Reid 2 Die ungehorsame Braut
ist.«
Duncan lachte. »Ganz einfach, Brina. Weil du wunderbar bist. Manchmal lässt sich der Ursprung von Eifersucht nicht erklären. Nur, weil sie so teuflisch hübsch ist, heißt das noch lange nicht, dass sie keine Zweifel oder Unsicherheiten plagen.«
»Jetzt verteidigst du sie auch noch?«, entgegnete Sabrina ungläubig.
»Nein. Ich frage mich nur, ob Rafe vielleicht doch ein kleines Wunder vollbracht hat.«
»Du glaubst, er hat die Wette tatsächlich gewonnen?«
»Um das herauszufinden, bin ich heute hier. Also, wo ist sie?«
Sabrina blickte nachdenklich drein. »Sie klang ziemlich aufgewühlt, als sie wie von der Tarantel gestochen aus dem Saal stürzte. Ich hielt es im ersten Moment nur für einen ihrer Auftritte. Aber vielleicht steckt in der Tat mehr dahinter.«
* * *
Raphael und Duncan waren im Korridor von einem alten Freund von Raphaels Vater aufgehalten worden. Duncan war es gelungen, sich davonzuschleichen und in den Ballsaal zu schlüpfen, während Raphael weitere zehn Minuten brauchte, um sich loszueisen, ohne dass es unhöflich wirkte. Als auch er endlich den Ballsaal betrat, hielt er erst einmal Ausschau nach seinen Freunden. Ohne dass es ihm bewusst war, suchten seine Augen ebenfalls nach einer gewissen Blondine, mit der er bis vor Kurzem viel Zeit verbracht hatte.
Erst als er die eintretende Stille bemerkte, wurde er sich bewusst, wie seltsam es anmuten musste, dass ausgerechnet er auf einem Ball auftauchte. Schließlich war er bekannt dafür, dass er um Festivitäten dieser Art einen großen Bogen machte. Es dauerte nicht lange, da war er umringt von Verehrerinnen - Mütter und Töchter -, die seiner Rückkehr nach England entgegengefiebert hatten.
Als Raphaels Blick auf zwei Matronen fiel, die - ihre Töchter im Schlepptau - mit entschlossener Miene auf ihn zugestapft kamen, dachte er kurz über einen Fluchtversuch nach. Doch er riss sich am Riemen, setzte ein reserviertes Gesicht auf und schmetterte höflich, aber sehr bestimmt unzählige Tanzangebote ab. Zum ersten Mal in seinem Leben war er erleichtert,dass seine Schwester ihn wortlos mit sich zog und ihn erst am Erfrischungstisch los ließ, auf dem es alles gab, was die durstige Kehle sich wünschte - von schwachem Tee bis hin zu Champagner. Raphael entschied sich für Letzteres, während Amanda ein nichtalkoholisches Getränk vorzog.
»Du hättest mir ruhig sagen können, dass du kommst«, beschwerte sie sich und nippte an ihrem Glas. »Dann hätte ich nicht extra die arme Tante Julie mitschleifen müssen. Ach ja, bevor ich es vergesse, ich habe mich vorhin ein wenig mit Ophelia unterhalten. Du wirst es kaum glauben, aber sie war richtig nett. Herrje, jetzt hätte ich fast vergessen, dass ich ja gar nicht mit dir rede.«
Mit diesen Worten stolzierte sie davon und ließ einen lachenden Raphael zurück. Insgeheim tat ihm der Mann, den sie eines Tages vor den Altar zerren würde, jetzt schon leid. Der arme Tor würde kaum noch einen friedlichen Augenblick in seinem Leben haben.
Da, endlich hatte er einen Blick auf Duncan und Sabrina erhascht, die auf der Tanzfläche an ihm vorbeirauschten. Wenig später erspähte er auch Ophelia, die sich gerade unbemerkt in den Raum zu schleichen versuchte. Obwohl er sie inzwischen recht gut kannte, ließ ihn ihre Schönheit ihn immer wieder stocken.
Das puderblaue Kleid mit der silberfarbenen Borte stünde der Eiskönigin gut zu Gesicht - nur, dass sie diesen Titel jetzt nicht mehr verdiente. Doch irgendetwas war anders an ihr. Sie wirkte fast, als wäre sie ihres Selbstvertrauens beraubt. Der Gedanke jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Was hatte er getan? War sie jetzt zu einem scheuen Reh geworden? Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass dem nicht so wäre, und setzte sich augenblicklich in Bewegung. Jetzt war Eile geboten. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass rund ein Dutzend Männer auf sie zuströmte. Plötzlich war ihm, als nähme er an einem Wettrennen teil. Fortuna wollte es, dass er als Erster bei ihr war. Wortlos packte er sie am Arm und zog sie auf die Tanzfläche.
Auf halben Wege dorthin fragte er: »Lust auf ein Tänzchen, meine Lieben?«
»Aber gern doch«, lautete Ophelias Antwort. »Sollten wir allerdings unterbrochen werden, dann, weil ich diesen Tanz eigentlich einem anderen versprochen habe.«
»Das Risiko muss ich eingehen«, raunte Raphael und betrat das Parkett.
In dem Moment, als er beide Hände auf sie legte, befiel ihn eine eigenartige
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