Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
einer ausgeklügelten List - zumindest waren das stets deine Worte. «
Jetzt reichte es Julie, und sie warf ihren Dessertlöffel nach ihrem Sohn. »Was denn? «, keuchte dieser überrascht.
Rupert war indessen wutschnaubend aufgestanden und hatte seinem Bruder einen kräftigen Klaps auf den Hinterkopf verpasst, woraufhin dieser rief: »Was denn? Ihr habt einen Scherz gemacht, ich habe einen Scherz gemacht. Was zum Teufel geht denn hier eigentlich vor sich? «
»Hat es sich für dich angehört, als würde ich einen Scherz machen? «, fragte Julie mit strengem Blick.
»Nun... vielleicht doch nicht«, lenkte Avery ein, der aussah, als wäre ihm plötzlich speiübel.
»Reizend, dann wäre das ja geklärt! «, merkte Julie triumphierend an.
Mit einer Verbeugung erhob Avery sich und verkündete: »Wenn Ihr mich entschuldigen würdet - ich gehe und wasche mir gründlich die Asche vom Haupt. «
»Setz dich wieder! «, brummte Rupert auf dem Weg zurück zu seinem Platz am Kopf der Tafel, ehe er sich an seine Mutter wandte: »Du hast ihm doch eine Nachricht zukommen lassen, oder? Vermutlich hat er sie nicht erhalten, weil er sich auf dem Land herumtrieb. «
»Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass du dir dieses Vergnügen nicht entgehen lassen würdest, und habe mich deshalb am Riemen gerissen, auch wenn es mir schwerfiel. Am liebsten würde ich Eure Vermählung in die ganze Welt hinausposaunen«, erwiderte Julie.
Amanda, die neben Rebecca saß, raunte ihr zu: »Kein Grund, rot zu werden, Becky! Die St. Johns sind immer so. Du wirst dich schnell daran gewöhnen. «
Rebecca, die sich in der Tat ein wenig unwohl in ihrer Haut fühlte, war in erster Linie bass erstaunt über Ruperts heftige Reaktion auf das Wort List. Schließlich war er doch davon überzeugt, dass ihre Ehe nur deshalb zustande gekommen war. Es fiel ihr schwer, zu glauben, dass er sich wegen eines geschmacklosen Scherzes beschützend vor sie stellte.
»Vielleicht sollten wir uns von jetzt an besser abstimmen«, richtete Rupert das Wort an seine Mutter. »Wie wäre es, wenn du dich um die Hochzeitsanzeigen in den Zeitungen kümmerst? Damit wäre dann auch dein Posaunenwunsch erfüllt. «
Julie nickte süffisant lächelnd, ehe Amanda das Wort an sich riss und erklärte: »Das könnt ihr euch getrost sparen. «
»Und wieso, wenn man fragen darf? «, erkundigte Julie sich.
»Vermutlich hat Rupert es dir noch nicht gesagt, aber er kümmerte sich persönlich darum, dass halb London von ihm und Becky weiß. Dein Ältester ließ es sich nicht nehmen, Rebecca jedem Gast auf dem Ball der Withers als seine Gemahlin vorzustellen. Ein gefundenes Fressen für die Klatschbasen dieser Stadt. «
»Im positiven Sinne. «
Amanda blinzelte. »Natürlich, wie kommst du darauf, dass es anders sein könnte? « Nach einem kurzen Augenblick der Stille fügte sie hinzu: »Du meinst, weil Becky schwanger ist? «
»Ich glaube, ich höre nicht richtig! «, keuchte Avery.
»Es ist ja nicht so, dass die beiden erst seit gestern ein Ehepaar sind«, erklärte Amanda ihrem Cousin, ehe sie sich selbst verbesserte: »Verzeih, das konntest du ja gar nicht wissen! Unser Traumpaar wollte die Heirat anfänglich vor Beckys Mutter geheim halten. Zumindest munkelte man das auf dem Ball. Davon, dass sie in anderen Umständen ist, war jedoch nicht die Rede. Es besteht ja auch kein Anlass, gleich alles an die Öffentlichkeit zu tragen, oder? «
Julie warf Rupert einen bedächtigen Blick zu, wovon dieser jedoch nichts mitbekam, weil er seine Cousine fest im Visier hatte. Rebecca wünschte, sie könnte sich in Luft auflösen, weil ihre Schwangerschaft so offen bei Tisch diskutiert wurde.
Avery, der der Reihe nach in die Gesichter der Anwesenden blickte, auf denen sich die verschiedensten Emotionen widerspiegelten, stellte schließlich mit einem tiefen Seufzer fest: »Das nächste Mal, wenn ich eine Einladung außerhalb Londons erhalte, lehne ich wohl lieber ab. Immer wenn ich nicht in der Stadt bin, geschieht etwas Spannendes. «
Kapitel 47
In der Woche nach dem Ball häuften sich die Anstandsbesuche im Hause der St. Johns. Allerdings gaben die meisten Besucher vor, die Hausherrin sehen zu wollen. Julie, die es nicht gewohnt war, so viel Besuch zu empfangen, entpuppte sich Ruperts Meinung nach als wunderbare Gastgeberin. Sie war kaum wiederzuerkennen. Keine Spur mehr von der barschen, fast schon männlichen Julie - im Gegenteil: Sie ging geradewegs in ihrer Rolle als liebende
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