Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
half den beiden Frauen auf. Mary weinte hysterisch. Mittlerweile wimmelte es vor Bediensteten, die den Schuss ebenfalls gehört hatten. Rupert wies Lillys Butler an, Mary in den Nebenraum zu bringen und auf sie achtzugeben, bis der Richter eintraf.
»Ihr kommt ein wenig spät, St. John, findet Ihr nicht auch? «, fragte Lilly trocken und strich sich die Röcke glatt.
Rupert schenkte ihr ein träges Lächeln. »Mir schien, als hättet Ihr alles unter Kontrolle. Ich bin wahrhaftig beeindruckt, Lilly - und das, wo ich doch tatsächlich dachte, Eure Nachricht an mich wäre nichts weiter als eine Täuschung. Jetzt bin ich mir da allerdings nicht mehr so sicher. «
Ruperts Kompliment trieb Lilly die Röte ins Gesicht.
»Welche Nachricht? «, erkundigte Rebecca sich und beäugte ihre Mutter misstrauisch.
»Ich habe ihn lediglich vor den unangenehmen Konsequenzen gewarnt, die ihn erwarten, wenn er dich nicht endlich in Ruhe lässt. «
Rebecca, die wusste, wie schonungslos offen ihre Mutter sein konnte, errötete. Vermutlich hatte sie Rupert gedroht. »Aber du hast dich darüber hinweggesetzt und bist trotzdem gekommen? «
»Hast du wirklich geglaubt, ich würde so schnell aufgeben? «
Rebecca würde den Teufel tun und ihn wissen lassen, dass er recht hatte!
»Das ist alles mein Fehler. Mir ist in der letzten Zeit klar geworden, dass ich eine Familie möchte. Deshalb habe ich auch entschieden, unserem gemeinsamen Freund nicht mehr zu Diensten zu stehen. So etwas wie heute darf nie wieder passieren. Dabei hatte ich sogar einen Mann vor dem Haus postiert! Aber vermutlich kann ich Richard nicht einmal einen Vorwurf machen. Woher sollte er wissen, dass Mary gefährlich ist? «
»Ich wusste, dass du jemanden vor dem Haus postiert hast«, gab Rebecca zurück. »Ich habe ihn heute Morgen im Garten entdeckt und ihm eine Kleinigkeit zu Essen gebracht. «
Rupert lachte. »Hast du das wirklich? Wie blamabel für den Guten! Aber ich vermute, dass du von dem Spitzel sprichst, den meine Mutter entsandt hat. Meiner hat sich bestimmt ein besseres Versteck gesucht. «
Kapitel 55
Es war bereits spät am Abend, als Rebecca, Lilly und Rupert die Fragen des Richters beantwortet hatten und Mary Pearson abgeführt wurde. Lilly, die sich die ganze Zeit zurückgenommen hatte, sah endlich den Moment gekommen, um selbst ein paar Fragen loszuwerden: »Seid Ihr endlich so weit, um eine Erklärung abzugeben, was Ihr hier zu suchen habt, Rupert? «
»Das bin ich. Aber ich ziehe es vor, mit Eurer Tochter unter vier Augen zu sprechen«, antwortete Rupert mit einem Schmunzeln, hob Rebecca in seine Arme und trug sie aus dem Raum.
»Moment mal, so geht das nicht! «, rief Lilly ihm nach.
Doch er ließ sich nicht beirren, rannte fast die Treppe hinauf.
»Könnte gut sein, dass sie uns folgt«, warf Rebecca ein.
»Das wird sie bestimmt nicht«, antwortete Rupert mit männlicher Zuversicht. »Ich fürchte allerdings, dass ich jede Tür öffnen muss, um dein Zimmer zu finden - ähnlich wie du bei deinem Einzug. «
»Du könntest mich aber auch einfach fragen«, entgegnete Rebecca.
»Würdest du es mir denn verraten? «, fragte er und sah liebevoll auf sie herab.
»Versuch es einmal mit diesem Zimmer«, schlug sie vor und deutete auf die Tür, die er gerade öffnen wollte.
Flora hatte bereits alles hergerichtet, damit Rebecca sich zur Nachtruhe zurückziehen konnte. Eine Lampe tauchte den Raum in warmes Licht. Rupert warf einen Blick in Richtung Bett und trat, nachdem er seine Gemahlin behutsam abgesetzt hatte, auf die Liegestätte zu und schob sie kommentarlos an die Wand. Rebecca schmunzelte. Wieso überraschte Ruperts Tun sie nicht?
Anschließend kam er wieder zu ihr zurück, nahm sie abermals hoch, trug sie zum Bett und ließ sie sanft nach unten gleiten. Kaum hatte er sich zu ihr gelegt, raubte er ihr einen feurigen Kuss, der mit jedem Herzschlag fordernder wurde. Wie von selbst schlangen sich Rebeccas Arme um seinen Hals. Mit einem Mal war es ihr vollkommen einerlei, ob er etwas mit ihr besprechen wollte. Es war wie immer, wenn er ihr zu nah kam: Egal, wie wütend sie war - ein Kuss von ihm reichte, und ihre Wut löste sich in Luft auf.
Mit Bedauern registrierte sie, dass Rupert den Kuss löste, sich nach hinten lehnte und das Wort an sie richtete: »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du mir verzeihst. «
»Was denn? «, keuchte sie.
»Dass ich mich wie ein Vollidiot benommen habe. Dass ich an deinen Worten gezweifelt habe.
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