Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
lesen zu können, was Euch eine geheimnisvolle Aura verleiht. Rosa würde dem ein wenig entgegenwirken, denkt Ihr nicht auch?!
Doch genau das fiel Rebecca schwer, das Denken. Ihr Puls raste, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Das Gefühl, wie er sich gegen ihr Becken drängte, war himmlisch!
»Wenn wir jetzt allein wären, würde ich die Gelegenheit nutzen und Euren Rock langsam nach oben schieben. «
Das sanfte Raunen seiner tiefen Stimme, so dicht an ihrem Ohr, und die Tatsache, wie anstößig seine Bemerkung war, ließen Rebecca so lang die Luft anhalten, dass sie um ein Haar erstickte wäre. Genau das war ihre Rettung. Im Nu war sie wieder bei klarem Verstand. Als sie kräftig husten musste, wich er von ihr ab. Sie fuhr mit funkelndem Blick herum, doch Rupert grinste nur schelmisch.
»Würdet Ihr mich mit Wollknäueln bewerfen, wenn ich versuchte, Euch noch einmal zu küssen? «, fragte er mit glänzenden Augen.
Jetzt verstand Rebecca. Er nahm sie schon wieder auf den Arm, wenngleich er dabei zu unsittlichen Methoden griff. Sie konnte von Glück reden, dass sein Annäherungsversuch nur gespielt war. Konnte es sein, dass er für gewöhnlich eher mit erfahreneren Frauenzimmern zu tun hatte, weshalb ihm entfallen war, wie er mit jungen keuschen Damen umzugehen hatte, die sich an seinen unzüchtigen Avancen stoßen und womöglich in Ohnmacht fallen konnten? Oder machte er sich schlicht und ergreifend nicht die Mühe, zwischen diesen beiden Gruppen zu unterscheiden? Letzteres traf es vermutlich. Immerhin war er ein eingefleischter Lebemann. Aber plagten ihn wirklich niemals Skrupel? Rebecca vertagte es, sich ein Urteil darüber zu bilden.
Als Antwort auf seine Frage entgegnete sie: »Es wird keine weiteren Küsse geben. Ihr seid ein ausgezeichneter Lehrer. Ich habe bereits ausgelernt. «
Rupert lachte kurz auf, fing sich aber sogleich wieder. »Welch eine Enttäuschung! Eure Aufgabe wäre gewesen, Euch mit Ungeschicktheit zu brüsten, damit Ihr in den Genuss weiterer Nachhilfestunden kommt. Ihr müsst wissen, dass ich nicht jeder Dame erlaube, in meinen Armen zu liegen. «
Rebecca schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Redet keinen Unsinn! Es ist gemeinhin bekannt, dass dem nicht so ist. «
Mit diesen Worten wandte sie sich wieder dem Wolltisch zu. Wenn sie ihm noch länger in die Augen blickte, lief sie wieder Gefahr, dass ihr Verstand vernebelt wurde.
»Ihr seid also rein zufällig an diesem Geschäft vorbeigekommen und habt mich bemerkt? «, fragte Rebecca so beifällig wie möglich.
Ehe Rupert antwortete, stellte er sich neben sie. So nah, wohlgemerkt, dass ihre Arme sich berührten. Einen Moment lang tat Rupert, als würde er die Wolle in Augenschein nehmen, ehe er ebenso beiläufig bemerkte: »Genau genommen wollte ich am anderen Ende der Straße ein Paket abholen. Vorher war ich allerdings noch woanders. Mein Weg in die Bond Street führte mich unter anderem durch die Wigmore Street, wo ich Eure Kutsche entdeckte. Da Ihr dieselbe Richtung wie meine Wenigkeit eingeschlagen habt, hatte ich eine vage Ahnung, dass Ihr Euch hier irgendwo aufhaltet. Was hat Euch in die Wigmore Street geführt? Ein Anstandsbesuch? «
Rebecca war klar, was er mit seiner Frage bezweckte. Grundgütiger, jetzt wollte er sie schon wieder aushorchen! Vor lauter Verärgerung entschied sie, seine Neugier nicht zu befriedigen, vor allem, weil sie vermutete, dass Nigel Rupert davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie ab sofort mit ihnen zusammenarbeitete. Nigels Vertrauen besaß sie, wieso nicht auch Ruperts?
»Ich habe keine Freunde in London, im Gegensatz zu meiner Magd. « Mehr sagte sie nicht.
Genau genommen war es weniger eine Lüge als das, was er ihr eben weiszumachen versucht hatte. Als ob er zufällig in der Wigmore Street war, pah! Es stimmte, Floras Verflossener war nach London gezogen. Und deshalb lag es auch durchaus im Bereich des Möglichen, dass sie jemandem in der Stadt einen Besuch abgestattet hatten. Ob Rupert sie jetzt wohl darauf hinweisen würde, dass das Haus in der Wigmore Street, vor dem sie angehalten hatten, einem gewissen Lord gehörte, der mitnichten zu Floras engerem Bekanntenkreis zählen konnte?
Um ihm gar nicht erst die Gelegenheit dazu zu geben, stellte sie ihm selbst eine Frage: »Was genau tut Ihr eigentlich für Nigel Jennings? «
Ruperts Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Ich bin sein Schneider. «
»Was ich getrost bezweifle! «
Rupert bedachte sie mit einem frechen Grinsen. »Ich
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