Reid 2 Die ungehorsame Braut
hinweg. Der nördliche Weg verlief am Rande des Parks und führte an einem großen See vorbei, ehe er sich selbst wieder kreuzte. Er war Wesentlich länger als das südliche Gegenstück, das sie so gut wie nie nahm. Rafe kam stetig näher, wurde ihr aber noch nicht gefährlich. In der Ferne konnte sie bereits das Bootshaus erkennen. Vielleicht würde sie sogar Schlittschuhläufer sehen...
Plötzlich riss es Ophelia aus dem Sattel. Zum Glück schlug sie nicht allzu hart auf dem Boden auf. Es dauerte einen Augenblick, bis Ophelia erkannte, warum das Pferd gescheut hatte. Eine Schlange kreuzte ihren Weg, und sie konnte von Glück reden, dass sich das Pferd auf die Hinterbeine gestellt hatte und sie nicht kopfüber aus dem Sattel geschleudert worden war. Es war ihr unverständlich, wie ein so großes Tier vor einer winzigen und harmlosen Schlange Angst haben konnte.
Gerade als Ophelia einige Mal tief durchgeatmet und sich auf die Ellbogen gestützt hatte, sprang Rafe regelrecht aus dem Sattel und fiel so schnell auf die Knie, dass er ein Stück schlitterte.
»Gütiger Gott, du hast mich zu Tode erschreckt!«, rief er aufgeregt.
»Mir geht es gut«, versicherte sie ihm hastig.
»Dann kannst du von Glück reden. Man sollte deinen Vater erschießen, weil er dir ein so nervöses Pferd gekauft hat.«
»Er hat sie nicht ausgesucht, das war ich. Monatelang habe ich ihm in den Ohren gelegen, bis er mir die Stute gekauft hat. So funktioniert das nun mal zwischen ihm und mir. Ich nörgle, bis er nachgibt, weil er seine Ruhe haben will. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er sich das Pferd noch nicht einmal angesehen.«
»Wie dem auch sei...«
»Wirklich, mir geht es gut. Sei so nett, und hilf mir auf, dann...«
Raphael zog sie in den Stand, und ehe sie es sich versah, raubte er ihr einen leidenschaftlichen Kuss und tastete nach ihrem Gesäß, um sanft die Stelle zu massieren, auf die sie gefallen war. Ophelia entfuhr ein wohliges Stöhnen. Ihr war, als stellten sein langsames, sinnliches Streicheln und der leidenschaftliche Kuss ihren Magen auf den Kopf, und sie meinte, keine Luft mehr zu bekommen.
Doch dann ließ er unverhofft von ihr ab. Um ein Haar hätte sie das Gleichgewicht verloren. Dann drehte er sich um, damit er sie nicht mehr ansehen musste, und Ophelia klopfte sich den preck von den Kleidern.
»Ich hoffe, dass du nicht immer in diesem Aufzug reiten gehst«, schalt er sie, als er sich daranmachte, die Zügel der Pferde einzufangen.
»Nein, natürlich nicht.«
Sobald er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, warf er ihr einen hastigen Blick zu.
»Und wieso hast du dich ausgerechnet heute für Seide und Spitze entschieden?«
»Nun, ich war in...« Sie hielt inne, um nach einer Entschuldigung zu suchen, damit sie nicht zugeben musste, dass sie ihm nachgeeilt war. »Weißt du was, im Grunde geht dich das gar nichts an«, sagte sie streng.
»Wie du meinst«, antwortete er achselzuckend. »Aber ich schlage vor, du reitest auf direktem Weg nach Hause.« »Genau das habe ich auch vor.«
Raphael half ihr zurück in den Sattel. Dazu hätte er seine Hände an diversen Stellen ihres Körpers platzieren können, doch es gelang ihm, sie nicht noch einmal zu berühren. Er verhielt sich ziemlich unpersönlich, zu unpersönlich. Allerdings befanden sie sich in einem öffentlichen Park, wenngleich sich nur wenige Zeitgenossen hierher verirrt hatten, die sich noch nicht einmal in unmittelbarer Nähe befanden. Nur zu gern hätte Ophelia gewusst, warum er in der Nacht nicht gekommen war, fand es aber unangemessen, ihn darauf anzusprechen. Zumal er den Anschein machte, dass ihm nicht der Sinn danach stand, darüber zu reden. Und außerdem hatte Mark mittlerweile zu ihnen aufgeschlossen. Da er sich - wie immer - so weit im Hintergrund aufgehalten hatte, war ihm ihr Sturz entgangen. Hin und wieder ritt sie in gemäßigtem Tempo, weil er kein sonderlich guter Reiter war. Darüber hinaus hatte sein Ross nicht den Hauch einer Chance, mit ihrem Vollblüter mitzuhalten. Aber für gewöhnlich entschied sie sich für einen gestreckten Galopp und wartete anschließend darauf, dass er sie einholte.
»Vielen Dank für das Rennen«, sagte sie, an Rafe gewandt, ehe sie grinsend hinzufügte: »Ich liebe es, wenn ich gewinne.«
»Genau wie ich«, antwortete er nicht minder verschlagen. »Eines Tages tragen wir ein ordentliches Rennen aus, und dann wirst du merken, dass du keine Chance gegen mich hast.«
Ophelia lachte. »Darauf
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