Reid 2 Die ungehorsame Braut
nicht erwähnen? Du könntest ihm doch eine Nachricht hinterlassen.«
Mary lächelte. »Die Idee gefällt mir. Sein anschließendes Donnerwetter dürfte uns sicher sein, aber das ist es allemal wert. Endlich ein Abend, an dem nur wir beide etwas unternehmen. Mein Gott, wie ich mich darauf freue!«
Ophelia lächelte, nachdem ihre Mutter sie wieder allein gelassen hatte. Auf einmal machte sich Freude in ihrer Brust breit. Seit ihrem letzten Einkaufsbummel vor der Saison war eine halbe Ewigkeit ins Land gegangen, und auch ihr letzter gemeinsamer Theaterbesuch lag Monate zurück.
Doch es gab noch einen weiteren Grund, warum Ophelia vor lauter Aufregung Bauchschmerzen bekam, während Sadie ihr beim Anziehen behilflich war. Es hatte jedoch nichts damit zu tun, wie hübsch sie in ihrem puderblauen Ballkleid aussah, das ihrem blonden Haar, dem hellen Teint und den blauen Augen schmeichelte. Das Kleid, für das sie sich entschieden hatte, war mit silberfarbener Biese verziert. Die dünne Silberkette, die ihren schlanken Hals schmückte, ließ ihre strahlend blauen Augen eine Nuance dunkler wirken.
Das Leuchten, das sie heute spazieren führte, rührte jedoch von der Vorfreude auf Rafe her. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass er ebenfalls dort sein würde.
Das war auch der Grund, warum sie nach ihrer Ankunft bei den Wilcotts fieberhaft nach ihm Ausschau hielt. Als sie den geräumigen Ballsaal betrat, wurde es schlagartig still. Früher hatte sie große Auftritte geliebt, heute war es ihr eher unangenehm. Zumal sie sich nichts sehnlicher wünschte, als Rafe inmitten der Gäste zu entdecken. Schnell wurde ihr jedoch bewusst, dass er nicht da war. Doch noch gab sie die Hoffnung nicht auf.
»Es wäre gelogen, wenn ich sagte, ich hätte mich nicht gefreut, wenn Sie mit Ihrer Rückkehr bis nach meiner Hochzeit gewartet hätten.«
Ophelia schoss herum und sah, dass Amanda Locke ihr gefolgt war. Obwohl sie ein wenig sauertöpfisch dreinblickte, sah sie wunderhübsch aus. Bei der Rubinkette, die gut mit ihrem dunkelrosafarbenen Ballkleid harmonierte, handelte es sich vermutlich um ein Erbstück, das ihr für die Dauer der Saison zur Verfügung gestellt worden war. Mit einem Mal wünschte Ophelia sich, sie hätte auch den Rest von Raphaels Familie kennengelernt.
»Hallo, Amanda«, begrüßte Ophelia sie lächelnd. »Hat Ihr Bruder Sie begleitet?«
»Nein«, murmelte Amanda. »Ich weiß, dass er gestern Abend zurückgekommen ist, aber ich habe ihm absichtlich keinen Besuch abgestattet. Wie der Zufall es will, spreche ich nach wie vor nicht mit ihm.«
»Grollen Sie ihm nicht zu sehr. Männer reden nun mal nicht gern über alles. Ich bin überzeugt davon, dass Sie auch das eine oder andere Geheimnis haben, das Sie vor ihm verstecken.«
»Nein... nun ja, vielleicht doch«, antwortete Amanda verlegen und errötete. »Schon gut, schon gut, ich habe verstanden, worauf Sie hinauswollen.«
»Gut. Und seien Sie bitte nicht eifersüchtig auf mich, Amanda. Wenn Sie mir verraten, auf wen Sie ein Auge geworfenhaben, verspreche ich Ihnen, ihn unsanft abblitzen zu lassen.«
»Warum würden Sie das für mich tun?«
»Warum nicht? Auch wenn Sie es mir vielleicht nicht glauben, aber im Grunde ist es mir unangenehm, dass mir so viele Männer zu Füßen liegen. Das bringt nichts als Ärger mit sich. Da von abgesehen kann ich ja nicht alle von ihnen heiraten.«
Amanda bedachte sie mit einem schiefen Blick, ehe sie sagte »Das meinen Sie wirklich ernst, kann das sein?«
»Ja.«
»Zu Beginn der Saison, als Ihnen alle zu Füßen lagen, schien Ihnen das nichts auszumachen. Im Gegenteil.«
»Ich habe meinen Verehrern sogar Mut gemacht. Hauptsächlich wegen meines Vaters. Ständig habe ich ihm in den Ohren gelegen, dass ich jeden Mann haben könnte und er mich nicht mit einem Mann verloben müsse, den ich noch nicht einmal kenne.«
Amanda zuckte zusammen. »Ich weiß nicht, wie Sie das heil überstanden haben. Ich meine, bevor Sie Duncan kennengelernt und herausgefunden haben, dass er gar kein Barbar ist. Ich wäre unendlich wütend auf meine Eltern - und bis in die Haarspitzen verunsichert.«
»Vielen Dank. Es tut gut zu wissen, dass Sie ähnliche Gefühle gehabt hätten.«
»Aber selbst, nachdem Sie Duncan MacTavish getroffen haben, waren Sie nicht glücklich, stimmt’s?«
Ophelia schüttelte den Kopf. »Ich vermute, manche Menschen sind einfach nicht füreinander geschaffen. Zum Glück ist uns das bewusst geworden, bevor es zu spät
Weitere Kostenlose Bücher