutter sich selbst übertroffen hatte. Im Haus wimmelte es vor Gästen, darunter auffällig viele junge Männer, die ihr teils unbekannt waren. Erleichtert, dass sie sich für ein eher prunkvolles Kleid entschieden hatte, lief sie die Treppe hinunter.
Ophelia genoss es, wieder über ihre gesamte Garderobe zu verfügen, statt in ihrer Auswahl auf die wenigen Kleider in ihren Reisetruhen beschränkt zu sein. Sadie hatte ihr für den Abend ein cremefarbenes Seidenkleid mit weißem Spitzenbesatz herausgesucht. An ihren Ohren baumelten wertvolle Perlen, und ein ovaler Kettenanhänger zierte ihren Hals. Wie meistens trug sie das Haar zu einer eng anliegenden Frisur hochgesteckt.
lediglich einige Ringellöckchen bedeckten ihre Schläfen. Gekrönt wurde die Frisur von den mit Perlen besetzten Haarklammern.
Gerade als sie in den Salon blickte, fing ihre Mutter sie ab. Ophelia sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Mary wusste, worauf ihre Tochter hinauswollte, und sagte nur: »Ich hätte nie gedacht, dass alle Zusagen, aber irgendwie überrascht es mich doch nicht. Schließlich genießt du einen hohen Bekanntheitsgrad.«
»Wird Vater kommen?«
Mary errötete. »Ich habe ihm keine Nachricht geschickt, dass du wieder da bist, falls du das meinst. Ich hatte vor, es ihm heute Nachmittag zu erzählen, aber dann hat er ausrichten lassen, er würde später kommen.« Mary zuckte die Achseln. »Ist aber auch einerlei. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass er nicht da ist. Wir wissen auch allein, wie wir uns amüsieren, habe ich recht?«
Ophelia hätte um ein Haar losgelacht, weil ihre Mutter manchmal so leicht zu durchschauen war. Mary wusste, dass Ophelia und ihr Vater sich nicht sonderlich grün waren und sich in Windeseile gegenseitig bis aufs Blut reizten. Da sie keinerlei Anstrengungen unternommen hatte, ihren Gemahl über das Fest geschweige denn den Anlass desselben in Kenntnis zu setzen, gab sie Ophelia die Möglichkeit, den
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