Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
ihn jedoch einige Minuten warten.
»Wurde Pearson in Arrest genommen? «
»Dazu ist es nicht gekommen«, antwortete Nigel auf dem Weg zur Vitrine, in der er die alkoholischen Getränke aufbewahrte. »Brandy? «
Rupert, der in einem Sessel saß, richtete sich kerzengerade auf. »Was meint Ihr damit - es ist nicht dazu gekommen? Waren die Beweise, die ich Euch vorgelegt habe, etwa doch nicht verwertbar? «
Mit einem Glas Brandy in der Hand und dem undurchdringlichen Gesicht, das er häufig aufsetzte, ließ Nigel sich in dem Sessel neben Rupert nieder. »Im Gegenteil, die Beweislast war erdrückend und hätte ihn unweigerlich an den Galgen gebracht. Doch Eure Schießkünste haben uns die Festnahme erspart. Die Wunde, die Ihr im zugefügt habt, war ärger, als Ihr dachtet, und hat ihn wenige Tage nach Eurer Rückkehr dahingerafft. «
»Das kann unmöglich sein! Ich bin ein ausgezeichneter Schütze und weiß genau, was ich tue. Er hat höchstens einen Kratzer abbekommen. «
Nigel zuckte unbeeindruckt mit den Achseln. »Wie Ihr selbst in Eurem Bericht schreibt, war die Straße voller Unebenheiten. Es ist also durchaus denkbar, dass der Schuss nicht dort einschlug, wo Ihr es beabsichtigt hattet. Wie dem auch sei, wir sind mit dem Verlauf der Ereignisse hochzufrieden. Ihr habt ganze Arbeit geleistet, mein Junge! «
Im Grunde war es Rupert einerlei, wenn seine Missionen anders endeten als erwartet oder erhofft. Statt weiter über Pearsons Schicksal zu reden, ging er dazu über, Nigel seine Forderungen an die nächsten Fälle darzulegen. »Ich hoffe nur, dass Ihr mich nicht schon wieder außer Landes schickt. Es wäre mir am liebsten, wenn Ihr einen Auftrag in der Umgegend für mich hättet, damit ich nicht zu weit von zu Hause weg bin. «
»Ist jemand erkrankt? «
»Nein. «
Als Rupert keine Anstalten machte, seine Antwort weiter auszuführen, verzog Nigel das Gesicht und ging zur Tagesordnung über. »Sarah wird uns nicht mehr in die Quere kommen, sie hat ihre Stellung im Palast aufgegeben. «
»Aus freien Stücken? «
»Nein. «
Als Nigel ebenfalls nicht weiter ausholte, lachte Rupert. Touche. Aber er wusste, dass Nigel es nicht dabei belassen würde.
»Wenn es stimmt, was mir zu Ohren gekommen ist, hat sie sich komplett zurückgezogen, sodass von ihr nichts mehr zu befürchten sein dürfte. Sie wird in Bälde heiraten. «
Das war in der Tat eine Überraschung. »Sarah heiratet? Wer in Gottes Namen würde diese späte Schönheit freiwillig zur Frau nehmen? «
»Lord Alberton. Keine schlechte Partie, obwohl er bereits Ende vierzig ist. Aber er hat einen Titel, ist betucht und sieht gut aus. «
»Also das genaue Gegenteil von Sarah, wenn Ihr mich fragt. Wie hat sie das nur fertiggebracht? Hat sie ihn etwa erpresst? «
Nigel zuckte mit den Achseln. »Sie zeigte schon letztes Jahr Interesse an ihm. «
»Wegen des Mordanschlags auf die Königin? «
»Ich bin mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass Alberton nichts mit der Sache zu tun hatte. Der Verdacht ist vollkommen unbegründet, nichts weiter als ein Zufall. Er wurde dabei beobachtet, wie er dem Jungen, der auf Victoria geschossen hat, wegen eines Fehlverhaltens im Straßenverkehr eine Rüge erteilte. Im Laufe der Ermittlungen stieß ich darauf, dass er ein kurzes Verhältnis mit einer jungen verheirateten Herzogin hatte. «
»Und jetzt denkt Ihr, Sarah macht ihn mit ihrem Wissen darum gefügig? «
»Erraten. Ich neige mehr und mehr der Überzeugung zu, dass ihre Bespitzelungen in erster Linie dazu dienten, sich einen Ehemann zu angeln. Mag sein, dass sie sich bei Gelegenheit die Taschen gefüllt hat, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie eine gute Partie dem schnöden Mammon vorziehen würde. «
»Als gute Partie würde ich Alberton aufgrund seines Alters allerdings nicht bezeichnen. «
»Für eine Frau in Sarahs Alter stellt sich das anders dar. Und für die Herrschaften aus den feinen Kreisen bringt Lord Alberton ebenfalls alles mit, was eine feine Partie ausmacht. «
Rupert hob die Augenbrauen. »Also stellt es einen Affront dar, der ihr Triumph ist? «
»Wenn Ihr es so nennen wollt. «
»Wenn das der Fall ist, warum hat sie dann so lange gewartet? «
»Vielleicht weil sie erst noch andere Möglichkeiten ausschöpfen wollte«, gab Nigel zu bedenken und studierte seine Fingernägel. »Wer weiß schon so genau, was in den Köpfen der Weiber vor sich geht? Vielleicht hat Sarah sich erst eine Liste potenzieller Opfer
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