Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
Wahrscheinlich sinnt Sarah jetzt, wo sie weiß, dass Eure Freundschaft nichts weiter als eine Farce war, um an Informationen zu gelangen, auf Rache. «
Rupert legte seine Fingerspitzen aneinander und stützte damit sein Kinn, ehe er nachdenklich entgegnete: »Ich bin mir nicht sicher, ob Sarah tatsächlich von uns weiß. «
»Macht Ihr Witze? «
»Nein, Rebecca Marshall und ich hatten im Anschluss an unser Treffen in Eurem Gemach eine recht ungewöhnliche Unterhaltung, später am Abend. Sie gab an, Sarah mit einer falschen Beschreibung meiner Person abgespeist und meinen Namen nicht preisgegeben zu haben. Aufgrund meines hohen Bekanntheitsgrades am Hofe war ich gezwungen, ihr meinen richtigen Namen zu nennen. «
»Gab sie einen Grund dafür an, warum sie Eure Identität geheim gehalten hat? «
Rupert dachte kurz nach und zog die Stirn in Falten. »Um mich zu schützen? «
»Was sie anscheinend getan hat. «
»Der Knackpunkt ist nur, dass ich mir nicht sicher sein kann, ob sie die Wahrheit spricht. Vergesst nicht, dass sie blitzgescheit ist! Ihre Antworten kommen wie aus der Pistole geschossen, was mich wiederum zu der Schlussfolgerung verleitet, dass sie intelligenter ist als die meisten anderen am Hofe. Angenommen, sie sagt die Wahrheit und hat Sarah belogen, dann wäre sie wie geschaffen für Eure Zwecke - eine Art Rohdiamant, den Ihr nach Belieben schleifen könntet. «
»Was meint Euer Instinkt dazu? «
»Schwer zu sagen«, räumte Rupert mit einem Seufzen ein. »Zumal es so aussieht, als hätte sie einen Hang zur Lüge und Arglist. Die Kleine ist immer für eine Überraschung gut, das musste ich am eigenen Leib erfahren. «
»Was mag sie dazu bewogen haben, Euch Sarah nicht auf einem Silbertablett zu servieren? «
»Sie meinte, Sarah hätte von uns als kriminellen Elementen gesprochen und dass sie es vorzöge, sich selbst ein Bild darüber zu machen. «
»Was bedeutet, dass sie dazu übergeht, Euch ein wenig auf den Zahn zu fühlen«, ließ Nigel nachdenklich verlauten.
Rupert grinste. »Klingt amüsant, wenn Ihr mich fragt. «
Nigel verdrehte die Augen. »Lasst uns nicht vergessen, wer sie ist und dass sie gerade erst im Palast eingetroffen ist. Sarahs Haupttaktik besteht darin, die jungen Frauen glauben zu machen, dass alles, was sie tun, einzig zum Wohle der Nation geschieht. Habt Ihr der jungen Dame klargemacht, dass dem nicht so ist? «
»Unser Gespräch wurde beendet, ehe ich dieses Thema anschneiden konnte. «
»Verstehe. Ehe wir die Angelegenheit jedoch zu den Akten legen, wäre es wichtig, dass Ihr erstens ihre Identität bestätigt, Euch zweitens vergewissert, ob sie Sarah nun treu ist oder nicht, und drittens abklopft, was für ein Mensch diese Rebecca Marshall denn nun in Wahrheit ist. Die Regeln kennt Ihr ja. Der Zweck heiligt die Mittel. Angenommen, sie entpuppt sich aufgrund ihres Intellekts als eine Gefahr für uns, werde ich dafür sorgen, dass sie bei nächster Gelegenheit des Palastes verwiesen wird. «
Bei dem Hinweis, dass der Zweck die Mittel legitimierte, hatte Rupert sich unwillkürlich versteift, brachte er doch unheilvolle Erinnerungen zurück in sein Bewusstsein. Nigel hatte sich ebendieser Worte bedient, um Rupert dazu zu überreden, sich überhaupt erst in den Dienst seines Vaterlandes zu stellen. Die Wahl war ausgerechnet auf ihn gefallen, weil der französische Funktionär, dem Nigel seinerzeit Informationen abpressen wollte, ein vermaledeiter Abweichler und gleichzeitig der Drahtzieher eines Komplotts gegen den französischen König gewesen war. Er hatte es jedoch so eingefädelt, dass der Verdacht auf König George IV. fiel, was unweigerlich zu einem Krieg zwischen den beiden Nationen geführt hätte. Nigel hatte herausgefunden, dass die einzige Schwachstelle des Funktionärs sein Faible für junge hübsche Knaben war, und war an Rupert herangetreten.
Rupert, der damals kaum vierzehn Lenze gezählt hatte, war innerlich vollkommen zerrissen gewesen, ob er sich selbst opfern oder sein Land im Stich lassen sollte. Er wollte weder tun, worum er gebeten wurde, noch als Feigling dastehen, wenn er nicht annahm.
Und dann war ihm jedoch die rettende Idee gekommen, wie er das vorgegebene Ziel doch noch erreichen konnte, ohne selbst zu viel Schaden zu nehmen. Er erinnerte sich daran, wie verliebt er bis vor Kurzem in das Stubenmädchen seines Elternhauses gewesen war. Und was hatte die Magd getan? Mit ihm gespielt, ohne ihn je zum Zug kommen zu lassen. Den Umstand, dass
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