Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
Schwiegermutter auf. Dass sie es kaum erwarten konnte, ihr Enkelchen endlich im Arm zu halten, erwähnte sie mit keinem Wort. Es war ihr anzusehen, dass es ihr unter den Nägeln brannte, das Thema anzuschneiden, doch Rupert hatte es ihr strengstens verboten.
Zum Glück ahnte Rebecca nicht, dass ihr Gatte mit der Hälfte der Besucherinnen bereits geschlafen hatte. Und auch seine Mutter hatte keinen blassen Schimmer davon. Besagte Damen konnten es sich schlicht und ergreifend nicht vorstellen, dass Rupert jetzt verheiratet war, wollten sich selbst davon überzeugen, es noch einmal aus dem Munde seiner Mutter hören.
Rupert war unendlich dankbar dafür, dass er mit keiner dieser Frauen im Streit auseinandergegangen war. Zu einigen von ihnen hatte sich sogar eine Freundschaft entwickelt. Wie sich herausstellte, war keine von ihnen gekommen, um ihm die Leviten zu lesen. Allerdings erstaunte ihn, dass die Frauen, mit denen er nur oberflächlich angebändelt hatte, diejenigen waren, die einen eher gekränkten Eindruck machten. Er hatte sie fallen lassen, weil er wusste, dass sie zur Rachsüchtigkeit neigten - und das, obwohl es sich bei ihnen nicht um blutjunge Mädchen handelte, die sich Hals über Kopf in ihn verliebt hatten. Elizabeth Marly war die Einzige, die eine Ausnahme bildete. Allerdings durfte er nicht vergessen, dass er ihr aus beruflichen Gründen den Hof gemacht hatte.
Rebecca kam glänzend mit dem stetigen Kommen und Gehen im Hause St. John zurecht. Wie sich herausstellte, konnte sie sehr gut mit Menschen umgehen und beherrschte die hohe Kunst der Konversation wie kaum ein anderer. Selbst ein Blinder sah, dass seine Familie sie längst ins Herz geschlossen hatte. Allerdings war Rupert sich nicht sicher, ob diese Entwicklung tatsächlich als gut einzustufen war. Auf der anderen Seite wäre es alles andere als schön gewesen, wenn sie Rebecca abgelehnt hätten, weil sie eine List angewandt hatte, damit er sie heiratete.
Wenn Rupert in sich hineinhorchte, konnte er immer noch spüren, wie die Wut in seinen Eingeweiden rumorte. Er hatte sie lediglich aus seinem Kopf verbannt, um seinen Nachwuchs zu beschützen. Er setzte alles daran, Rebecca nicht zu erzürnen, was möglicherweise dem Ungeborenen schaden konnte.
Der Waffenstillstand, auf den beide sich geeinigt hatten, blieb jedoch nicht ohne Wirkung, was ihn wiederum in eine Zwickmühle der ganz anderen Art brachte. Rebecca wohnte zwar erst wenige Tage unter seinem Dach, erweckte aber verdammt noch mal den Eindruck, als gedächte sie, nie wieder fortzugehen. Was ihn daran betroffen machte, war, dass es nichts ausmachte, aber sie würde ausziehen - und zwar, sobald ihre Lüge endlich ans Licht kam. Was, wenn sie sich dennoch weigerte, ihre Sachen zu packen? Was, wenn er sie stattdessen bei sich behielt?
Rupert wurde mit jedem Tag bewusster, dass Rebecca - vorausgesetzt, er wäre auf der Suche nach einer geeigneten Gemahlin - durchaus in die engere Wahl käme. Sie war von betörender Schönheit, überdurchschnittlich intelligent und besaß einen ausgeprägten Sinn für Humor. Selbst wenn er innerlich brodelte, schaffte sie es immer wieder, ihm ein Lächeln zu entlocken. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, gab es eine Reihe von Eigenschaften an ihr, die er bewunderte - ganz zu schweigen davon, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Es war nicht richtig, eine Frau zu begehren, die ihn mit einer List in die Knie gezwungen hatte. Und dennoch war er machtlos gegen die Emotionen, die ihn fest im Griff hatten.
Das Gefühl der Zwiespältigkeit zerrte an seinen Nerven. Die Art und Weise, wie er auf dem Ball reagiert hatte, als sie ihm eröffnete, es wäre besser, wenn ihre Ehe geheim bliebe, sprach für sich. Wo in Herrgottsnamen waren diese Wut und Eifersucht hergekommen? Rebecca, die nicht auf den Kopf gefallen war, hatte bestimmt längst gemerkt, dass er sich verhielt, als wäre sie sein. Indem er seine Wut die meiste Zeit unter Verschluss hielt und ihr gegenüber behauptete, ihm wäre die Lust am Kämpfen vergangen, hatte er ihr mit Sicherheit den Eindruck vermittelt, sie hätte den Krieg gewonnen, was aber beileibe nicht der Fall war.
Es war also nicht weiter verwunderlich, dass Rupert mit Erleichterung auf Nigels Ansinnen, ihn zu treffen, reagierte. Mehr denn je brannte Rupert darauf, sich eines neuen Falls anzunehmen, um dem Haus und Rebeccas ständiger Anwesenheit zu entfliehen.
Pünktlich zur vereinbarten Stunde erschien Rupert im Palast. Nigel ließ
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