Reid 2 Die ungehorsame Braut
würde ich an deiner Stelle nicht wetten. Was glaubst du, warum es mich zwei Monate gekostet hat, in den Besitz dieser Stute zu kommen? Ihr Vater war ein preisgekröntes Rennpferd. Deshalb hat sie auch eine Stange Geld gekostet.«
»Du wolltest sicherstellen, dass du jedes Rennen gewinnst, habe ich recht?«
»Natürlich!«
»In dem Fall werde ich wohl ihren Vater kaufen müssen.«
Aus irgendwelchen Gründen musste Ophelia für den Rest des Heimwegs bis über beide Ohren grinsen.
Kapitel zweiunddreißig
R aphael kehrte zu seinem Haus in der Grosvenor Street zurück, die sich östlich des Platzes mit ebendiesem Namen befand. Er wohnte in einem völlig anderen Stadtteil und hatte an und für sich keinerlei Veranlassung gehabt, bei Ophelia vorbeizureiten.
Er war so in seine Gedanken vertieft, als er das Haus betrat, dass er den Besucher, der leger im Türrahmen des Salons gelehnt stand, gar nicht bemerkte. Ophelias Anblick schwirrte ihm noch immer im Kopf herum und ließ ihn nicht mehr los. Wie sie ihn angelacht hatte, als es ihr die Mütze vom Kopf gerissen hatte. Wie ihr Haar fächerartig um ihren Kopf gelegen hatte und wie sie sich mit einem leicht verdrießlichen Gesichtsausdruck auf die Ellbogen gestützt hatte, nachdem sie vom Pferd gefallen war. Voller Entzückung hatte sie darauf reagiert, dass er sich um ihre wunden Stellen gekümmert hatte.
Hinzu kamen die Erinnerungen an den vorigen Abend. Der sinnliche Ausdruck auf ihrem Antlitz, nachdem sie ihn im Speisezimmer geküsst hatte. Nein, daran durfte er nicht denken, genauso wie an seine Versuchung, sich in ihr Elternhaus zu schleichen, nachdem sämtliche Lichter verloschen waren. Er hatte doch tatsächlich in der Kälte hinter dem Haus gestanden und das Für und Wider abgewogen, bis er zu dem Entschluss gekommen war, es lieber nicht auszuprobieren, ob die Hintertür tatsächlich entriegelt war. Später in seinem Bett hätte er sich dann ohrfeigen können, weil er es nicht einmal versucht hatte.
Er hätte nichts lieber getan, als sich ein weiteres Mal mit ihr zu vereinen, aber es war einfach keine sonderlich gute Idee, jetzt, wo sie wieder zu Hause war. Sie musste einen Ehemann finden. Das war das erklärte Ziel seines Experiments gewesen. Ihm lag viel daran, dass sie ein glückliches Leben führte - mit jemandem anderem. Und genau diese Vorstellung irritierte ihn zunehmend.
Das Räuspern riss ihn aus den Gedanken und lenkte seinen Blick in Richtung Salon, wo ein hochgewachsener Mann in einem Kilt stand. »Duncan! Warum, zum Teufel, hast du denn nicht gesagt, dass du nach London kommst? Wir hätten doch zusammen reiten können. «
»Weil mir das erst später klar geworden ist«, antwortete sein Freund. »Sabrinas Tanten haben darauf bestanden, dass wir nach London reisen. Sie wollen eine besondere Spitze für den Brautschleier kaufen, die sie nur hier bekommen. «
»Und du begleitest die Damenriege? «
Duncan schnaubte. »Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ein paar Tage mit Sabrina allein zu verbringen, aber nein, sie haben sie einfach mitgeschleppt, und ich wollte sie auf gar keinen Fall in dieser verruchten Stadt allein wissen. «
»Was London angeht, muss ich dir leider widersprechen, nicht alles an dieser Stadt ist verrucht«, sagte Raphael mit einem Feixen. »Bei Sabrina stimme ich dir allerdings voll und ganz zu. Wenn ich eine Verlobte hätte, würde ich sie auch nicht aus den Augen lassen. «
Duncan hob eine Augenbraue. »Spielst du etwa mit dem Gedanken, dich zu binden? «
»Wie kommst du denn darauf? «
Duncan lachte. »Weil du gerade sagtest, du würdest... «
»Ich habe nichts weiter getan, als dir zuzustimmen. Wenn mich nicht alles täuscht, ist dies dein erster Besuch in der Stadt, nicht wahr? «
»Mein erster und mein letzter, wenn es nach mir geht. «
»Wie lange wirst du bleiben? «
»Die Damen haben bereits gefunden, wonach sie gesucht haben Sie schon wieder im Hotel. Wir werden morgen in aller Früh abreisen. «
»So schnell? Wenn du schon mal hier bist, solltest du dir die Zeit nehmen, die Stadt ein wenig näher kennenzulernen. Was hältst du davon, wenn ich dir heute das Nachtleben zeige? Betrachte es als eine Art Junggesellenabschied. « »Das ist ein Grund zum Feiern, nicht zum Trauern«, entgegnete Duncan gut gelaunt. »Hätte nie gedacht, dass ich es mal kaum erwarten kann, vor den Altar zu treten. Drei verflucht lange Wochen muss ich noch warten. Aber nein, ohne mein Mädchen gehe ich nicht aus.
Weitere Kostenlose Bücher